Charta der Familienrechte
vom Heiligen Stuhl allen Personen,
Institutionen und Autoritäten vorgelegt,
die mit der Sendung der
Familie in der heutigen Welt befaßt sind.
22. Oktober 1983
Einführung
Die „Charta der
Familienrechte“ geht zurück auf eine Bitte der Bischofssynode, die im Jahre
1980 über das Thema „Die Rolle der christlichen Familie in der modernen Welt“
in Rom stattgefunden hat (vgl. „Propositio“ 42). Papst Johannes Paul II. hat
sich in seinem Apostolischen Schreiben Familiaris consortio (Nr. 46)
diesem Wunsch der Synode angeschlossen und den Heiligen Stuhl beauftragt, eine
Charta der Familienrechte zu erarbeiten, um sie dann den zuständigen Behörden
und Autoritäten vorzulegen.
Es ist wichtig, Natur und
Stil der hier vorliegenden Charta richtig zu verstehen. Das Dokument ist keine
Darlegung der Dogmatik und Moraltheologie von Ehe und Familie, obgleich es die
kirchliche Auffassung zu diesem Bereich widerspiegelt. Auch ist es kein Verhaltenskodex
für Personen und Institutionen, die mit solchen Fragen befaßt sind. Die Charta
unterscheidet sich ferner von einer bloßen Erklärung theoretischer Prinzipien
bezüglich der Familie. Seine Absicht ist vielmehr, den heutigen Menschen – ob
Christen oder nicht – eine möglichst vollständige und geordnete
Zusammenstellung der grundlegenden Rechte vorzulegen, die mit jener
naturgegebenen und universellen Gemeinschaft verbunden sind, wie sie die
Familie darstellt.
Die in dieser Charta
verkündeten Rechte sind im Gewissen des Menschen und in den gemeinsamen Werten
der ganzen Menschheit enthalten. Der christliche Aspekt ist hierbei durch das
Licht der göttlichen Offenbarung gegeben, welche die naturgegebene Wirklichkeit
der Familie erhellt. Letztlich erwachsen diese Rechte jenem Gesetz, das vom
Schöpfer dem Herzen jedes Menschen eingeschrieben worden ist. Die Gesellschaft
ist aufgerufen, diese Rechte gegen alle Verletzungen zu verteidigen und sie in
ganzem Umfang zu achten und zu fördern.
Die Rechte, die hier dargelegt
werden, müssen im spezifischen Sinn einer „Charta“ verstanden werden. In
einigen Fällen verweisen sie auf echte, juristisch verbindliche Normen; in
anderen Fällen enthalten sie grundlegende Forderungen und Prinzipien für eine
entsprechende Konkretisierung durch die Gesetzgebung und für die Entwicklung
einer Familienpolitik. In jedem Falle sind sie ein prophetischer Aufruf
zugunsten der Familie, die geachtet und gegen jeden widerrechtlichen Zugriff
verteidigt werden muß.
Fast alle diese Rechte sind
bereits in anderen Dokumenten sowohl der Kirche wie auch der internationalen
Gemeinschaft enthalten. Die vorliegende Charta versucht, sie weiter zu
entfalten, klarer zu definieren und in einer zusammenhängenden, geordneten und
systematischen Form darzustellen. Dem Text sind Angaben von „Quellen und
Bezugsstellen“ beigefügt, denen einige der Formulierungen entnommen sind.
Die „Charta der
Familienrechte“ wird nun vom Heiligen Stuhl vorgelegt, dem zentralen und
höchsten Leitungsorgan der katholischen Kirche. In diesem Dokument sind
zahlreiche Anmerkungen und Gedanken verwertet worden, die in Beantwortung einer
breiten Konsultation der Bischofskonferenzen der ganzen Kirche sowie von dafür
zuständigen Fachleuten aus verschiedenen Kulturbereichen eingegangen sind.
Die Charta richtet sich
hauptsächlich an Regierungen. Indem die Charta zum Wohl der Gesellschaft das
gemeinsame Bewußtsein von den wesentlichen Rechten der Familie erneut
bekräftigt, bietet sie allen, die für das Gemeinwohl Verantwortung tragen, ein
Modell und eine Grundlage für die Erarbeitung einer entsprechenden Gesetzgebung
und Familienpolitik sowie eine Handreichung für konkrete Programme und Aktionen
an.
Zugleich legt der Heilige
Stuhl dieses Dokument vertrauensvoll den überstaatlichen internationalen
Organisationen vor, die in ihrer Zuständigkeit und Sorge für die Verteidigung
und Förderung der Menschenrechte die Verletzungen der fundamentalen Rechte der
Familie nicht übersehen oder zulassen dürfen.
Die Charta richtet sich
natürlich auch an die Familien selbst. Sie möchte unter den Familien das
Bewußtsein von der unersetzlichen Rolle und Stellung der Familie wieder
stärken; sie will die Familien dazu anregen, sich zur Verteidigung und
Förderung ihrer Rechte zusammenzuschließen; sie ermutigt die Familien, ihre
Aufgaben so zu erfüllen, daß die Rolle der Familien in der heutigen Welt besser
gewertet und anerkannt wird.
Schließlich richtet sich die
Charta an alle Männer und Frauen, damit sie sich mit allen Kräften dafür
einsetzen, daß die Rechte der Familie geschützt werden und die Institution der
Familie zum Wohl der heutigen und der zukünftigen Menschheit gestärkt werde.
Durch die Vorlage dieser von
den Vertretern des Weltepiskopates gewünschten Charta richtet der Heilige Stuhl
einen besonderen Appell an alle Glieder und Institutionen der Kirche, die
Überzeugung von der unersetzlichen Sendung der Familie klar kundzutun und
darauf zu achten, daß Familien und Eltern die notwendige Unterstützung und
Ermutigung erhalten, ihre gottgegebene Aufgabe zu erfüllen.
Präambel
Im Bewußtein, daß
A. die Rechte der
Person, selbst wenn sie als Rechte des einzelnen formuliert sind, eine
grundlegende soziale Dimension haben, die ihren natürlichen und vitalen
Ausdruck in der Familie findet;
B. die
Familie ihre Grundlage in der Ehe hat, dieser innigen Lebensgemeinschaft in
gegenseitiger Ergänzung von Mann und Frau, die durch das frei übernommene und
öffentlich bekundete unauflösliche Eheband gebildet wird und offen ist für die
Weitergabe des Lebens;
C. die Ehe
die naturgegebene Institution ist, der allein die Aufgabe, das Leben
weiterzugeben, anvertraut ist;
D. die Familie,
eine natürliche Gemeinschaft, vor dem Staat und jeder anderen Gemeinschaft
besteht und aus sich heraus Rechte besitzt, die unveräußerlich sind;
E. die
Familie, die viel mehr ist als eine bloße juridische, soziale und ökonomische
Einheit, eine Gemeinschaft der Liebe und der Solidarität bildet, die in einzigartiger
Weise geeignet ist, kulturelle, ethische, soziale, geistige und religiöse Werte
zu lehren und zu übermitteln, wie sie wesentlich sind für die Entwicklung und
das Wohlergehen ihrer eigenen Mitglieder und der ganzen Gesellschaft;
F. die
Familie der Ort ist, wo verschiedene Generationen zusammenkommen und einander
helfen, an menschlicher Weisheit zu wachsen und die Rechte des einzelnen mit
den anderen Forderungen des sozialen Lebens zu verbinden;
G. Familie und
Gesellschaft, die in vitaler und organischer Weise miteinander verbunden sind,
bei der Verteidigung und Förderung des Wohls der Menschheit und jeder einzelnen
Person eine komplementäre Funktion haben;
H. die Erfahrung
verschiedener Kulturen im Laufe der Geschichte gezeigt hat, daß die
Gesellschaft die Institution der Familie anerkennen und verteidigen muß;
I. die Gesellschaft und insbesondere der Staat und
internationale Organisationen die Familie durch politische, ökonomische,
soziale und juristische Maßnahmen schützen müssen, die dahin zielen, die
Einheit und Festigkeit der Familie zu stärken, damit sie ihre besondere
Funktion erfüllen kann;
J. die Rechte, die grundlegenden Bedürfnisse, das
Wohlergehen und die Werte der Familie, obwohl in einigen Fällen in zunehmendem
Maße gesichert, doch oft nicht beachtet und nicht selten durch Gesetze,
Institutionen und gesellschaftlich-wirtschaftliche Programme untergraben
werden;
K. viele Familien
gezwungen sind, in ärmlichen Verhältnissen zu leben, die sie daran hindern, ihre
Aufgaben in Würde zu erfüllen;
L. die
katholische Kirche in der Erkenntnis, daß das Wohl der Person, der Gesellschaft
und der Kirche selbst auf dem Weg über die Familie erreicht wird, es immer für
einen Teil ihrer Sendung angesehen hat, allen den Plan Gottes, wie er für Ehe
und Familie der menschlichen Natur eingeschrieben ist, zu verkünden, diese
beiden Institutionen zu fördern und sie gegen alle zu verteidigen, die sie
angreifen,
M. die Bischofssynode
des Jahres 1980 ausdrücklich empfohlen hat, eine Charta der Familienrechte zu
erarbeiten und allen zuständigen Stellen zuzuleiten,
legt der Heilige Stuhl nach
Einholung des Rates der Bischofskonferenzen nun diese
Charta der Familienrechte
vor und bittet alle Staaten
und internationalen Organisationen, alle interessierten Institutionen und
Personen dringend, die Achtung vor diesen Rechten zu fördern und ihre
tatsächliche Beachtung und Einhaltung zu gewährleisten.
Artikel 1
Alle Personen haben das
Recht, ihren Lebensstand frei zu wählen und so entweder zu heiraten und eine
Familie zu gründen oder ehelos zu bleiben.
a) Jeder
Mann und jede Frau, der/die das heiratsfähige Alter erreicht und die notwendige
Eignung hat, hat das Recht, ohne jegliche Diskriminierung zu heiraten und eine
Familie zu gründen; gesetzliche Einschränkungen für die Ausübung dieses
Rechtes, ob von dauerhafter oder zeitlich begrenzter Art, dürfen nur eingeführt
werden, wenn schwere und objektive Erfordernisse der Eheinstitution selbst und
ihrer sozialen und öffentlichen Bedeutung dies verlangen; solche
Einschränkungen müssen dabei auf jeden Fall die Würde und die Grundrechte der
Person respektieren.
b) Diejenigen,
welche heiraten und eine Familie gründen möchten, haben das Recht, von der
Gesellschaft die moralischen, erzieherischen, sozialen und wirtschaftlichen
Bedingungen zu erwarten, die es ihnen ermöglichen, ihr Recht auf Heirat in
aller Reife und Verantwortlichkeit auszuüben.
c) Der
Wert der Ehe als Institution soll von den staatlichen Autoritäten hochgehalten
werden; die Situation nichtverheirateter Partner darf nicht mit einer gültig
geschlossenen Ehe gleichgesetzt werden.
Artikel 2
Eine Ehe darf nur
geschlossen werden aufgrund der freien und vollen Zustimmung, die die
Brautleute in gebührender Form bekunden.
a) Bei
allem schuldigen Respekt vor der traditionellen Rolle der Familien in einigen
Kulturen, die Kinder bei ihrer Entscheidung anzuleiten, muß doch jeder Druck,
der die Wahl einer bestimmten Person als Ehepartner behindern würde, vermieden
werden.
b) Die
zukünftigen Eheleute haben das Recht auf ihre religiöse Freiheit. Darum ist es
eine Verletzung dieses Rechtes, als vorgängige Bedingung für eine Eheschließung
eine Verleugnung des Glaubens oder das Bekenntnis eines Glaubens, der ihrem
Gewissen widerspricht, zu verlangen.
c) Die
Eheleute haben im Rahmen der natürlichen Komplementarität, wie sie zwischen
Mann und Frau besteht, dieselbe Würde und gleiche Rechte im Hinblick auf ihre
Ehe.
Artikel 3
Die Eheleute haben das unveräußerliche
Recht, eine Familie zu gründen und über den zeitlichen Abstand der Geburten und
die Zahl ihrer Kinder zu unterscheiden; dabei müssen sie ihre Verpflichtungen
gegenüber sich selbst, den bereits geborenen Kindern, der Familie und der
Gesellschaft voll berücksichtigen, und dies in einer rechten Hierarchie der
Werte und in Übereinstimmung mit der objektiven moralischen Ordnung, die
Empfängnisverhütung, Sterilisation und Abtreibung ausschließt.
a) Die
Aktivitäten öffentlicher Autoritäten und privater Organisationen, die in
irgendeiner Weise versuchen, die Freiheit der Ehepaare in der Entscheidung über
die Zahl ihrer Kinder einzuschränken, stellen eine schwere Verletzung der
menschlichen Würde und Gerechtigkeit dar.
b) In den
internationalen Beziehungen darf Wirtschaftshilfe für die Entwicklung der
Völker nicht an die Annahme von Programmen für Empfängnisverhütung,
Sterilisation und Abtreibung gebunden werden.
c) Die
Familie hat ein Recht auf Unterstützung durch die Gesellschaft bei der Geburt
und Erziehung von Kindern. Jene Ehepaare, die eine große Familie haben, haben
ein Recht auf angemessene Hilfe und sollten keiner Diskriminierung ausgesetzt
werden.
Artikel 4
Menschliches Leben muß vom
Augenblick der Empfängnis an absolut geachtet und geschützt werden.
a) Abtreibung
ist eine direkte Verletzung des grundlegenden Lebensrechtes des Menschen.
b) Die
Achtung vor der Würde des Menschen schließt alle experimentelle Manipulation
und Verwertung des menschlichen Embryos aus.
c) Alle
Eingriffe auf das genetische Erbe der menschlichen Person, die nicht auf die
Korrektur von Anomalien abzielen, stellen eine Verletzung des Rechtes auf
körperliche Integrität dar und widersprechen dem Wohl der Familie.
d) Kinder
haben vor und nach der Geburt ein Recht auf besonderen Schutz und Beistand, wie
die Mutter sie ihnen während der Schwangerschaft und einer angemessenen
Zeitspanne nach der Geburt leistet.
e) Alle
Kinder, ob ehelich oder außerehelich geboren, haben dasselbe Recht auf sozialen
Schutz für ihre volle persönliche Entfaltung.
f) Waisen oder Kinder, die des Beistandes ihrer Eltern oder Pflegeeltern
entbehren, müssen von seiten der Gesellschaft einen besonderen Schutz erhalten.
Im Hinblick auf ein Pflegeverhältnis oder auf Adoption muß der Staat für eine
Gesetzgebung sorgen, die es geeigneten Familien erleichtert, Kinder in ihr Heim
aufzunehmen, die dauernde oder zeitweilige Sorge brauchen, und die zugleich die
natürlichen Rechte der Eltern achtet.
g) Behinderte
Kinder haben das Recht, zu Hause und in der Schule eine für ihre Entwicklung
günstige Umgebung zu finden.
Artikel 5
Weil sie ihren Kindern das
Leben geschenkt haben, besitzen die Eltern das ursprüngliche, erste und
unveräußerliche Recht, sie zu erziehen; darum müssen sie als die ersten und
vorrangigen Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden.
a) Eltern
haben das Recht, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren moralischen und
religiösen Überzeugungen zu erziehen und dabei die kulturellen Traditionen ihrer
Familie zu berücksichtigen, die Wohl und Würde des Kindes fördern; sie sollten
auch die notwendige Hilfe und Unterstützung der Gesellschaft erhalten, um ihre
Erziehungsaufgabe richtig zu erfüllen.
b) Eltern
haben das Recht, Schulen und andere Hilfsmittel frei zu wählen, die notwendig
sind, um die Kinder in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen zu erziehen.
Staatliche Autoritäten müssen sicherstellen, daß die staatlichen
Unterstützungen so zugeteilt werden, daß die Eltern dieses Recht wirklich frei
ausüben können, ohne ungerechtfertigte Lasten tragen zu müssen. Es dürfte nicht
sein, daß Eltern direkt oder indirekt Sonderlasten tragen müssen, die die
Ausübung dieser Freiheit unmöglich machen oder in ungerechter Weise
einschränken würden.
c) Eltern
haben das Recht auf Gewähr, daß ihre Kinder nicht gezwungen werden,
Schulklassen zu besuchen, die nicht in Übereinstimmung stehen mit ihren eigenen
moralischen und religiösen Überzeugungen. Insbesondere die Geschlechtserziehung
– die ein Grundrecht der Eltern darstellt – muß immer unter ihrer aufmerksamen
Führung geschehen, ob zu Hause oder in Erziehungseinrichtungen, die von ihnen
ausgewählt und kontrolliert werden.
d) Die
Elternrechte werden verletzt, wenn der Staat eine verpflichtende Erziehungsform
auferlegt, bei der alle religiöse Bildung ausgeschlossen ist.
e) Das
vorrangige Recht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen, muß in allen Formen des
Zusammenwirkens zwischen Eltern, Lehrern und Schulleitung gewahrt bleiben,
insbesondere bei Mitwirkungsformen, die den Bürgern in praktischen Schulfragen
und in der Formulierung und Konkretisierung von Erziehungsprogrammen eine
Stimme geben wollen.
f) Die Familie hat das Recht zu erwarten, daß die Kommunikationsmittel als
positive Instrumente für den Aufbau der Gesellschaft wirken und die
grundlegenden Werte der Familie stärken. Zugleich hat die Familie das Recht,
vor allem im Hinblick auf ihre jüngsten Mitglieder, vor den negativen
Einflüssen und den Mißbräuchen der Massenkommunikationsmittel angemessen
beschützt zu werden.
Artikel 6
Die Familie hat das Recht,
als Familie zu leben und sich zu entfalten.
a) Die
staatlichen Autoritäten müssen die Würde, gesetzliche Unabhängigkeit, Privatsphäre,
Einheit und Festigkeit jeder Familie achten und fördern.
b) Ehescheidung
ist ein Angriff auf die Institution selbst von Ehe und Familie.
c) Dort,
wo das System der Großfamilie existiert, sollte es weiterhin hochgeschätzt und
darin unterstützt werden, seine traditionelle Rolle der Solidarität und des
gegenseitigen Beistandes noch besser zu verwirklichen; gleichzeitig sollten
jedoch die Rechte der Kernfamilie und die Personwürde jedes Familienmitgliedes
geachtet werden.
Artikel 7
Jede Familie hat das Recht,
unter Anleitung der Eltern zu Hause ihr eigenes religiöses Leben zu führen,
sowie das Recht, den Glauben öffentlich zu bekennen und zu verbreiten, am
öffentlichen Gottesdienst und an frei gewählten Programmen religiöser Unterweisung
teilzunehmen, ohne dadurch benachteiligt zu werden.
Artikel 8
Die Familie hat das Recht,
ihre soziale und politische Funktion beim Aufbau der Gesellschaft auszuüben.
a) Familien
haben das Recht, Vereinigungen mit anderen Familien und Institutionen zu
bilden, um die Aufgaben der Familie in geeigneter und wirksamer Weise zu
erfüllen sowie ihre Rechte zu schützen, ihr Wohlergehen zu fördern und ihre
Interessen zu vertreten.
b) Auf
wirtschaftlichem, sozialem, juristischem und kulturellem Gebiet muß die
rechtmäßige Rolle der Familien und Familienverbände für die Planung und
Entwicklung von Programmen, die das Familienleben berühren, anerkannt werden.
Artikel 9
Familien haben ein Recht,
von den staatlichen Autoritäten eine angemessene Familienpolitik auf
juristischem, wirtschaftlichem, sozialem und steuerrechtlichem Gebiet erwarten
zu können, die jedwede Benachteiligung ausschließt.
a) Familien
haben ein Recht auf wirtschaftliche Bedingungen, die ihnen einen Lebensstandard
sichern, der ihrer Würde und ihrer vollen Entwicklung entspricht. Sie sollten
nicht daran gehindert werden, privates Eigentum zu erwerben und zu besitzen, um
ein stabiles Familienleben zu fördern; die Gesetze über Erbschaft und
Eigentumsübertragung müssen die Bedürfnisse und Rechte der Familienmitglieder
beachten.
b) Familien
haben ein Recht auf soziale Unterstützung bei besonderen Bedürfnissen, wie
besonders beim vorzeitigen Tod eines oder beider Elternteile, im Falle, daß ein
Ehepartner im Stich gelassen wird, bei Unfall, Krankheit oder Invalidität, bei
Arbeitslosigkeit oder wenn immer die Familie aus Gründen des hohen Alters, von
körperlicher oder geistiger Behinderung oder wegen der Kindererziehung
Sonderlasten für ihre Mitglieder tragen muß.
c) Die
älteren Menschen haben das Recht, in ihrer eigenen Familie oder, wenn dies
nicht möglich ist, in geeigneten Einrichtungen eine Umgebung zu finden, die es
ihnen ermöglicht, ihre späten Lebensjahre in Ruhe und Gelassenheit zu
verbringen und dabei solche Dinge zu tun, die mit ihrem Alter vereinbar sind
und die sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen lassen.
d) Die
Rechte und Bedürfnisse der Familie, vor allem der Wert der Einheit der Familie,
müssen im Strafrecht und in der entsprechenden Politik berücksichtigt werden,
und zwar derart, daß ein Strafgefangener im Kontakt mit seiner Familie bleibt
und die Familie während der Zeit der Strafverbüßung angemessen unterstützt
wird.
Artikel 10
Familien haben ein Recht auf
eine soziale und wirtschaftliche Ordnung, in der die Gestaltung der
Arbeitsverhältnisse es den Familienmitgliedern gestattet zusammenzuleben und
nicht die Einheit, das Wohlergehen, die Gesundheit und den Zusammenhalt der
Familie behindert, sondern sogar die Möglichkeit gemeinsamer Erholung bietet.
a) Der
Arbeitslohn muß hinreichend sein, um eine Familie in würdiger Weise gründen und
unterhalten zu können, und dies entweder durch eine angemessene Bezahlung,
„Familienlohn“ genannt, oder durch andere soziale Maßnahmen wie
Familienzuschüsse oder ein Entgelt für die Hausarbeit eines Elternteils; der
Arbeitslohn sollte so bemessen sein, daß Mütter nicht zur Arbeit außerhalb des
Hauses genötigt werden, zum Nachteil des Familienlebens und vor allem der
Kindererziehung.
b) Die
Arbeit der Mutter im Haus muß wegen ihres Wertes für Familie und Gesellschaft
anerkannt und geachtet werden.
Artikel 11
Die Familie hat das Recht
auf eine menschenwürdige Wohnung, die für das Familienleben geeignet ist und der
Zahl der Familienmitglieder entspricht, in einer äußeren Umgebung, in der die
Grunddienste für das Leben von Familie und Gemeinschaft gewährleistet sind.
Artikel 12
Eingewanderte Familien haben
das Recht auf denselben Schutz, wie er den anderen Familien gewährt wird.
a) Die
Familien der Einwanderer haben das Recht, daß ihre eigene Kultur geachtet wird
und daß sie Unterstützung und Beistand erhalten für ihre Integration in die
Gesellschaft, zu deren Wohl sie beitragen.
b) Gastarbeiter
haben das Recht, so bald wie möglich mit ihrer Familie zusammenleben zu können.
c) Flüchtlinge
haben das Recht auf Unterstützung durch staatliche Autoritäten und
internationale Organisationen, damit die Zusammenführung ihrer Familien
erleichtert wird.
Quellen und Bezugsstellen
Prämbel
A. "Rerum
novarum", 9; "Gaudium et spes", 24.
B. "Pacem in terris", Teil 1; "Gaudium et spes", 48 und
50;
"Familiaris consortio", 19; "Codex Iuris Canonici", 1056.
C. "Gaudium et spes", 50; "Humanae vitae", 12;
"Familiaris consortio", 28.
D. "Rerum
novarum", 9 und 10; "Familiaris consortio", 45.
E. "Familiaris consortio", 43.
F. "Gaudium et spes", 52; "Familiaris consortio", 21.
G. "Gaudium et spes", 52; "Familiaris consortio", 42 und
45.
I. "Familiaris consortio", 45.
J. "Familiaris consortio", 46.
K. "Familiaris consortio", 6 und 77.
L. "Familiaris consortio", 3 und 46.
M. "Familiaris consortio", 46.
Artikel 1
"Rerum novarum", 9; "Pacem in terris", Teil 1;
"Gaudium et spes", 26; "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte",
16, 1.
a) "Codes Iuris Canonici", 1058 und 1077; "Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte", 16, 1.
b) "Gaudium et spes", 52, "Familiaris consortio", 81.
c) "Gaudium et spes", 52; "Familiaris consortio", 81 und
82.
Artikel 2
"Gaudium et spes", 52; "Codex Iuris Canonici", 1057;
"Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", 16, 2.
a) "Gaudium et spes", 52.
b) "Dignitatis humanae", 6.
c) "Gaudium et spes", 49; "Familiaris consortio", 19 und
22; "Codex Iuris Canonici", 1135; "Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte", 16, 1.
Artikel 3
"Populorum progressio", 37; Gaudium et spes, 50 und 87; Humanae
vitae, 10; Familiaris consortio, 30 und 46.
a) Familiaris consortio, 30.
b) Familiaris consortio, 30.
c) Gaudium et spes, 50.
Artikel 4
Gaudium et spes, 51; Familiaris
consortio, 26.
a) Humanae vitae, 14; Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zur
Abtreibung, 18. November 1974; Familiaris consortio, 30.
b) Papst Johannes Paul II., Ansprache an die Päpstliche Akademie der
Wissenschaften, 23. Oktober 1982.
d) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 25, 2; Konvention über die Rechte
des Kindes, Präambel und 4.
e) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 25, 2.
f) Familiaris consortio, 41.
g) Familiaris consortio, 77.
Artikel 5
Divini Illius Magistri, 27-34;
Gravissimum educationis, 3; Familiaris consortio, 36; Codex Iuris Canonici, 793
und 1136.
a) Familiaris consortio, 46.
b) Gravissimum educationis, 7; Dignitatis humanae, 5; Papst Johannes Paul II.,
Religionsfreiheit und die Schlußakte von Helsinki (Brief an die
Staatsoberhäupter jener Staaten, die die Schlußakte von Helsinki unterzeichnet
haben), 4b; Familiaris consortio, 40; Codex Iuris Canonici, 797.
c) Dignitatis humanae, 5; Familiaris consortio, 37 und 40.
d) Dignitatis humanae, 5; Familiaris consortio, 40.
e) Familiaris consortio, 40; Codex Iuris Canonici, 796.
f) Papst Paul VI., Botschaft zum 3. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel,
1969; Familiaris consortio, 76.
Artikel 6
Familiaris consortio, 46.
a) Rerum novarum, 10; Familiaris consortio, 46; Internationales Abkommen über
bürgerliche und politische Rechte, 17.
b) Gaudium et spes, 48 und 50.
Artikel 7
Dignitatis humanae, 5;
Religionsfreiheit und die Schlußakte von Helsinki, 4b; Internationales Abkommen
über bürgerliche und politische Rechte, 18.
Artikel 8
Familiaris consortio, 44 und 48.
a) Apostolicam actuositatem, 11; Familiaris consortio, 46 und 72.
b) Familiaris consortio, 44 und 45.
Artikel 9
Laborem exercens, 10 und
19; Familiaris consortio, 45; Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 16, 3
und 22; Internationales Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte, 10, 1.
a) Mater et magistra, Teil II; Laborem exercens, 10; Familiaris consortio, 45;
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 22 und 25; Internationales Abkommen
über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, 7, a, ii.
b) Familiaris consortio, 45 und 46; Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
25, 1; Internationales Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte, 9, 10, 1 und 10, 2.
c) Gaudium et spes, 52; Familiaris consortio, 27.
Artikel 10
Laborem exercens, 19;
Familiaris consortio, 77; Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 23, 3.
a) Laborem exercens, 19; Familiaris consortio, 23 und 81.
b) Familiaris consortio, 23.
Artikel 11
Apostolicam actuositatem,
8; Familiaris consortio, 81; Internationales Abkommen über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte, 11, 1.
Artikel 12
Familiaris consortio, 77; Europäische Sozialcharta, 19.