Apostolisches Schreiben
Familiaris
Consortio
von Papst Johannes Paul II.
an die Bischöfe, die
Priester und die Gläubigen der ganzen Kirche
über die Aufgaben der
christlichen Familie in der Welt von heute
vom 22. November 1981
Einleitung
Die Kirche im Dienst an
der Familie
1. Die Familie wurde in unseren
Tagen - wie andere Institutionen und vielleicht noch mehr als diese - in
die umfassenden, tiefgreifenden und raschen Wandlungen von Gesellschaft
und Kultur hineingezogen. Viele Familien leben in dieser Situation in Treue
zu den Werten, welche die Grundlage der Familie als Institution ausmachen.
Andere sind ihren Aufgaben gegenüber unsicher und verwirrt oder sogar
in Zweifel und fast in Unwissenheit über die letzte Bedeutung und
die Wahrheit des ehelichen und familiären Lebens. Wieder andere sind
durch ungerechte Situationen verschiedener Art in der Ausübung ihrer
Grundrechte behindert.
In dem Wissen, daß
Ehe und Familie zu den kostbarsten Gütern der Menschheit zählen,
möchte die Kirche ihre Stimme und das Angebot ihrer Hilfe zu jenen
gelangen lassen, die den Wert von Ehe und Familie bereits kennen und dementsprechend
leben wollen, zu jenen, die unsicher und unruhig nach der Wahrheit suchen,
sowie zu jenen, die ungerechterweise daran gehindert werden, ihre Auffassung
von der Familie in Freiheit zu verwirklichen. Indem sie die einen stützt,
die anderen belehrt und den letzteren hilft, bietet die Kirche ihren Dienst
allen Menschen an, die sich über das Schicksal von Ehe und Familie
Gedanken machen.1
Insbesondere wendet sie sich
an die jungen Menschen, die am Anfang ihres Weges zu Ehe und Familie stehen,
um ihnen zu helfen, die Schönheit und Größe der Berufung
zur Liebe und zum Dienst am Leben zu entdecken und ihnen so neue Horizonte
aufzutun.
Die Synode von 1980 in
ihrem Zusammenhang mit den vorhergehenden
2. Ein Zeichen dieses großen
Interesses der Kirche für die Familie war die letzte Bischofssynode,
die vom 26. September bis 25. Oktober 1980 in Rom abgehalten wurde. Sie
war die natürliche Fortsetzung der zwei vorhergehenden.2
Die christliche Familie ist ja die erste Gemeinschaft, der es obliegt,
dem heranwachsenden Menschen das Evangelium zu verkünden und ihn durch
eine fortschreitende Erziehung und Glaubensunterweisung zur vollen menschlichen
und christlichen Reife zu führen.
Und nicht nur das. Die letzte
Synode steht auch mit jener über das Amtspriestertum und über
die Gerechtigkeit in der Welt von heute in einer gewissen gedanklichen
Verbindung. Denn als erziehende Gemeinschaft muß die Familie dem
Menschen beim Erkennen der persönlichen Berufung und bei der Entscheidung
zum notwendigen Einsatz für größere Gerechtigkeit behilflich
sein, indem sie von Anfang an zu zwischenmenschlichen Beziehungen erzieht,
die von Gerechtigkeit und Liebe geprägt sind.
Zum Abschluß ihrer
Beratungen überreichten mir die Väter der Synode eine umfangreiche
Liste von Vorschlägen ("Propositiones" ). Sie enthält die Ergebnisse
ihrer Überlegungen in jenen arbeitsreichen Tagen. Einmütig baten
sie mich, vor der Menschheit die lebendige Sorge der Kirche für die
Familie zu bekunden und geeignete Weisungen für einen erneuerten pastoralen
Einsatz in diesem so grundlegenden Bereich menschlichen und kirchlichen
Lebens zu geben.
Dieser Aufgabe will ich mit
dem vorliegenden Schreiben nachkommen, worin ich einen Dienst des mir anvertrauten
apostolischen Amtes sehe. Dabei möchte ich allen Teilnehmern der Synode
meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen für ihren wertvollen Beitrag
an Lehre und Erfahrung, der besonders in ihren "Propositiones" seinen Niederschlag
fand. Deren Text vertraue ich dem Päpstlichen Rat für die Familie
an mit dem Auftrag, durch ein vertieftes Studium jeden Aspekt des darin
enthaltenen Reichtums fruchtbar zu machen.
Ehe und Familie - ein
kostbares Gut
3. Die Kirche weiß
aus dem Glauben um den Wert von Ehe und Familie in ihrer ganzen Wahrheit
und tiefen Bedeutung, deshalb fühlt sie sich erneut gedrängt,
das Evangelium, die "Frohbotschaft", allen ohne Unterschied zu verkünden,
besonders aber jenen, die zur Ehe berufen sind und sich auf sie vorbereiten,
sowie allen Eheleuten und Eltern in der Welt.
Sie ist tief davon überzeugt,
daß nur die Annahme des Evangeliums die volle Verwirklichung aller
Hoffnungen schenkt, die der Mensch mit Recht in Ehe und Familie setzt.
Von Gott mit der Schöpfung
selbst gewollt,3
sind Ehe und Familie innerlich
auf die Vollendung in Christus hingeordnet4
und
bedürfen seiner Gnade, um von den Wunden der Sünde geheilt5
und so "auf ihren Anfang"6 zurückgeführt
zu werden, das heißt zur vollen Kenntnis und Verwirklichung der Pläne
Gottes.
In einem geschichtlichen
Augenblick, in dem die Familie Ziel von zahlreichen Kräften ist, die
sie zu zerstören oder jedenfalls zu entstellen trachten, ist sich
die Kirche bewußt, daß das Wohl der Gesellschaft und ihr eigenes
mit dem der Familie eng verbunden ist,7 und
fühlt umso stärker und drängender ihre Sendung, allen den
Plan Gottes für Ehe und Familie zu verkünden, um deren volle
Lebenskraft und menschlich-christliche Entfaltung zu sichern und so zur
Erneuerung der Gesellschaft und des Volkes Gottes beizutragen.
Erster
Teil
Die
Familie heute - Licht und Schatten
Notwendige Kenntnis der
Situation
4. Da der Plan Gottes für
Ehe und Familie Mann und Frau konkret betrifft - in ihrer täglichen
Existenz, in bestimmten sozialen und kulturellen Situationen -, muß
sich die Kirche, um ihren Dienst leisten zu können, um die Kenntnis
jener Situationen bemühen, in denen Ehe und Familie sich heute verwirklichen.8
Diese Kenntnis ist also eine
für die Evangelisierung unerläßliche Notwendigkeit: muß
doch die Kirche das unveränderliche und immer neue Evangelium Christi
an die Familien unserer Zeit herantragen, müssen doch die Familien
in den Bedingungen unserer Welt
den Plan Gottes für sie aufgreifen und verwirklichen. Und nicht nur
das: Die Forderungen und Anrufe des göttlichen Geistes sprechen auch
aus den Ereignissen der Geschichte, weshalb die Kirche auch durch die Situationen,
Fragen, Ängste und Hoffnungen der Jugendlichen, der Eheleute und der
Eltern von heute zu einer tieferen Kenntnis des unerschöpflichen Mysteriums
der Ehe und Familie geführt werden kann.9
Hinzu kommt noch eine weitere, in der heutigen Zeit besonders wichtige
Überlegung. Nicht selten werden dem Mann und der Frau von heute in
ihrer ehrlichen und tiefen Suche nach einer Antwort auf die täglichen
ernsten Probleme ihres ehelichen und familiären Lebens Ansichten und
Vorschläge angeboten, die zwar verlockend sind, aber die Wahrheit
und Würde der menschlichen Person mehr oder weniger verletzen. Dieses
Angebot wird oft von der mächtigen und weitverzweigten Organisation
der Medien gestützt, welche die Freiheit und die Fähigkeit zur
objektiven Beurteilung unterschwellig gefährden.
Viele wissen bereits um diese
Gefahr, in der die menschliche Person schwebt, und setzen sich für
die Wahrheit ein. Die Kirche schließt sich ihnen mit ihrer evangelischen
Unterscheidungsgabe an, indem sie ihren Dienst an der Wahrheit, der Freiheit
und der Würde jedes Mannes und jeder Frau anbietet.
Die evangelische Unterscheidungsgabe
5. Die von der Kirche geleistete
Unterscheidung wird zum Angebot einer Orientierung mit dem Ziel, daß
die ganze Wahrheit und die volle Würde von Ehe und Familie gerettet
und verwirklicht werde.
Sie wird im Glaubenssinn
vollzogen,10 den der Heilige Geist allen Gläubigen
mitteilt,11 und ist demnach Werk der gesamten
Kirche entsprechend den verschiedenen Gaben und Charismen, die gemeinsam
und nach dem Grad der jeweiligen Verantwortung für eine immer tiefere
Erkenntnis und Verwirklichung des Wortes Gottes zusammenwirken. Die Kirche
vollzieht diese ihre evangelische Unterscheidung also nicht nur durch die
Hirten, die im Namen und mit der Vollmacht Christi lehren, sondern auch
durch die Laien: Christus "bestellt sie zu Zeugen und rüstet sie mit
dem Glaubenssinn und der Gnade des Wortes aus (vgl. Apg 2,17-18;
Offb
19,10), damit die Kraft des Evangeliums im alltäglichen Familien-
und Gesellschaftsleben aufleuchte".12 Die
Laien haben sogar aufgrund ihrer besonderen Berufung die spezifische Aufgabe,
im Licht Christi die Geschichte dieser Welt auszulegen; ist es doch ihr
Auftrag, die zeitlichen Wirklichkeiten nach dem Plan Gottes, des Schöpfers
und Erlösers, zu erhellen und zu ordnen.
Der "übernatürliche
Glaubenssinn" 13
besteht jedoch nicht nur
oder notwendigerweise in der Übereinstimmung der Gläubigen. Die
Kirche sucht, indem sie Christus folgt, die Wahrheit, welche sich nicht
immer mit der Meinung der Mehrheit deckt. Sie horcht auf das Gewissen und
nicht auf die Macht und verteidigt so die Armen und Verachteten. Die Kirche
weiß auch die soziologischen und statistischen Forschungen zu schätzen,
wenn diese sich zur Erfassung des geschichtlichen Umfeldes, in dem sich
das pastorale Wirken vollziehen muß, nützlich erweisen und wenn
sie zu einer besseren Erkenntnis der Wahrheit verhelfen; diese Forschungen
allein können jedoch nicht ohne weiteres als Ausdruck des Glaubenssinnes
betrachtet werden.
Aufgabe des apostolischen
Amtes ist es, das Bleiben der Kirche in der Wahrheit Christi zu gewährleisten
und sie immer tiefer darin einzuführen; die Hirten müssen deshalb
den Glaubenssinn in allen Gläubigen fördern, die Echtheit seiner
Ausdrucksformen verbindlich abwägen und beurteilen und die Gläubigen
zu einer immer reiferen Unterscheidung im Licht des Evangeliums erziehen.14
Zur Erarbeitung einer echten
evangelischen Unterscheidungsgabe in den verschiedenen Situationen und
Kulturen, in denen Mann und Frau ihre Ehe und Familie leben, können
und müssen die christlichen Eheleute und Eltern einen eigenen, unersetzlichen
Beitrag leisten. Zu dieser Aufgabe befähigt sie das ihnen eigene Charisma,
die ihnen eigene Gnadengabe, die sie im Sakrament der Ehe empfangen haben.15
Die Lage der Familie in
der Welt von heute
6. Die Situation, in der
sich die Familie befindet, weist positive und negative Aspekte auf: Die
einen sind Zeichen für das in der Welt wirksame Heil in Christus,
die anderen für die Ablehnung, mit der der Mensch der Liebe Gottes
begegnet.
Einerseits ist man sich der
persönlichen Freiheit mehr bewußt, schenkt der Qualität
der zwischenmenschlichen Beziehungen in der Ehe, der Förderung der
Würde der Frau, der verantworteten Elternschaft, der Erziehung der
Kinder größere Aufmerksamkeit; man weiß darüber hinaus
um die Notwendigkeit der Entwicklung von Beziehungen zwischen den einzelnen
Familien zu gegenseitiger spiritueller und materieller Hilfe; man entdeckt
wieder neu die der Familie eigene ekklesiale Sendung und ihre Verantwortung
für den Aufbau einer gerechteren Gesellschaft. Andererseits aber gibt
es Anzeichen einer besorgniserregenden Verkümmerung fundamentaler
Werte: eine irrige theoretische und praktische Auffassung von der gegenseitigen
Unabhängigkeit der Eheleute; die schwerwiegenden Mißverständnisse
hinsichtlich der Autoritätsbeziehung zwischen Eltern und Kindern;
die häufigen konkreten Schwierigkeiten der Familie in der Vermittlung
der Werte; die steigende Zahl der Ehescheidungen; das weit verbreitete
Übel der Abtreibung; die immer häufigere Sterilisierung; das
Aufkommen einer regelrechten empfängnisfeindlichen Mentalität.
An der Wurzel dieser negativen
Erscheinungen findet sich oft eine Zersetzung von Begriff und Erfahrung
der Freiheit, die nicht als die Fähigkeit aufgefaßt wird, den
Plan Gottes für Ehe und Familie zu verwirklichen, sondern vielmehr
als autonome Kraft der Selbstbehauptung - für das eigene, egoistisch
verstandene Wohlergehen und nicht selten gegen die Mitmenschen.
Auch eine andere Tatsache
verdient unsere Aufmerksamkeit, nämlich die, daß es in den Ländern
der sogenannten Dritten Welt den Familien sowohl an den grundlegenden Mitteln
zum Überleben fehlt, wie Nahrung, Arbeit, Wohnung, Arzneien, als auch
an den elementarsten Freiheiten. In den reicheren Ländern hingegen
nehmen der übertriebene Wohlstand und die Konsumhaltung sowie eine
gewisse paradoxerweise damit verbundene Angst und Unsicherheit gegenüber
der Zukunft den Eltern die Hochherzigkeit und den Mut, neues Leben zu wecken.
So wird das Leben oft nicht als Segen, sondern als eine Gefahr betrachtet,
gegen die man sich verteidigen muß.
Die geschichtliche Situation,
in der die Familie lebt, steht somit als Ineinander von Licht und Schatten
vor uns.
Darin wird deutlich, daß
die Geschichte nicht einfach ein notwendiger Fortschritt zum Besseren ist,
sondern vielmehr ein Ereignis der Freiheit, ja ein Kampf zwischen Freiheiten,
die einander widerstreiten; sie ist - nach der bekannten Formulierung des
heiligen Augustinus - ein Konflikt zwischen zweierlei Liebe: der Liebe
zu Gott bis hin zur Verachtung seiner selbst und der Liebe zu sich bis
hin zur Verachtung Gottes.16
Daraus folgt, daß nur
die Erziehung zu einer im Glauben verwurzelten Liebe die Fähigkeit
schenken kann, die "Zeichen der Zeit" zu deuten, die der geschichtliche
Ausdruck dieser zweifachen Liebe sind.
Die Auswirkung dieser
Situation auf das Gewissen der Gläubigen
7. In einer solchen Welt
und unter dem besonders von den Massenmedien ausgeübten Druck waren
und sind die Gläubigen nicht immer fähig, dem Verblassen der
fundamentalen Werte gegenüber immun zu bleiben und sich als kritisches
Gewissen dieser Familienkultur und als aktive Miterbauer eines echten "Familienhumanismus"
zu erweisen.
Unter den beunruhigendsten
Anzeichen für diese Tatsache haben die Synodenväter besonders
die folgenden hervorgehoben: die Zunahme von Scheidung und Eingehen einer
neuen Verbindung sogar bei den Gläubigen; das Hinnehmen der nur zivilrechtlich
geschlossenen Ehe im Gegensatz zur Berufung der Getauften, "sich im Herrn
zu vermählen"; die kirchliche Feier der Eheschließung ohne
lebendigen Glauben, sondern aus anderen Beweggründen; die Ablehnung
der sittlichen Normen für einen menschlichen und christlichen Vollzug
der Sexualität in der Ehe.
Unsere Zeit bedarf der
Weisheit
8. So steht die ganze Kirche
vor der Aufgabe tiefgreifender Besinnung und Bemühung, damit die neue,
aufsteigende Kultur in ihrem Inneren evangelisiert werde, damit die echten
Werte anerkannt und die Rechte von Mann und Frau verteidigt werden, damit
die Gerechtigkeit schon in den Strukturen der Gesellschaft gefördert
werde. Auf diese Weise wird der "neue Humanismus" die Menschen nicht von
ihrem Gottesverhältnis weg-, sondern vielmehr vollkommener hineinführen.
Für den Aufbau eines
solchen Humanismus bieten die Wissenschaft und ihre technischen Anwendungen
neue ungeheure Möglichkeiten. Dennoch wird die Wissenschaft infolge
politischer Entscheidungen, welche die Ausrichtung der Forschung und ihre
Anwendung bestimmen, oft gegen ihren ursprünglichen Sinn - die Förderung
der menschlichen Person - eingesetzt.
Es ist demnach notwendig,
daß alle das Wissen um den Vorrang der sittlichen Werte - welche
die Werte der menschlichen Person als solcher sind - wiedergewinnen. Den
letzten Sinn des Lebens und seine Grundwerte wieder zu erfassen, ist die
große Aufgabe, die sich heute für die Erneuerung der Gesellschaft
stellt. Nur das verantwortungsbereite Wissen um den Vorrang dieser Werte
erlaubt eine wirklich auf die Förderung der menschlichen Person in
ihrer ganzen Wahrheit, Freiheit und Würde ausgerichtete Anwendung
der durch die Wissenschaften dem Menschen in die Hand gegebenen ungeheuren
Möglichkeiten. Die Wissenschaft ist berufen, sich mit der Weisheit
zu verbünden.
Auch auf die Probleme der
Familie kann man die Worte des II. Vatikanischen Konzils anwenden: "Unsere
Zeit braucht mehr als die vergangenen Jahrhunderte diese Weisheit, damit
menschlich wird, was immer an Neuem vom Menschen entdeckt wird. Es gerät
nämlich das künftige Geschick der Welt in Gefahr, wenn nicht
weisere Menschen erweckt werden."
17
Die Erziehung des Gewissens,
das jeden Menschen befähigt, die rechten Weisen zu erkennen, zu werten
und zu unterscheiden, in denen er sich nach seiner ureigenen Wahrheit verwirklichen
kann, wird so zu einer vordringlichen und unverzichtbaren Notwendigkeit.
Die Bindung an die göttliche
Weisheit ist es, die in der heutigen Kultur vertieft wiederhergestellt
werden muß. An jener Weisheit hat jeder Mensch durch die Schöpfertat
Gottes Anteil. Nur in der Treue zu dieser Bindung werden die Familien unserer
Zeit in der Lage sein, positiv am Aufbau einer Welt mitzuwirken, in der
mehr Gerechtigkeit und Brüderlichkeit herrschen.
Stufenweises Wachstum
und Bekehrung
9. Die Ungerechtigkeit, die
aus der Sünde stammt - welche auch in die Strukturen der heutigen
Welt tief eingedrungen ist -, behindert oft die Familie in ihrer vollen
Selbstverwirklichung und in der Ausübung ihrer fundamentalen Rechte;
ihr müssen wir uns alle mit einer Bekehrung des Geistes und des Herzens
entgegenstellen, indem wir in der Nachfolge des gekreuzigten Herrn unseren
Egoismus bekämpfen. Solche Umkehr wird notwendig auch auf die Strukturen
der Gesellschaft einen wohltuenden und erneuernden Einfluß ausüben.
Es bedarf einer fortgesetzten,
ständigen Bekehrung, die, obwohl sie die innere Loslösung von
allem Bösen und die Annahme des Guten in seiner Fülle erfordert,
sich konkret in Schritten vollzieht, in einem dynamischen Prozeß
von Stufe zu Stufe entsprechend der fortschreitenden Hereinnahme der Gaben
Gottes und der Forderungen seiner unwiderruflichen und absoluten Liebe
in das gesamte persönliche und soziale Leben des Menschen. Ein erzieherischer
Weg des Wachsens ist also nötig, damit die einzelnen Gläubigen,
die Familien und die Völker, ja die ganze Kultur von dem, was sie
vom Geheimnis Christi bereits angenommen haben, geduldig weitergeführt
werden, um zu einer reicheren Kenntnis und einer volleren Einbeziehung
dieses Geheimnisses in ihr Leben zu gelangen.
"Inkulturation"
10. Von den Kulturen der
Völker all das anzunehmen, was den "unergründlichen Reichtum
Christi" besser zum Ausdruck bringen kann, entspricht der durchgehenden
Tradition der Kirche.18 Nur im Zusammenwirken
aller Kulturen kann dieser Reichtum immer klarer offenbar werden und kann
die Kirche in ein von Tag zu Tag vollkommeneres und tieferes Verstehen
der Wahrheit hineinwachsen, die ihr bereits in ganzer Fülle vom Herrn
geschenkt ist.
Geleitet von dem doppelten
Grundsatz der Vereinbarkeit der verschiedenen in Frage kommenden Kulturen
mit dem Evangelium und der Verbundenheit mit der universalen Kirche muß
man durch weitere Studien - besonders von seiten der Bischofskonferenzen
und der zuständigen Ämter der Römischen Kurie - und durch
weiteren pastoralen Einsatz dazu beitragen, daß diese "Inkulturation"
des christlichen Glaubens in immer größerem Umfang geschehe,
auch im Bereich von Ehe und Familie.
Die "Inkulturation" ist der
Weg in Richtung auf die volle Wiederherstellung des Bündnisses mit
der Weisheit Gottes, die Christus selbst ist. Die ganze Kirche wird auch
durch jene Kulturen bereichert, die, obgleich arm an Technologie, reich
an menschlicher Weisheit und von hohen moralischen Werten durchdrungen
sind.
Damit das Ziel dieses Weges
klar und infolgedessen der Weg dorthin sicher angezeigt sei, hat die Synode
mit Recht zunächst den ursprünglichen Plan Gottes für Ehe
und Familie von Grund auf betrachtet: Sie wollte, der Weisung Christi folgend,
"zum Anfang zurückkehren".19
Zweiter
Teil
Ehe
und Familie im Plane Gottes
Der Mensch, Abbild des
liebenden Gottes
11. Gott hat den Menschen
nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen:20
den er aus Liebe ins Dasein gerufen hat, berief er gleichzeitig
zur Liebe.
"Gott ist Liebe" 21
und lebt in sich selbst ein Geheimnis personaler Liebesgemeinschaft.
Indem er den Menschen nach seinem Bild erschafft und ständig im Dasein
erhält, prägt Gott der Menschennatur des Mannes und der Frau
die Berufung und daher auch die Fähigkeit und die Verantwortung zu
Liebe und Gemeinschaft ein.22
Die Liebe ist
demnach die grundlegende und naturgemäße Berufung jedes Menschen.
Als Geist im Fleisch, das
heißt als Seele, die sich im Leib ausdrückt, und als Leib, der
von einem unsterblichen Geist durchlebt wird, ist der Mensch in dieser
geeinten Ganzheit zur Liebe berufen. Die Liebe schließt auch den
menschlichen Leib ein, und der Leib nimmt an der geistigen Liebe teil.
Die christliche Offenbarung
kennt zwei besondere Weisen, die Berufung der menschlichen Person zur Liebe
ganzheitlich zu verwirklichen: die Ehe und die Jungfräulichkeit. Sowohl
die eine als auch die andere ist in der ihr eigenen Weise eine konkrete
Verwirklichung der tiefsten Wahrheit des Menschen, seines "Seins nach dem
Bild Gottes".
Infolgedessen ist die Sexualität,
in welcher sich Mann und Frau durch die den Eheleuten eigenen und vorbehaltenen
Akte einander schenken, keineswegs etwas rein Biologisches, sondern betrifft
den innersten Kern der menschlichen Person als solcher. Auf wahrhaft menschliche
Weise wird sie nur vollzogen, wenn sie in jene Liebe integriert ist, mit
der Mann und Frau sich bis zum Tod vorbehaltlos einander verpflichten.
Die leibliche Ganzhingabe wäre eine Lüge, wenn sie nicht Zeichen
und Frucht personaler Ganzhingabe wäre, welche die ganze Person, auch
in ihrer zeitlichen Dimension, miteinschließt. Wenn die Person sich
etwas vorbehielte, zum Beispiel die Möglichkeit, in Zukunft anders
zu entscheiden, so wäre schon dadurch ihre Hingabe nicht umfassend.
Die Ganzheit, wie sie die
eheliche Liebe verlangt, entspricht auch den Forderungen, wie sie sich
aus einer verantworteten Fruchtbarkeit ergeben. Auf die Zeugung eines Menschen
hingeordnet, überragt diese ihrer Natur nach die rein biologische
Sphäre und berührt ein Gefüge von personalen Werten, deren
harmonische Einfaltung den dauernden, einträchtigen Beitrag beider
Eltern verlangt.
Diese Hingabe ist in ihrer
ganzen Wahrheit einzig und allein im "Raum" der Ehe möglich, im Bund
ehelicher Liebe, auf dem Boden der bewußten und freien Entscheidung,
mit der Mann und Frau die innige, von Gott gewollte Lebens- und Liebesgemeinschaft
eingehen,23
die nur in diesem Licht ihren
wahren Sinn enthüllt. Die Ehe als Institution ist weder ein ungebührliches
Eingreifen der Gesellschaft oder der Autorität noch ein von außen
kommendes Auferlegen einer Form, sondern eine dem ehelichen Liebesbund
innewohnende Notwendigkeit, der sich dadurch der Öffentlichkeit als
etwas Einmaliges und Ausschließliches kundtut, damit so die Treue
zum Plan des Schöpfergottes voll verwirklicht wird. Eine solche Treue
beeinträchtigt keineswegs die Freiheit der Person, sondern schützt
sie vielmehr vor jedem Subjektivismus und Relativismus und läßt
sie an der schöpferischen Weisheit Gottes teilhaben.
Die Ehe und die Gemeinschaft
zwischen Gott und den Menschen
12. Die Liebesgemeinschaft
zwischen Gott und den Menschen, fundamentaler Inhalt der Offenbarung und
der Glaubenserfahrung Israels, kommt auf bedeutsame Weise im bräutlichen
Bündnis zwischen Mann und Frau zum Ausdruck.
Deshalb wird das im Mittelpunkt
der Offenbarung stehende Wort "Gott liebt sein Volk" auch in den persönlichen
Worten ausgesprochen, mit denen Mann und Frau einander ihre eheliche Liebe
konkret kundtun. Ihr Liebesband wird zum Abbild und Symbol des Bundes,
der Gott und sein Volk verbindet.24 Selbst
die Sünde, die den ehelichen Bund verletzen kann, wird zum Abbild
der Untreue des Volkes gegen seinen Gott: der Götzendienst ist Prostitution,25
die Untreue ist Ehebruch, der Ungehorsam gegen das Gesetz ist ein
Verrat an der bräutlichen Liebe des Herrn. Die Untreue Israels zerstört
jedoch nicht die ewige Treue des Herrn, und somit wird die immer treue
Liebe Gottes zum Vorbild für das Verhältnis treuer Liebe, das
zwischen den Eheleuten bestehen muß.26
Jesus Christus, der Bräutigam
der Kirche, und das Sakrament der Ehe
13. Die Gemeinschaft zwischen
Gott und den Menschen findet ihre endgültige Erfüllung in Jesus
Christus, dem liebenden Bräutigam, der sich hingibt als Erlöser
der Menschheit und sie als seinen Leib mit sich vereint.
Er offenbart die Urwahrheit
über die Ehe, die Wahrheit des "Anfangs" 27
und macht den Menschen fähig, sie vollends zu verwirklichen,
indem er ihn von seiner Herzenshärte befreit.
Diese Offenbarung gelangt
zur endgültigen Vollendung in der Liebesgabe, die das göttliche
Wort der Menschheit macht, indem es die menschliche Natur annimmt, und
im Opfer, mit dem Jesus Christus sich am Kreuz für seine Braut, die
Kirche, darbringt. In diesem Opfer wird der Plan vollständig enthüllt,
den Gott dem Menschsein des Mannes und der Frau seit ihrer Schöpfung
eingeprägt hat;28
die Ehe der Getauften
wird so zum Realsymbol des neuen und ewigen Bundes, der im Blut Christi
geschlossen wurde. Der Geist, den der Herr ausgießt, macht das Herz
neu und befähigt Mann und Frau, einander zu lieben, wie Christus uns
geliebt hat. Die eheliche Liebe erreicht dadurch jene Fülle, auf die
sie von innen her ausgerichtet ist, die übernatürliche Gattenliebe,
in welcher die Vermählten auf die ihnen eigene und spezifische Art
an der sich am Kreuz schenkenden Liebe Christi teilnehmen und sie zu leben
berufen sind.
An einer zu Recht berühmten
Stelle hat Tertullian die Größe und Schönheit dieses ehelichen
Lebens in Christus und seiner Kirche gut zum Ausdruck gebracht: "Wie vermag
ich das Glück jener Ehe zu schildern, die von der Kirche geeint, vom
Opfer gestärkt und vom Segen besiegelt ist, von den Engeln verkündet
und vom Vater anerkannt? ... Welches Joch: zwei Gläubige
mit einer Hoffnung, mit einem Verlangen, mit einer
Lebensform,
in einem Dienste; Kinder eines Vaters, Diener
eines
Herrn!
Keine Trennung im Geist, keine im Fleisch, sondern wahrhaft zwei in einem
Fleisch. Wo das Fleisch eines ist, dort ist auch der Geist eins." 29
In treuem Annehmen und Bedenken
des Wortes Gottes hat die Kirche feierlich gelehrt - und lehrt es heute
-, daß die Ehe zwischen Getauften eines der sieben Sakramente des
Neuen Bundes.30
Denn durch die Taufe wurden
Mann und Frau endgültig in den neuen und ewigen Bund, in den bräutlichen
Bund Christi mit seiner Kirche, hineingenommen, und aufgrund dieses unzerstörbaren
Hineingenommenseins wird die vom Schöpfer begründete innige Lebens-
und Liebesgemeinschaft der Ehe31 erhoben und
mit der bräutlichen Liebe Christi verbunden - bestärkt und bereichert
von seiner erlösenden Kraft.
Dank des sakramentalen Charakters
ihrer Ehe haben sich Mann und Frau auf zutiefst unlösbare Weise aneinander
gebunden. Ihr gegenseitiges Sichgehören macht die Beziehung Christi
zur Kirche sakramental gegenwärtig.
Die Eheleute sind daher für
die Kirche eine ständige Erinnerung an das, was am Kreuz geschehen
ist; sie sind füreinander und für die Kinder Zeugen des Heils,
an dem sie durch das Sakrament teilhaben. Wie jedes andere Sakrament ist
die Ehe Gedächtnis, Vollzug und Prophetie des Heilsgeschehens. "Als
Gedächtnis befähigt und verpflichtet sie das Sakrament, der Großtaten
Gottes eingedenk zu sein und für sie vor ihren Kindern Zeugnis abzulegen;
als Vollzug befähigt und verpflichtet es sie, einander und den Kindern
gegenüber im Jetzt zu verwirklichen, was eine verzeihende und erlösende
Liebe verlangt; als Prophetie befähigt und verpflichtet es sie, die
Hoffnung auf die künftige Begegnung mit Christus zu leben und zu bezeugen."
32
Wie jedes der sieben Sakramente,
so ist auch die Ehe ein Realsymbol des Heilsgeschehens, jedoch auf eigene
Weise. "Die Eheleute haben daran als Eheleute Anteil, zu zweit, als Paar
- so sehr, daß die erste und unmittelbare Wirkung der Ehe (res
et sacramentum) nicht die übernatürliche Gnade selbst ist,
sondern das christliche Eheband, eine Gemeinschaft zu zweit, die als Darstellung
des Geheimnisses der Menschwerdung Christi und seines Bundesgeheimnisses
spezifisch christlich ist. Auch der Inhalt dieser Teilhabe am Leben Christi
ist spezifischer Natur: Die eheliche Liebe hat etwas Totales an sich, das
alle Dimensionen der Person umfaßt; sie betrifft Leib und Instinkt,
die Kraft des Gefühls und der Affektivität, das Verlangen von
Geist und Willen; sie ist auf eine zutiefst personale Einheit hingeordnet,
die über das leibliche Einswerden hinaus dazu hinführt, ein Herz
und eine Seele zu werden; sie fordert Unauflöslichkeit und Treue in
der endgültigen gegenseitigen Hingabe und ist offen für die Fruchtbarkeit
(vgl. Enzyklika
Humanae vitae, 9). In einem Wort, es handelt sich
um die normalen Merkmale jeder natürlichen ehelichen Liebe, jedoch
mit einem neuen Bedeutungsgehalt, der sie nicht nur läutert und festigt,
sondern so hoch erhebt, daß sie Ausdruck spezifisch christlicher
Werte werden."
33
Die Kinder, kostbarstes
Gut der Ehe
14. Dem Plan Gottes entsprechend
ist die Ehe die Grundlage der größeren Gemeinschaft der Familie,
sind doch die Ehe als Institution und die eheliche Liebe auf die Zeugung
und Erziehung von Kindern hingeordnet und finden darin ihre Krönung.34
In ihrer tiefsten Wirklichkeit
ist die Liebe wesenhaft Gabe, und wenn die eheliche Liebe die Gatten zum
gegenseitigen "Erkennen" führt und zu "einem Fleisch" 35
macht, erschöpft sie sich nicht in der Gemeinschaft der beiden,
sondern befähigt sie zum größtmöglichen Geben, zum
Schenken des Lebens an eine neue menschliche Person, wodurch sie zu Mitarbeitern
Gottes werden. Während sich die Eheleute einander schenken, schenken
sie über sich selbst hinaus die Wirklichkeit des Kindes: lebender
Widerschein ihrer Liebe, bleibendes Zeichen ihrer ehelichen Gemeinschaft,
lebendige und unauflösliche Einheit ihres Vater- und Mutterseins.
Als Eltern empfangen die
Eheleute von Gott die Gabe einer neuen Verantwortung. Ihre elterliche Liebe
ist dazu berufen, für die Kinder zum sichtbaren Zeichen der Liebe
Gottes selbst zu werden, "von der jede Vaterschaft im Himmel und auf Erden
ihren Namen hat".36
Man darf jedoch nicht vergessen,
daß das eheliche Leben auch dann nicht seinen Wert verliert, wenn
die Zeugung neuen Lebens nicht möglich ist. Die leibliche Unfruchtbarkeit
kann den Gatten Anlaß zu anderen wichtigen Diensten am menschlichen
Leben sein, wie Adoption, verschiedene Formen erzieherischer Tätigkeit,
Hilfe für andere Familien, für arme oder behinderte Kinder.
Die Familie, Gemeinschaft
von Personen
15. In Ehe und Familie bilden
sich vielfältige interpersonale Beziehungen heraus - die bräutliche,
die väterliche und mütterliche, die kindliche, die geschwisterliche
-, durch die jede menschliche Person in die "Familie der Menschheit" und
die "Familie Gottes", die Kirche, eingeführt wird.
Christliche Ehe und Familie
bauen die Kirche auf: wird doch die menschliche Person in der Familie nicht
nur gezeugt und durch die Erziehung allmählich in die menschliche
Gemeinschaft eingeführt, sondern durch die Neugeburt in der Taufe
und die Glaubenserziehung auch eingeführt in die Familie Gottes, die
Kirche.
Die von der Sünde entzweite
Menschheitsfamilie wird durch die erlösende Kraft von Christi Tod
und Auferstehung in ihrer Einheit wiederhergestellt.37
Die christliche Ehe hat an der heilbringenden Wirkung dieses Ereignisses
Anteil und ist der natürliche Ort, wo sich die Eingliederung der menschlichen
Person in die große Familie der Kirche vollzieht.
Der im Anfang an Mann und
Frau gerichtete Auftrag, zu wachsen und sich zu vermehren, erreicht auf
diese Art seine ganze Wahrheit und seine volle Verwirklichung.
Die Kirche findet so in der
aus dem Sakrament geborenen Familie ihre Wiege und den Ort, wo sie sich
den Generationen der Menschheit und diese mit sich verbindet.
Ehe und Jungfräulichkeit
16. Die Jungfräulichkeit
und die Ehelosigkeit für das Reich Gottes stehen in keinerlei Widerspruch
zum hohen Wert der Ehe, sondern setzen ihn voraus und bekräftigen
ihn. Ehe und Jungfräulichkeit sind die beiden Weisen, das eine Geheimnis
des Bundes zwischen Gott und seinem Volk darzustellen und zu leben. Ohne
Achtung für die Ehe kann es auch keine gottgeweihte Jungfräulichkeit
geben; wenn die menschliche Sexualität nicht als ein hoher, vom Schöpfer
geschenkter Wert betrachtet wird, verliert auch der um des Himmelreiches
willen geleistete Verzicht auf sie seine Bedeutung.
Der heilige Johannes Chrysostomus
sagt sehr richtig: "Wer die Ehe abwertet, schmälert auch den Glanz
der Jungfräulichkeit; wer sie hingegen preist, hebt deren Bewunderungswürdigkeit
mehr hervor und macht sie leuchtender. Was nämlich nur durch den Vergleich
mit Schlechterem gut erscheint, dürfte kaum besonders gut sein; was
jedoch, verglichen mit anerkannt Gutem, noch besser ist, das ist im Übermaß
gut." 38
In der Jungfräulichkeit
steht der Mensch - auch leiblich - in der Erwartung der eschatologischen
Hochzeit Christi mit der Kirche; er schenkt sich ganz der Kirche und hofft,
daß Christus sich der Kirche schenken wird - in der vollen Wahrheit
des ewigen Lebens. Der jungfräuliche Mensch nimmt so in seinem Fleisch
die neue Welt der kommenden Auferstehung vorweg.39
Kraft dieses Zeugnisses hält
die Jungfräulichkeit in der Kirche das Bewußtsein für das
Mysterium der Ehe wach und verteidigt es vor jeder Verkürzung und
jeder Verarmung.
Indem sie das Herz des Menschen
auf besondere Art freimacht40
und "es so zu
größerer Liebe zu Gott und zu allen Menschen entzündet",41
bezeugt die Jungfräulichkeit, daß das Reich Gottes und
seine Gerechtigkeit die kostbare Perle ist, welche verdient, jedem anderen,
selbst hohen Wert vorgezogen, ja als einziger endgültiger Wert gesucht
zu werden. Deshalb hat die Kirche im Lauf ihrer Geschichte immer die Erhabenheit
dieses Charismas über das der Ehe verteidigt, eben aufgrund seiner
ganz einzigartigen Verbindung mit dem Reich Gottes.42
In seinem Verzicht auf leibliche
Fruchtbarkeit wird der jungfräuliche Mensch geistlich fruchtbar, wird
Vater oder Mutter vieler, hilft mit bei der Verwirklichung der Familie
nach dem Plan Gottes.
Die christlichen Eheleute
haben daher das Recht, sich von den jungfräulichen Menschen das gute
Beispiel und das Zeugnis der Treue zu ihrer Berufung bis zum Tod zu erwarten.
Ebenso wie für die Eheleute die Treue manchmal schwierig wird und
Opfer, Abtötung und Selbstverleugnung verlangt, so kann dies auch
für die jungfräulich Lebenden zutreffen. Die Treue der letzteren,
auch in eventueller Prüfung, muß der Treue der ersteren dienen.43
Diese Überlegungen zur
Jungfräulichkeit können auch jenen zur Erleuchtung und zur Hilfe
werden, die gegen ihren Willen auf die Ehe verzichten mußten und
dann ihre Situation im Geist des Dienens bejaht haben.
Dritter
Teil
Die
Aufgaben der christlichen Familie
Familie, werde, was du
bist!
17. Im Plan Gottes, des Schöpfers
und Erlösers, findet die Familie nicht nur ihre "Identität",
das, was sie "ist", sondern auch ihre "Sendung", das, was sie "tun" kann
und muß. Die Aufgaben, zu deren Erfüllung in der Geschichte
die Familie von Gott berufen ist, ergeben sich aus ihrem eigenen Wesen
und stellen dessen dynamische und existentielle Entfaltung dar. Jede Familie
entdeckt und findet in sich selbst den unüberhörbaren Appell,
der gleichzeitig ihre Würde und ihre Verantwortung angibt: Familie,
"werde", was du "bist" ! Es ist also für die Familie eine Notwendigkeit,
auf den "Anfang" des göttlichen Schöpfungsaktes zurückzugehen,
wenn sie nicht nur ihr Wesen, sondern auch ihr geschichtliches Handeln
in seiner inneren Wahrheit erkennen und verwirklichen will. Und da die
Familie nach Gottes Plan als "innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe"
gegründet ist,44 hat sie die Sendung,
immer mehr das zu werden, was sie ist, also Gemeinschaft des Lebens und
der Liebe - in einer Spannung, die wie bei jeder geschaffenen und erlösten
Wirklichkeit ihre Erfüllung im Reich Gottes finden wird. In einer
Perspektive sodann, welche die Grundlagen dieser Wirklichkeit voll einbezieht,
muß man sagen, daß das Wesen und die Aufgaben der Familie letztlich
von der Liebe her bestimmt sind. Deshalb empfängt die Familie die
Sendung, die Liebe zu hüten, zu offenbaren und mitzuteilen als
lebendigen Widerschein und wirkliche Teilhabe an der Liebe Gottes zu
den Menschen und an der Liebe Christi, unseres Herrn, zu seiner Braut der
Kirche.
Die besonderen Aufgaben der
Familie sind alle Ausdruck und konkrete Verwirklichung dieser grundlegenden
Sendung. Man muß sich also tiefer in den einzigartigen Reichtum der
Sendung der Familie versenken und seine mannigfachen und doch zusammengehörigen
Inhalte ausloten.
In diesem Sinn - von der
Liebe ausgehend und in ständiger Bezugnahme auf sie - hat die jüngste
Synode vier allgemeine Aufgaben der Familie hervorgehoben:
1) die Bildung einer Gemeinschaft
von Personen,
2) den Dienst am Leben,
3) die Teilnahme an der
Entwicklung der Gesellschaft,
4) die Teilnahme an Leben
und Sendung der Kirche.
I. Die Bildung einer Gemeinschaft
von Personen
Die Liebe, Grundlage und
Kraft der Gemeinschaft
18. Die von der Liebe begründete
und beseelte Familie ist eine Gemeinschaft von Personen: des Ehemanns und
der Ehefrau, der Eltern und der Kinder, der Verwandten. Ihre erste Aufgabe
ist es, die Wirklichkeit ihrer Einheit treu zu leben in dem ständigen
Bemühen, eine echte Gemeinschaft von Personen zu bilden.
Die innere Grundlage, die
ständige Kraft und das letzte Ziel dieser Aufgabe ist die Liebe: Wie
ohne die Liebe die Familie keine Gemeinschaft von Personen ist, so kann
ohne die Liebe die Familie nicht als Gemeinschaft von Personen leben, wachsen
und sich vervollkommnen.
Was ich in der Enzyklika Redemptor hominis
geschrieben habe, findet seine ursprüngliche und vorzügliche
Anwendung gerade in der Familie als solcher: "Der Mensch kann nicht ohne
Liebe leben. Er bleibt für sich selbst ein unbegreifliches Wesen;
sein Leben ist ohne Sinn, wenn ihm nicht die Liebe geoffenbart wird, wenn
er nicht der Liebe begegnet, wenn er sie nicht erfährt und sich zu
eigen macht, wenn er nicht lebendigen Anteil an ihr erhält." 45
Die Liebe zwischen Mann und
Frau in der Ehe und, in abgeleiteter und erweiterter Form, die Liebe zwischen
den Mitgliedern der gleichen Familie - zwischen Eltern und Kindern, Brüdern
und Schwestern, Verwandten und Hausgenossen - ist von einer inneren und
bleibenden Dynamik beseelt und getragen, die die Familie zu einer immer
tieferen und intensiveren
Einheit führt, der Grundlage und
Seele der Ehe- und Familien-Gemeinschaft.
Die unzertrennliche Einheit
der Ehegemeinschaft
19. Die erste Gemeinschaft
ist die, die sich zwischen den Eheleuten bildet und entwickelt: Kraft des
ehelichen Liebesbundes sind Mann und Frau "nicht mehr zwei, sondern eins"
46 und berufen, in ihrer Einheit ständig
zu wachsen durch die Treue, mit der sie täglich zu ihrem Eheversprechen
gegenseitiger Ganzhingabe stehen.
Die Ehegemeinschaft wurzelt
in der natürlichen Ergänzung von Mann und Frau und lebt aus dem
persönlichen Willen der Gatten, ihr ganzes Leben zu teilen, das, was
sie haben und das, was sie sind. Deshalb ist eine solche Gemeinschaft die
Frucht und das Zeichen eines tief menschlichen Anspruchs. Aber in Christus,
dem Herrn, sagt Gott ja zu diesem menschlichen Anspruch, bestätigt,
läutert und erhebt ihn und führt ihn durch das Ehesakrament zur
Vollendung: Der in der sakramentalen Eheschließung geschenkte Heilige
Geist eröffnet den christlichen Ehegatten eine neue Gemeinschaft,
eine Liebesgemeinschaft, die lebendiges und wirkliches Bild jener einzigartigen
Einheit ist, die die Kirche zum unteilbaren Mystischen Leib des Herrn Jesus
Christus macht.
Das Geschenk des Geistes
ist für die christlichen Ehegatten ein Lebensgebot und zugleich ein
Antrieb, täglich zu einer immer reicheren Verbindung miteinander auf
allen Ebenen fortzuschreiten - einer Verbindung der Körper, der Charaktere,
der Herzen, der Gedanken, der Wünsche, der Seelen47
-
und so der Kirche und der Welt die neue Gemeinschaft der Liebe zu offenbaren,
die durch die Gnade Christi geschenkt wird.
Einer solchen Gemeinschaft
widerspricht radikal die Polygamie: Sie leugnet in direkter Weise den Plan
Gottes, wie er am Anfang offenbart wurde; denn sie widerspricht der gleichen
personalen Würde von Mann und Frau, die sich in der Ehe mit einer
Liebe schenken, die total und eben deshalb einzig und ausschließlich
ist. Das II. Vatikanische Konzil sagt das mit den Worten: "Wenn wirklich
durch die gegenseitige und bedingungslose Liebe die gleiche personale Würde
sowohl der Frau wie des Mannes anerkannt wird, wird auch die vom Herrn
bestätigte Einheit der Ehe deutlich."
48
Eine unauflösliche
Gemeinschaft
20. Charakteristisch für
die Ehegemeinschaft ist nicht nur ihre Einheit, sondern auch ihre Unauflöslichkeit:
"Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen
wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten
und fordern ihre unauflösliche Einheit." 49
Es ist eine Grundpflicht
der Kirche, mit Nachdruck - wie es die Väter der Synode getan haben
- die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe erneut zu betonen. Denen,
die es in unseren Tagen für schwierig oder geradezu unmöglich
halten, sich für das ganze Leben an einen Menschen zu binden, und
denen, die sich von einer kulturellen Strömung mitreißen lassen,
die die Unauflöslichkeit der Ehe ablehnt und die Verpflichtung der
Gatten zur Treue offen verlacht, muß sie die Frohbotschaft von der
Endgültigkeit jener ehelichen Liebe einprägen, die ihr Fundament
und ihre Kraft in Jesus Christus hat.50
Verwurzelt in der personalen
Ganzhingabe der Ehegatten und vom Wohl der Kinder gefordert, findet die
Unauflöslichkeit der Ehe ihre letzte Wahrheit in dem Plan, den Gott
in seiner Offenbarung kundgetan hat: Er will und schenkt die Unauflöslichkeit
der Ehe als Frucht, Zeichen und Anspruch der absolut treuen Liebe, die
Gott dem Menschen, die Christus seiner Kirche entgegenbringt.
Christus erneuert den Plan,
den der Schöpfer am Anfang in das Herz von Mann und Frau eingeschrieben
hat, und schenkt in der Feier des Ehesakraments ein "neues Herz". So können
die Ehegatten nicht nur die "Härte des Herzens"
51
überwinden, sondern auch und vor allem die volle und endgültige
Liebe Christi mitvollziehen, der als Gottmensch den neuen und ewigen Bund
verkörpert. Wie der Herr Jesus Christus der "treue Zeuge" ist52
und das "Ja" der Verheißung Gottes,53
also die höchste Verwirklichung der unbedingten Treue, mit der Gott
sein Volk liebt, so sind die christlichen Ehegatten berufen, wirklich teilzuhaben
an der unwiderruflichen Unauflöslichkeit, welche Christus an seine
Braut, die Kirche, bindet, die er geliebt hat bis zur Vollendung.54
Das Geschenk des Sakraments ist für die christlichen Ehegatten zugleich
Berufung und Gebot, einander über alle Prüfungen und Schwierigkeiten
hinweg für immer treu zu bleiben, in hochherzigem Gehorsam gegen den
heiligen Willen des Herrn: "Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch
nicht trennen." 55
Den unschätzbaren Wert
der Unauflöslichkeit und der ehelichen Treue zu bezeugen, ist eine
der wichtigsten und dringendsten Pflichten der christlichen Ehepaare in
unserer Zeit. Deshalb lobe und ermutige ich, zusammen mit den Mitbrüdern,
die an der Bischofssynode teilnahmen, jene zahllosen Ehepaare, die auch
unter erheblichen Schwierigkeiten das Gut der Unauflöslichkeit bewahren
und entfalten: Sie erfüllen so in schlichter und mutiger Weise die
ihnen anvertraute Aufgabe, in der Welt ein "Zeichen" zu sein - ein kleines
und wertvolles Zeichen, das manchmal Versuchungen ausgesetzt ist und doch
immer wieder erneuert wird - für die unerschütterliche Treue,
mit der Gott in Jesus Christus alle Menschen und jeden Menschen liebt.
Aber auch der Wert des Zeugnisses jener Ehegatten muß Anerkennung
finden, die, obwohl sie vom Partner verlassen wurden, in der Kraft des
Glaubens und der christlichen Hoffnung keine neue Verbindung eingegangen
sind. Auch diese Ehegatten geben ein authentisches Zeugnis der Treue, dessen
die Welt von heute sehr bedarf. Die Hirten und Gläubigen der Kirche
schulden ihnen Ermutigung und Hilfe.
Die größere
Gemeinschaft der Familie
21. Die Ehegemeinschaft bildet
das Fundament, auf dem die größere Gemeinschaft der Familie
sich aufbaut, der Eltern und Kinder, der Brüder und Schwestern, der
Verwandten und sonstigen Hausgenossen.
Diese Gemeinschaft wurzelt
in den natürlichen Banden von Fleisch und Blut und entfaltet sich,
wobei sie ihre eigentlich menschliche Vollendung im Entstehen und Reifen
der noch tieferen und reicheren Bande des Geistes findet. Die Liebe, die
die zwischenmenschlichen Beziehungen der verschiedenen Familienmitglieder
beseelt, stellt die innere Kraft dar, welche die familiäre Einheit
und Gemeinschaft gestaltet und lebendig macht.
Die christliche Familie ist
sodann berufen, die Erfahrung einer neuen und eigenen Einheit zu machen,
welche die natürliche und menschliche bestätigt und vervollkommnet.
Ist doch die Gnade Jesu Christi, "des Erstgeborenen unter vielen Brüdern",56
durch ihre Natur und innere Dynamik eine "Gnade der Brüderlichkeit",
wie sie der heilige Thomas von Aquin nennt.57 Der
im Sakrament ausgegossene Heilige Geist ist die lebendige Wurzel und die
unerschöpfliche Nahrung der übernatürlichen Gemeinschaft,
die die Gläubigen versammelt und mit Christus und untereinander in
der Einheit der Kirche Gottes verbindet. Eine spezifische Darstellung und
Verwirklichung dieser kirchlichen Gemeinschaft ist die christliche Familie,
die deshalb auch "Hauskirche" genannt werden kann und muß." 58
Alle Mitglieder der Familie
haben, jedes nach seinen eigenen Gaben, die Gnade und die Verantwortung,
täglich personale Gemeinschaft aufzubauen und dabei aus der Familie
eine "Schule reich entfalteter Humanität" zu machen.59
Das geschieht durch die sorgende Liebe zu den Kleinen, den Kranken und
den Alten, durch den täglichen gegenseitigen Dienst, durch das Teilen
der Güter, der Freuden und der Leiden.
Ein grundlegendes Element
zum Aufbau einer solchen Gemeinschaft bildet der erzieherische Austausch
zwischen Eltern und Kindern,60 bei dem jeder
gibt und empfängt. Durch die Liebe, die Achtung, den Gehorsam gegen
die Eltern leisten die Kinder ihren spezifischen und unersetzlichen Beitrag
zum Aufbau einer recht menschlichen und christlichen Famihe.61
Das
wird ihnen leichter gemacht, wenn die Eltern ihre unverzichtbare Autorität
als einen wirklichen und echten "Dienst" ausüben, der auf das menschliche
und christliche Wohl der Kinder ausgerichtet ist, im besonderen darauf,
daß diese eine wahrhaft verantwortliche Freiheit gewinnen, und wenn
in den Eltern das Bewußtsein des "Geschenks" lebendig bleibt, das
ihnen ständig in den Kindern zuteil wird.
Die Familiengemeinschaft
kann nur mit großem Opfergeist bewahrt und vervollkommnet werden.
Sie verlangt in der Tat eine hochherzige Bereitschaft aller und jedes einzelnen
zum Verstehen, zur Toleranz, zum Verzeihen, zur Versöhnung. Jede Familie
weiß, wie Ichsucht, Zwietracht, Spannungen und Konflikte ihre Gemeinschaft
schwer verletzen und manchmal tödlich treffen: daher die vielfachen
und mannigfaltigen Formen von Spaltung im Familienleben. Aber gleichzeitig
ist jede Familie immer vom Gott des Friedens gerufen, die frohe und erneuernde
Erfahrung der "Versöhnung" zu machen, der wiederhergestellten Gemeinschaft,
der wiedergefundenen Einheit. Im besonderen der Empfang des Bußsakraments
und die Teilnahme am Mahl des einen Leibes Christi schenkt der christlichen
Familie die Gnade und die Verantwortung, alle Spaltungen zu überwinden
und auf die volle Wirklichkeit der von Gott gewollten Gemeinschaft zuzugehen
und so dem innigen Wunsch des Herrn zu entsprechen, daß "alle eins
seien".62
Rechte und Pflichten der
Frau
22. Insoweit die Familie
eine Einheit und Gemeinschaft von Personen ist und immer mehr werden muß,
findet sie in der Liebe die Quelle und den andauernden Antrieb, jedes ihrer
Mitglieder in seiner hohen Würde als Person, als lebendiges Abbild
Gottes anzunehmen, zu respektieren und zu fördern. Wie die Väter
der Synode mit Recht betonten, besteht das sittliche Kriterium für
die Echtheit der ehelichen und familiären Beziehungen in der Förderung
der Würde und Berufung der einzelnen Personen, die sich in vollkommener
Weise finden, wenn sie sich selbstlos hingeben.63
Unter dieser Rücksicht
wollte die Synode der Frau, ihren Rechten und Pflichten in Familie und
Gesellschaft, bevorzugte Aufmerksamkeit schenken. In derselben Weise sind
auch der Mann als Gatte und Vater, das Kind und die Alten zu betrachten.
Für die Frau ist vor
allem zu betonen, daß sie die gleiche Würde und Verantwortung
wie der Mann besitzt: Diese Gleichwertigkeit kommt in einzigartiger Weise
zur Geltung in der gegenseitigen Selbsthingabe an den andern und in der
gemeinsamen Hingabe an die Kinder, wie sie der Ehe und Familie eigen ist.
Was die menschliche Vernunft schon erkennt und anerkennt, wird vom Wort
Gottes in der Heilsgeschichte voll enthüllt: Diese ist in der Tat
ein durchgehendes, leuchtendes Zeugnis für die Würde der Frau.
Indem Gott den Menschen "als
Mann und Frau" erschuf,64
schenkte er dem
Mann und der Frau in gleicher Weise personale Würde und gab ihnen
jene unveräußerlichen Rechte und Verantwortlichkeiten, die der
menschlichen Person zukommen. Sodann offenbarte Gott in der höchsten
Form, die möglich ist, die Würde der Frau, indem er selbst von
der Jungfrau Maria Fleisch annahm, sie die neue Eva nennen ließ und
zum Urbild der erlösten Frau machte. Die hohe Achtung Jesu gegenüber
den Frauen, die er in seine Gefolgschaft und seine Freundschaft berief,
die Tatsache, daß er am Ostermorgen vor allen anderen Jüngern
einer Frau erschien, der Auftrag, den er den Frauen gab, die frohe Botschaft
von der Auferstehung den Aposteln zu bringen, das alles bezeugt die besondere
Hochschätzung des Herrn Jesus Christus für die Frau. Der Apostel
Paulus schreibt: "Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in
Christus Jesus (...) Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven
und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus
Jesus." 65
Frau und Gesellschaft
23. Ohne jetzt in die Behandlung
der verschiedenen Aspekte des weiten Komplexes der Beziehungen von Frau
und Gesellschaft einzutreten und die Beschränkung auf einige wichtige
Punkte aufzugeben, muß unbedingt darauf hingewiesen werden, daß
im spezifisch familiären Raum eine weitverbreitete gesellschaftliche
und kulturelle Tradition der Frau nur die Aufgaben der Ehefrau und Mutter
zuordnen wollte, ohne ihr die im allgemeinen dem Mann vorbehaltenen öffentlichen
Aufgaben in angemessener Weise zugänglich zu machen.
Zweifellos rechtfertigen
die gleiche Würde und Verantwortlichkeit von Mann und Frau voll den
Zugang der Frau zu öffentlichen Aufgaben. Anderseits verlangt die
wirkliche Förderung der Frau auch, daß der Wert ihrer mütterlichen
und familiären Aufgabe im Vergleich mit allen öffentlichen Aufgaben
und allen anderen Berufen klare Anerkennung finde. Übrigens müssen
solche Aufgaben und Berufe sich gegenseitig integrieren, soll die gesellschaftliche
und kulturelle Entwicklung wahrhaft und voll menschlich sein.
Das wird leichter möglich
sein, wenn, wie es die Synode erhofft, eine erneuerte "Theologie der Arbeit"
die Bedeutung der Arbeit im christlichen Leben ins Licht stellen und vertiefen
sowie die fundamentale Verbindung von Arbeit und Familie darlegen wird
und somit die eigene und unersetzliche Bedeutung der Hausarbeit und der
Kindererziehung.66
Inzwischen kann und muß
die Kirche der gegenwärtigen Gesellschaft helfen, indem sie unermüdlich
fordert, daß die Arbeit der Frau im Haus in ihrem unersetzlichen
Wert von allen anerkannt und geschätzt wird. Von besonderer Wichtigkeit
ist, daß dies in der Erziehungsarbeit Berücksichtigung findet
- wird doch die mögliche Diskriminierung unter den verschiedenen Arbeiten
und Berufen von der Wurzel her verhindert, sobald klar ist, daß sich
alle auf allen Gebieten mit gleichem Recht und gleicher Verantwortung engagieren.
So wird das Bild Gottes im Mann und in der Frau strahlender erscheinen.
Wenn man - wie den Männern
- auch den Frauen das Recht zur Übernahme der verschiedenen öffentlichen
Aufgaben zugesteht, muß aber die Struktur der Gesellschaft so sein,
daß die Ehefrauen und die Mütter nicht praktisch gezwungen
sind, außer Haus zu arbeiten, und daß ihre Familien angemessen
leben und gedeihen können, auch wenn sie sich ganz der eigenen Familie
widmen.
Man muß darüber
hinaus die Einstellung überwinden, nach der sich das Ansehen der Frau
eher aus der Arbeit draußen als aus der Tätigkeit in der Familie
ergibt. Das verlangt aber, daß die Männer die Frau in voller
Achtung ihrer personalen Würde wahrhaft schätzen und lieben und
daß die Gesellschaft die geeigneten Bedingungen für die häusliche
Arbeit schafft und entwickelt.
Die Kirche muß mit
der schuldigen Achtung für die verschiedene Berufung von Mann und
Frau im Maß des Möglichen in ihrem eigenen Leben die Gleichheit
der Rechte und der Würde von Mann und Frau fördern, und das zum
Wohl aller: der Familie, der Gesellschaft und der Kirche.
Es ist aber klar, daß
dies alles für die Frau nicht den Verzicht auf ihre Fraulichkeit noch
die Nachahmung des Männlichen bedeutet, sondern die Fülle der
wahren fraulichen Menschlichkeit, wie sie sich innerhalb wie außerhalb
der Familie in ihrem Tun ausdrücken muß, wobei übrigens
die Verschiedenartigkeit der Bräuche und Kulturen auf diesem Gebiet
zu beachten ist.
Verletzungen der Würde
der Frau
24. Leider widerspricht der
christlichen Botschaft von der Würde der Frau jene beharrliche Einstellung,
die den Menschen nicht als Person, sondern als Sache betrachtet, als Objekt,
das zu kaufen und zu verkaufen ist - im Dienst egoistischen Interesses
und bloßen Vergnügens: das erste Opfer dieser Einstellung ist
die Frau.
Bittere Früchte solcher
Mentalität sind die Herabwürdigung von Mann und Frau, die Sklaverei,
die Unterdrückung der Schwachen, die Pornographie, die Prostitution
- vor allem in ihrer organisierten Form - und alle Arten von Diskriminierung,
zum Beispiel im Bereich der Erziehung, des Berufs und des Arbeitslohns.
Darüber hinaus gibt
es in einem großen Teil unserer Gesellschaft auch heute noch viele
Formen demütigender Diskriminierung, die einige Gruppen von Frauen
schwer treffen und beleidigen, z.B. die kinderlosen Ehefrauen, die Witwen,
die Getrennten, die Geschiedenen und die unverheirateten Mütter. Diese
und andere Diskriminierungen wurden von den Synodalen mit allem Nachdruck
beklagt. Ich bitte deshalb alle, durch einen stärkeren und gezielteren
spezifischen pastoralen Einsatz in dieser Richtung für ihre endgültige
Beseitigung zu wirken, damit das Bild Gottes, das in allen Menschen ausnahmslos
widerstrahlt, seine volle Würdigung findet.
Der Mann als Ehegatte
und Vater
25. In der Ehe- und
Familiengemeinschaft ist der Mann dazu berufen, seine Gabe und Aufgabe
als Ehegatte und Vater zu leben.
In der Ehefrau sieht er die
Erfüllung des göttlichen Plans: "Es ist nicht gut, daß
der Mensch allein bleibe. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht",67
und er macht sich den Anruf Adams, des ersten Gatten, zu eigen: "Das
endlich ist Fleisch von meinem Fleisch und Gebein von meinem Gebein." 68
Die echte eheliche Liebe
setzt voraus und fordert, daß der Mann hohe Achtung vor der gleichen
Würde der Frau habe: "Du bist nicht ihr Herr", schreibt der heilige
Ambrosius, "sondern ihr Mann; sie ist dir nicht zur Sklavin gegeben, sondern
zur Gattin ... Erwidere ihre Aufmerksamkeiten gegen dich und sei ihr dankbar
für ihre Liebe."
69
Mit seiner Gattin
muß der Mann eine "ganz besondere Form personaler Freundschaft" leben.70
Als Christ ist er sodann berufen, eine neue Haltung der Liebe zu entwickeln
und seiner Gattin jene zarte und kraftvolle übernatürliche Liebe
zu erweisen, die Christus zu seiner Kirche hat.71
Die Liebe zu einer Frau in
ihrer Mutterschaft und die Liebe zu den Kindern sind für den Mann
der natürliche Weg, um seine Vaterschaft zu begreifen und zu verwirklichen.
Vor allem da, wo die gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse
den Mann leicht zu einer gewissen Vernachlässigung der Familie oder
jedenfalls zu einer geringeren Präsenz in der Erziehungsarbeit veranlassen,
muß man sich darum bemühen, im gesellschaftlichen Raum wieder
die Überzeugung zu wecken, daß der Platz und die Aufgabe des
Vaters in der Familie und für sie von einzigartiger und unersetzlicher
Bedeutung sind.72 Wie die Erfahrung lehrt,
ruft die Abwesenheit des Vaters in der Familie seelische und moralische
Störungen und merkliche Schwierigkeiten in den familiären Beziehungen
hervor; dasselbe geschieht in dem entgegengesetzten Fall einer erdrückenden
Anwesenheit des Vaters, vor allem da, wo noch das Phänomen des "macismo"
besteht, der Anmaßung männlicher Vorrechte, die die Frau erniedrigen
und die Entwicklung gesunder Familienbeziehungen verhindern.
Weil der Mann die Vaterschaft
Gottes selbst73 auf Erden sichtbar macht und
nachvollzieht, ist er berufen, die gleichmäßige Entwicklung
aller Mitglieder der Familie zu gewährleisten. Dieser Aufgabe wird
er entsprechen durch ritterlichen Verantwortungssinn für das unter
dem Herzen der Mutter empfangene Leben, durch ein bewußteres Miterziehen,74
durch eine Arbeit, die den festen Zusammenhalt der Familie nicht beeinträchtigt,
sondern fördert durch ein gelebtes Zeugnis als erwachsener Christ,
das die Kinder auf wirksamste Weise in die lebendige Erfahrung Christi
und der Kirche einführt.
Die Rechte des Kindes
26. In der Familie als einer
Gemeinschaft von Personen muß dem Kind ganz besondere Aufmerksamkeit
geschenkt werden, in tiefem Gespür für seine personale Würde,
in großer Achtung und selbstlosem Dienst für seine Rechte. Das
gilt für jedes Kind, gewinnt aber eine besondere Dringlichkeit, wenn
das Kind noch klein und hilflos ist, krank, leidend oder behindert.
Indem die Kirche für
jedes Kind, das auf die Welt kommt, eine einfühlende und tatkräftige
Sorge zu wecken und zu leben sucht, erfüllt sie eine für sie
grundlegende Aufgabe: ist sie doch berufen, in der Geschichte das Beispiel
und Gebot Christi kundzutun und immer neu in Erinnerung zu bringen, der
das Kind in die Mitte des Gottesreiches stellen wollte: "Laßt die
Kinder zu mir kommen ... Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich."
75
Ich wiederhole hier, was
ich am 2. Oktober 1979 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen gesagt
habe: "Ich möchte ... der Freude Ausdruck geben, die für jeden
von uns die Kinder bedeuten, der Frühling des Lebens, der Anfang der
zukünftigen Geschichte eines jeden hier vertretenen Vaterlandes. Kein
Land der Welt, kein politisches System kann anders an seine eigene Zukunft
denken als mit dem Blick auf diese neuen Generationen, die von ihren Eltern
das vielfältige Erbe an Werten, Verpflichtungen und Hoffnungen der
Nation, der sie angehören, zusammen mit dem Erbe der gesamten Menschheitsfamilie
übernehmen. An der Sorge für das Kind noch vor seiner Geburt,
vom ersten Augenblick seiner Empfängnis an, und dann in den Jahren
der Kindheit und der Jugendzeit erkennt man zuerst und grundlegend das
Verhältnis des Menschen zum Menschen. Was könnte man also einer
Nation und der ganzen Menschheit sowie allen Kindern der Welt Besseres
wünschen als jene schönere Zukunft, in der die Achtung der Menschenrechte
voll und ganz zur Wirklichkeit wird nach den Maßstäben des herannahenden
Jahres 2000?" 76
Annahme, Liebe, Wertschätzung,
vielfältige und gemeinsame - materielle, affektive, erzieherische,
spirituelle - Hilfen für jedes Kind, das in diese Welt kommt, müssen
immer ein unverzichtbares Kennzeichen der Christen sein, im besonderen
der christlichen Familien. So können die Kinder heranwachsen und zunehmen
an Weisheit und Gefallen finden bei Gott und den Menschen77
und werden ihren wertvollen Beitrag zum Aufbau der Familiengemeinschaft
und zur Heiligung der Eltern leisten.78
Die alten Menschen in
der Familie
27. Es gibt Kulturen, die
eine besondere Verehrung und eine große Liebe gegenüber dem
alten Menschen zeigen. Weit davon entfernt, aus der Familie gewiesen oder
als unnütze Last ertragen zu werden, bleibt der alte Mensch in das
Familienleben einbezogen, nimmt weiter aktiv und verantwortlich daran teil,
wenn er auch die Selbständigkeit der neuen Familie respektieren muß;
vor allem aber kommt ihm die wertvolle Aufgabe eines Zeugen der Vergangenheit
und eines Lehrers der Weisheit für die Jüngeren und deren Zukunft
zu.
Andere Kulturen hingegen
haben, vor allem infolge einer ungeordneten industriellen und städtebaulichen
Entwicklung, die alten Menschen in unannehmbarer Weise an den Rand gedrückt
und tun es weiter, was Anlaß bitteren Leids für die Betroffenen
und geistiger Verarmung für so viele Familien bietet.
Die Pastoralarbeit der Kirche
muß also alle anregen, die Aufgaben der Alten in der bürgerlichen
und kirchlichen Gemeinschaft und vor allem in der Familie wiederzuentdecken
und fruchtbar zu machen. In der Tat, "das Leben der alten Menschen hilft
uns, Licht auf die Stufenleiter der christlichen Werte zu werfen; es zeigt
die Kontinuität der Generationen und beweist auf wunderbare Weise
die wechselseitige Abhängigkeit im Gottesvolk. Die Alten haben oft
das Charisma, Barrieren zwischen den Generationen zu überbrücken,
ehe sie entstehen. Wie viele Kinder haben Verständnis und Liebe in
den Augen der Alten gefunden, in ihren Worten und ihren Zärtlichkeiten!
Und wie viele alte Menschen haben von Herzen das inspirierte Wort aus der
Bibel unterschrieben: ,Eine Krone der Alten sind die Kinder ihrer Kinder‘
(Spr
17,6)!79
II. Der Dienst am Leben
1) Die Weitergabe des
Lebens
Mitarbeiter des liebenden
Schöpfergottes
28. Mit der Erschaffung von
Mann und Frau nach seinem Bild und Gleichnis krönt und vollendet Gott
das Werk seiner Hände: Er beruft sie zu einer besonderen Teilhabe
an seiner Liebe und zugleich an seiner Macht als Schöpfer und Vater
durch ihre freie und verantwortliche Mitwirkung bei der Weitergabe des
Geschenkes des menschlichen Lebens: "Gott segnete sie, und Gott sprach
zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde und
unterwerft sie euch." 80
So ist es die grundlegende
Aufgabe der Familie, dem Leben zu dienen, im Laufe der Geschichte den Ursegen
des Schöpfers zu verwirklichen, in der Zeugung das Gottebenbild von
Mensch zu Mensch weiterzugeben.81
Die Fruchtbarkeit ist Ausfluß
und Zeichen der ehelichen Liebe, das lebendige Zeugnis der gegenseitigen
Ganzhingabe der Ehegatten: "Ohne Hintansetzung der übrigen Eheziele
sind deshalb die echte Gestaltung der ehelichen Liebe und die ganze sich
daraus ergebende Natur des Familienlebens dahin ausgerichtet, daß
die Gatten von sich aus entschlossen bereit sind zur Mitwirkung mit der
Liebe des Schöpfers und Erlösers, der durch sie seine eigene
Familie immer mehr vergrößert und bereichert." 82
Die Fruchtbarkeit der ehelichen
Liebe beschränkt sich aber nicht allein auf die Zeugung, auch wenn
diese in ihrer spezifisch menschlichen Dimension verstanden und angezielt
wird. Sie wird noch weiter und reicher durch all die Früchte sittlichen,
geistigen und übernatürlichen Lebens, die Vater und Mutter ihren
Kindern und durch ihre Kinder der Kirche und der Welt zu schenken berufen
sind.
Die stets alte und zugleich
neue Lehre und Norm der Kirche
29. Gerade weil die Liebe
der Ehegatten eine einzigartige Teilhabe am Geheimnis des Lebens und der
Liebe Gottes selbst ist, weiß die Kirche, daß sie die besondere
Sendung empfangen hat, die so hohe Würde der Ehe und die so schwere
Verantwortung der Weitergabe des menschlichen Lebens zu wahren und zu schützen.
In Kontinuität mit der
lebendigen Tradition der kirchlichen Gemeinschaft durch die Geschichte
hin haben so das II. Vatikanische Konzil und das Lehramt meines Vorgängers
Pauls VI., vor allem in der Enzyklika
Humanae vitae, unserer Zeit
eine wahrhaft prophetische Botschaft verkündet, welche die stets alte
und zugleich neue Lehre und Norm der Kirche über die Ehe und die Weitergabe
menschlichen Lebens deutlich bekräftigt und erneuert.
Deshalb haben die Väter
der Synode in ihrer letzten Versammlung wörtlich erklärt: "Diese
Heilige Synode, versammelt in der Einheit des Glaubens mit dem Nachfolger
Petri, hält fest an dem, was im II. Vatikanischen Konzil (vgl. Gaudium
et spes, 50) und dann in der Enzyklika Humanae vitae dargelegt
wird, daß nämlich die eheliche Liebe voll menschlich, ausschließlich
und offen für das neue Leben sein muß (Humanae vitae, 11,
vgl. 9 und 12)."
83
Die Kirche auf der Seite
des Lebens
30. Die Lehre der Kirche
trifft heute auf eine gesellschaftliche und kulturelle Situation, die sie
schwerer verständlich und gleichzeitig dringender und unersetzlicher
macht für die Förderung des wahren Wohls von Mann und Frau. Denn
der dauernde technisch-wissenschaftliche Fortschritt des heutigen Menschen
in der Beherrschung der Natur führt nicht nur zur Hoffnung auf eine
neue und bessere Menschheit, sondern auch zu einer immer größeren
Angst vor der Zukunft. Manche fragen sich, ob es überhaupt gut sei
zu leben oder ob es nicht besser wäre, gar nicht geboren zu werden;
sie zweifeln, ob es überhaupt erlaubt sei, anderen das Leben zu schenken,
die vielleicht einmal ihr Dasein in einer grausamen Welt verfluchen werden,
deren Schrecken kaum vorhersehbar sind. Andere beanspruchen die Vorteile
des technischen Fortschritts für sich allein und schließen die
anderen davon aus, denen sie statt dessen empfängnisverhütende
Mittel oder noch ärgere Methoden aufnötigen. Wieder andere sind
Opfer der Konsummentalität und der ausschließlichen Sorge um
ständige Zunahme der materiellen Güter und können den geistigen
Wert eines neuen menschlichen Lebens nicht mehr begreifen und bejahen.
Letzte Ursache dieser Haltungen ist die Abwesenheit Gottes im Herzen der
Menschen, dessen Liebe allein alle Ängste der Welt überwiegt
und überwindet.
So ist eine lebensfeindliche
Haltung (antilife mentalitv)
entstanden, die sich bei vielen aktuellen
Fragen bemerkbar macht. Man denke zum Beispiel an eine gewisse Panik, die
von demographischen Studien der Ökologen und Futurologen ausgelöst
wird, die manchmal die Gefährdung der Lebensqualität durch das
Bevölkerungswachstum übertreiben.
Aber die Kirche ist fest
überzeugt, daß das menschliche Leben, auch das schwache und
leidende, immer ein herrliches Geschenk der göttlichen Güte ist.
Gegen Pessimismus und Egoismus, die die Welt verdunkeln, steht die Kirche
auf der Seite des Lebens; in jedem menschlichen Leben weiß sie den
Glanz jenes "Ja", jenes "Amen" zu entdecken, das Christus selbst ist.84
Dem "Nein", das in die Welt einbricht und einwirkt, setzt sie dieses
lebendige "Ja" entgegen und verteidigt so den Menschen und die Welt vor
denen, die das Leben bekämpfen und ersticken.
Die Kirche ist berufen, aufs
neue und mit klarerer und festerer Überzeugung allen ihre Entschlossenheit
zu zeigen, das menschliche Leben, ganz gleich, in welcher Lage und in welchem
Stadium der Entwicklung es sich befindet, mit allen Mitteln zu fördern
und gegen alle Angriffe zu verteidigen.
Deshalb verurteilt die Kirche
als schwere Beleidigung der menschlichen Würde und der Gerechtigkeit
alle Aktivitäten von Regierungen oder anderen öffentlichen Autoritäten,
die in irgendeiner Weise die Freiheit der Ehegatten, über Nachkommenschaft
zu entscheiden, zu beschränken versuchen. Dementsprechend ist jede
gewaltsame Maßnahme dieser Autoritäten zugunsten der Empfängnisverhütung
oder gar der Sterilisation und der Abtreibung völlig zu verurteilen
und mit aller Kraft zurückzuweisen. Auf die gleiche Weise ist die
Tatsache als schweres Unrecht zu bezeichnen, daß in den internationalen
Beziehungen die Wirtschaftshilfe zur Förderung der unterentwickelten
Völker von Programmen zur Empfängnisverhütung, Sterilisation
und Abtreibung abhängig gemacht wird.85
Für eine immer vollere
Verwirklichung des Planes Gottes
31. Gewiß ist sich
die Kirche der zahlreichen und vielschichtigen Probleme bewußt, vor
denen heute in vielen Ländern die Eheleute bei ihrem Auftrag, das
Leben verantwortlich weiterzugeben, stehen. Sie erkennt durchaus das schwere
Problem der Bevölkerungszunahme, wie es sich in verschiedenen Teilen
der Welt stellt, und die damit gegebenen sittlichen Fragen an.
Sie ist jedoch der Meinung,
daß eine vertiefte und allseitige Sicht dieser Probleme die Wichtigkeit
der authentischen Lehre über die Geburtenregelung, wie sie vom II.
Vatikanischen Konzil und von der Enzyklika Humanae vitae wieder
vorgelegt wurde, in neuer und stärkerer Weise bestätigen kann.
Deshalb fühle ich mich
zusammen mit den Vätern der Synode verpflichtet, einen dringenden
Aufruf an die Theologen zu richten, dem kirchlichen Lehramt mit gemeinsamer
Kraft zur Seite zu stehen und dahin zu wirken, daß die biblischen
Grundlagen, die ethische Motivation und die personalistische Begründung
dieser Lehre immer deutlicher werden. So wird es möglich, im Rahmen
einer zusammenhängenden Darstellung die Lehre der Kirche zu diesem
wichtigen Thema für alle Menschen guten Willens wirklich zugänglich
zu machen und ihr immer klareres und tieferes Verständnis zu fördern:
Auf diese Weise kann der Plan Gottes für die Ehe immer vollständiger
verwirklicht werden zum Wohl des Menschen und zur Ehre des Schöpfers.
In dieser Hinsicht ist das
einmütige Zusammenwirken der Theologen in überzeugter Anlehnung
an das Lehramt, der einzigen authentischen Führungsinstanz des Volkes
Gottes, auch deshalb dringend gefordert, weil eine innere Verbindung zwischen
der katholischen Lehre zu diesem Punkt und der Auffassung vom Menschen,
wie die Kirche sie vorträgt, besteht: Zweifel und Irrtümer auf
dem Gebiet der Ehe oder Familie führen dazu, daß die ganzheitliche
Wahrheit vom Menschen verdunkelt wird, und dies in einer kulturellen Situation,
die ohnehin oft genug verworren und widersprüchlich ist. Der Beitrag
an Erhellung und Vertiefung, zu dem die Theologen in Erfüllung ihres
besonderen Auftrages berufen sind, hat einen unvergleichlichen Wert und
stellt eine einzigartige und sehr verdienstvolle Hilfe für die Familie
und die gesamte Menschheit dar.
In der ganzheitlichen
Sicht des Menschen und seiner Berufung
32. Angesichts einer Kultur,
welche die wahre Bedeutung der menschlichen Sexualität schwer entstellt
oder sogar völlig verliert, weil sie diese aus ihrem wesentlichen
Bezug auf die Person löst, empfindet die Kirche ihren Auftrag, die
Sexualität als Wert und Aufgabe der ganzen Person, die als Mann und
Frau nach dem Bild Gottes geschaffen wurde, darzustellen, immer dringender
und unersetzlicher.
In dieser Hinsicht hat das
II. Vatikanische Konzil deutlich festgestellt, daß "wo es sich um
den Ausgleich zwischen ehelicher Liebe und verantwortlicher Weitergabe
des Lebens handelt, die sittliche Qualität der Handlungsweise nicht
allein von der guten Absicht und der Bewertung der Motive abhängt,
sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen
Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger
Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe
wahren. Das ist nicht möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung
der Tugend ehelicher Keuschheit".86
Ausgehend von dieser "ganzheitlichen
Sicht des Menschen und seiner Berufung, seiner natürlichen und irdischen
wie auch seiner übernatürlichen und ewigen Berufung",87
hat
Paul VI. betont, daß die Lehre der Kirche "beruht auf der untrennbaren
Verbindung der zweifachen Bedeutung des ehelichen Aktes, die von Gott gewollt
ist und die der Mensch nicht eigenmächtig aufheben kann, nämlich
die liebende Vereinigung und die Fortpflanzung",88
und er stellt schlußfolgernd fest, daß jede Handlung
als in sich unerlaubt auszuschließen ist, "die sich entweder in Voraussicht
oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder beim Ablauf seiner
natürlichen Auswirkungen die Verhinderung der Fortpflanzung zum Ziel
oder Mittel zum Ziel setzt".89
Wenn die Ehegatten durch
Empfängnisverhütung diese beiden Sinngehalte, die der Schöpfergott
dem Wesen von Mann und Frau und der Dynamik ihrer sexuellen Vereinigung
eingeschrieben hat, auseinanderreißen, liefern sie den Plan Gottes
ihrer Willkür aus; sie "manipulieren" und erniedrigen die menschliche
Sexualität - und damit sich und den Ehepartner -, weil sie ihr den
Charakter der Ganzhingabe nehmen. Während die geschlechtliche Vereinigung
ihrer ganzen Natur nach ein vorbehaltloses gegenseitiges Sichschenken der
Gatten zum Ausdruck bringt, wird sie durch die Empfängnisverhütung
zu einer objektiv widersprüchlichen Gebärde, zu einem Sich-nicht-ganz-Schenken.
So kommt zur aktiven Zurückweisung der Offenheit für das Leben
auch eine Verfälschung der inneren Wahrheit ehelicher Liebe, die ja
zur Hingabe in personaler Ganzheit berufen ist.
Wenn dagegen die Ehegatten
durch die Zeitwahl den untrennbaren Zusammenhang von Begegnung und Zeugung
in der menschlichen Sexualität respektieren, stellen sie sich unter
Gottes Plan und vollziehen die Sexualität in ihrer ursprünglichen
Dynamik der Ganzhingabe, ohne Manipulationen und Verfälschungen.90
Im Licht der Erfahrung so
vieler Ehepaare und der Ergebnisse der verschiedenen Humanwissenschaften
kann und muß die Theologie den anthropologischen und gleichzeitig
moralischen Unterschied erarbeiten und vertiefen, der zwischen der
Empfängnisverhütung und dem Rückgriff auf die Zeitwahl besteht.
Es handelt sich um einen Unterschied, der größer und tiefer
ist, als man gewöhnlich meint, und der letzten Endes mit zwei sich
gegenseitig ausschließenden Vorstellungen von Person und menschlicher
Sexualität verknüpft ist. Die Entscheidung für die natürlichen
Rhythmen beinhaltet ein Annehmen der Zeiten der Person, der Frau, und damit
auch ein Annehmen des Dialoges, der gegenseitigen Achtung, der gemeinsamen
Verantwortung, der Selbstbeherrschung. Die Zeiten und den Dialog annehmen
heißt, den zugleich geistigen und körperlichen Charakter der
ehelichen Vereinigung anerkennen und die personale Liebe in ihrem Treueanspruch
leben. In diesem Zusammenhang macht das Ehepaar die Erfahrung, daß
die eheliche Vereinigung um jene Werte der Zärtlichkeit und Affektivität
bereichert wird, die die Seele der menschlichen Geschlechtlichkeit bilden,
auch in ihrer leiblichen Dimension. Auf diese Weise wird die Sexualität
in ihrer echt- und vollmenschlichen Dimension geachtet und gefördert,
sie wird nicht "benutzt" wie ein Gegenstand, was die personale Einheit
von Seele und Leib auflösen und so die Schöpfung Gottes in ihrer
intimsten Verflechtung von Natur und Person verletzen würde.
Die Kirche als Lehrerin
und Mutter für Ehepaare in Schwierigkeiten
33. Auch auf dem Gebiet der
Ehemoral handelt die Kirche als Lehrerin und Mutter.
Als Lehrerin wird sie nicht
müde, die sittliche Norm zu verkünden, welche die verantwortliche
Weitergabe des Lebens bestimmen muß. Diese Norm ist nicht von der
Kirche geschaffen und nicht ihrem Gutdünken überlassen. In Gehorsam
gegen die Wahrheit, die Christus ist, dessen Bild sich in der Natur und
der Würde der menschlichen Person spiegelt, interpretiert die Kirche
die sittliche Norm und legt sie allen Menschen guten Willens vor, ohne
ihren Anspruch auf Radikalität und Vollkommenheit zu verbergen.
Als Mutter steht die Kirche
den vielen Ehepaaren zur Seite, die in diesem wichtigen Punkt sittlichen
Lebens Schwierigkeiten haben. Sie kennt sehr wohl ihre Lage, die oft belastend
und manchmal wirklich quälend ist wegen vielfältiger Schwierigkeiten
persönlicher und sozialer Art. Sie weiß, daß viele Ehepaare
hier nicht nur im Tun Schwierigkeiten haben, sondern schon im Verstehen
der Werte, um die es in der sittlichen Norm geht.
Aber es ist die eine Kirche,
die zugleich Lehrerin und Mutter ist. Deswegen hört die Kirche niemals
auf, aufzurufen und zu ermutigen, die eventuellen ehelichen Schwierigkeiten
zu lösen, ohne je die Wahrheit zu verfälschen oder zu beeinträchtigen.
Sie ist nämlich davon überzeugt, daß es zwischen dem göttlichen
Gesetz, das Leben weiterzugeben, und jenem, die echte eheliche Liebe zu
fördern, keinen wirklichen Widerspruch geben kann.91
Darum muß die konkrete pastorale Führung der Kirche stets
mit ihrer Lehre verbunden sein und darf niemals von ihr getrennt werden.
Ich wiederhole deshalb mit derselben Überzeugung die Worte meines
Vorgängers: "In keinem Punkte Abstriche an der Heilslehre Christi
zu machen, ist hohe Form seelsorglicher Liebe." 92
Andererseits zeigt die richtige
pastorale Führung der Kirche nur dann ihren Realismus und ihre Weisheit,
wenn sie sich beharrlich und mutig für die Schaffung und Erhaltung
all jener menschlichen - psychologischen, moralischen und geistlichen -
Bedingungen einsetzt, die unerläßlich sind, um den sittlichen
Wert und die sittliche Norm verstehen und leben zu können.
Es besteht kein Zweifel,
daß zu diesen Vorbedingungen auch zu zählen sind: Beharrlichkeit
und Geduld, Demut und Starkmut, das kindliche Vertrauen in Gott und seine
Gnade, das regelmäßige Gebet sowie der häufige Empfang
der Eucharistie und des Bußsakramentes.93
Dadurch
gestärkt, werden die christlichen Eheleute sich der einzigartigen
Wirkung lebendig bewußt bleiben, die die Gnade des Ehesakramentes
auf alle Bereiche des ehelichen Lebens und somit auch auf ihre Geschlechtlichkeit
ausübt: Die Gabe des Heiligen Geistes, von den Eheleuten angenommen
und fruchtbar gemacht, hilft ihnen, die menschliche Geschlechtlichkeit
nach dem Plan Gottes und als Zeichen der einigenden und fruchtbaren Liebe
Christi zu seiner Kirche zu leben.
Zu den notwendigen Voraussetzungen
zählt aber auch die Kenntnis des Körpers und der Zyklen seiner
Fruchtbarkeit. In diesem Sinn muß alles getan werden, daß alle
Eheleute und vorher schon die Jugendlichen mit Hilfe einer klaren, rechtzeitigen
und soliden Information durch Ehepaare, Ärzte und sonstige Fachleute
zu einer solchen Kenntnis gelangen können. Diese Kenntnis muß
dann in eine Erziehung zur Selbstbeherrschung einmünden: Von hier
aus ergibt sich die absolute Notwendigkeit der Tugend der Keuschheit und
der ständigen Erziehung zu ihr. In christlicher Sicht besagt Keuschheit
keineswegs eine Verdrängung oder Mißachtung der menschlichen
Geschlechtlichkeit; sie bedeutet vielmehr eine geistige Kraft, die die
Liebe gegen die Gefahren von Egoismus und Aggressivität zu schützen
und zu ihrer vollen Entfaltung zu führen versteht.
Paul VI. hat mit tiefer intuitiver
Weisheit und Liebe nichts anderes getan, als der Erfahrung von vielen Ehepaaren
Ausdruck verliehen, als er in seiner Enzyklika schrieb: "Die Beherrschung
des Trieblebens durch die Vernunft und den freien Willen verlangt zweifelsohne
eine gewisse Askese, damit sich die Bekundung ehelicher Liebe bei den Gatten
in der rechten Ordnung vollzieht, besonders bei Einhaltung der periodischen
Enthaltsamkeit. Diese zur ehelichen Keuschheit gehörende Zucht und
Ordnung tut der ehelichen Liebe in keiner Weise Abbruch, sondern verleiht
ihr vielmehr einen höheren menschlichen Wert. Sie verlangt zwar eine
ständige Anstrengung, aber dank ihres segensreichen Einflusses entfalten
die Eheleute ihre Persönlichkeit voll und ganz, indem sie an geistigen
Werten reicher werden. Als Früchte bringt sie in das Leben der Familie
Frieden und Glück und erleichtert die Lösung der übrigen
Probleme. Sie fördert die Aufmerksamkeit gegenüber dem Ehepartner,
hilft den Eheleuten, die Selbstsucht, die Feindin wahrer Liebe, zu überwinden,
und vertieft das Gefühl der Verantwortung. Die Eltern werden durch
sie fähig, einen noch tieferen und wirksameren Einfluß auf die
Erziehung der Kinder zu nehmen." 94
Der sittliche Weg der
Eheleute
34. Es ist stets von großer
Bedeutung, einen richtigen Begriff von der sittlichen Ordnung, von ihren
Werten und Normen zu haben. Diese Bedeutung wächst, je zahlreicher
und größer die Schwierigkeiten werden, sie zu beachten.
Gerade weil die sittliche
Ordnung den Plan Gottes, des Schöpfers, offenbart und zum Auftrag
macht, kann sie nicht etwas den Menschen Demütigendes und Unpersönliches
sein. Im Gegenteil, sie entspricht den tiefsten Bedürfnissen des von
Gott geschaffenen Menschen und dient somit der vollen Entfaltung seines
Menschseins, in jener einfühlenden und bindenden Liebe, mit der Gott
selbst jedes Geschöpf beseelt, hält und zu seiner Seligkeit führt.
Doch ist der Mensch, der
berufen ist, dem weisen und liebenden Plan Gottes in freier Verantwortung
mit seinem Leben zu entsprechen, ein geschichtliches Wesen, das sich Tag
für Tag durch seine zahlreichen freien Entscheidungen selbst formt;
deswegen kennt, liebt und vollbringt er das sittlich Gute auch in einem
stufenweisen Wachsen.
Auch die Eheleute sind im
Bereich ihres sittlichen Lebens auf einen solchen Weg gerufen, getragen
vom aufrichtig suchenden Verlangen, die Werte, die das göttliche Gesetz
schützt und fördert, immer besser zu erkennen, sowie vom ehrlichen
und bereiten Willen, diese in ihren konkreten Entscheidungen zu verwirklichen.
Jedoch können sie das Gesetz nicht als ein reines Ideal auffassen,
das es in Zukunft einmal zu erreichen gelte, sondern sie müssen es
betrachten als ein Gebot Christi, die Schwierigkeiten mit aller Kraft zu
überwinden. "Daher kann das sogenannte ‚Gesetz der Gradualität‘
oder des stufenweisen Weges nicht mit einer ‚Gradualität des Gesetzes‘
selbst gleichgesetzt werden, als ob es verschiedene Grade und Arten von
Gebot im göttlichen Gesetz gäbe, je nach Menschen und Situationen
verschieden. Alle Eheleute sind nach dem göttlichen Plan in der Ehe
zur Heiligkeit berufen, und diese hehre Berufung verwirklicht sich in dem
Maße, wie die menschliche Person fähig ist, auf das göttliche
Gebot ruhigen Sinnes im Vertrauen auf die Gnade Gottes und auf den eigenen
Willen zu antworten." 95
Dementsprechend gehört
es zur pastoralen Führung der Kirche, daß die Eheleute vor allem
die Lehre der Enzyklika Humanae vitae
als normativ für die
Ausübung ihrer Geschlechtlichkeit klar anerkennen und sich aufrichtig
darum bemühen, die für die Beobachtung dieser Norm notwendigen
Voraussetzungen zu schaffen.
Diese pastorale Führung
betrifft, wie die Synode betont, das ganze eheliche Leben. Deshalb muß
die Aufgabe der Weitergabe des Lebens in die umfassende Sendung des ganzen
christlichen Lebens integriert sein, das ohne das Kreuz nicht zur Auferstehung
gelangen kann. In solchem Zusammenhang begreift man, warum man das Opfer
nicht aus dem Familienleben verbannen kann, sondern vielmehr mit bereitem
Herzen annehmen muß, soll die eheliche Liebe sich vertiefen und Quelle
inniger Freude werden.
Dieser gemeinsame Weg erfordert
Besinnung, Information, geeignete Erziehung der Priester, Ordensleute und
Laien, die in der Familienpastoral tätig sind. Sie alle können
den Eheleuten auf ihrem menschlichen und geistigen Weg helfen, der das
Wissen um die Sünde, das ehrliche Bemühen um die Beobachtung
des Sittengesetzes und den Dienst der Versöhnung einschließt.
Es ist ferner zu bedenken, daß im Bereich ehelicher Intimität
die Willensentscheidungen zweier Personen beteiligt sind, die jedoch zum
Einklang in ihrer Denkweise und ihrem Verhalten berufen sind; das erfordert
nicht wenig Geduld, Einfühlung und Zeit. Von größter Bedeutung
ist in diesem Bereich die einheitliche sittliche und pastorale Beurteilung
von seiten der Priester: Diese Einheit muß sorgfältig gesucht
und sichergestellt werden, damit die Gläubigen nicht unter Gewissensnöten
zu leiden haben.96
Der Weg der Eheleute wird
also erleichtert, wenn sie in Hochschätzung der Lehre der Kirche und
im Vertrauen auf die Gnade Christi, unterstützt und begleitet von
den Seelsorgern und der ganzen kirchlichen Gemeinschaft, den befreienden
und fördernden Wert echter Liebe entdecken und erleben, die das Geschenk
und der Auftrag von Christi Botschaft ist.
Überzeugungen wecken
und konkrete Hilfen anbieten
35. Im Hinblick auf das Problem
einer sittlich richtigen Geburtenregelung muß die kirchliche Gemeinschaft
zur gegenwärtigen Zeit die Aufgabe übernehmen, Überzeugungen
zu wecken und denen konkrete Hilfen anzubieten, die ihre Vater- und Mutterschaft
in einer wirklich verantwortlichen Weise leben wollen.
Während die Kirche die
Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung für eine genauere Kenntnis
der Zyklen der weiblichen Fruchtbarkeit begrüßt und eine entschlossene
Ausweitung dieser Studien anregt, kann sie nicht umhin, erneut mit Nachdruck
an die Verantwortung all derer zu appellieren - Ärzte, Experten, Eheberater,
Erzieher, Ehepaare -, die den Eheleuten wirksam helfen können, ihre
Liebe in der Beachtung der Struktur und der Ziele des ehelichen Aktes zu
verwirklichen, der diese Liebe zum Ausdruck bringt. Das bedeutet einen
umfassenderen, entschlosseneren und systematischeren Einsatz dafür,
daß die natürlichen Methoden der Geburtenregelung bekannt, geschätzt
und angewandt werden.97
Ein wertvolles Zeugnis kann
und muß von jenen Eheleuten gegeben werden, die durch ihr gemeinsames
Bemühen um die periodische Enthaltsamkeit eine reifere persönliche
Verantwortlichkeit gegenüber der Liebe und dem Leben gewonnen haben.
Wie Paul VI. schreibt, "übergibt ihnen der Herr die Aufgabe, die Heiligkeit
und Milde jenes Gesetzes den Menschen sichtbar zu machen, das die gegenseitige
Liebe der Eheleute und ihr Zusammenwirken mit der Liebe Gottes, des Urhebers
des menschlichen Lebens, vereint".98
2) Die Erziehung
Recht und Pflicht der
Eltern, ihre Kinder zu erziehen
36. Die Aufgabe der Erziehung
hat ihre Wurzeln in der Urberufung der Eheleute zur Teilnahme am schöpferischen
Wirken Gottes. Wenn die Eltern in Liebe und aus Liebe eine neue Person
zeugen, die in sich die Berufung zu Wachstum und Entwicklung hat, übernehmen
sie eben dadurch die Aufgabe, ihr auch wirksam zu helfen, ein vollmenschliches
Leben zu führen. Daran hat das II. Vatikanische Konzil erinnert: "Da
die Eltern ihren Kindern das Leben schenkten, haben sie die überaus
schwere Verpflichtung zur Kindererziehung. Daher müssen sie als die
ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden. Ihr Erziehungswirken
ist so entscheidend, daß es dort, wo es fehlt, kaum zu ersetzen ist.
Den Eltern obliegt es, die Familie derart zu einer Heimstätte der
Frömmigkeit und Liebe zu Gott und den Menschen zu machen, daß
die gesamte Erziehung der Kinder nach der persönlichen wie der gesellschaftlichen
Seite hin davon getragen wird. So ist die Familie die erste Schule der
sozialen Tugenden, deren kein gesellschaftliches Gebilde entraten kann."
99
Das Recht und die Pflicht
der Eltern zur Erziehung sind als wesentlich zu bezeichnen, da sie
mit der Weitergabe des menschlichen Lebens verbunden sind; als unabgeleitet
und ursprünglich, verglichen mit der Erziehungsaufgabe anderer,
aufgrund der Einzigartigkeit der Beziehung, die zwischen Eltern und Kindern
besteht; als unersetzlich und unveräußerlich,
weshalb
sie anderen nicht völlig übertragen noch von anderen in Beschlag
genommen werden können.
Außer diesen grundlegenden
Merkmalen darf nicht vergessen werden, daß das entscheidendste Element,
welches die Erziehungsaufgabe der Eltern schlechthin prägt, die väterliche
und mütterliche Liebe ist, die im Werk der Erziehung ihre Vollendung
zum vollen und vollkommenen Dienst am Leben findet. Die Liebe der Eltern
bleibt nicht nur Quelle, sie wird die
Seele und somit die
Norm, die das gesamte konkrete erzieherische Wirken prägt und
leitet und mit jenen Werten wie Verständnis, Beständigkeit, Güte,
Dienen, Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft bereichert, die die kostbarsten
Früchte der Liebe sind.
Erziehung zu den Grundwerten
des menschlichen Lebens
37. Trotz der Schwierigkeiten
in der Erziehung, die heute oft noch drückender geworden sind, müssen
die Eltern mit Vertrauen und Mut die Kinder zu den Grundwerten des menschlichen
Lebens heranbilden. Die Kinder müssen aufwachsen in angemessener Freiheit
gegenüber den materiellen Gütern, indem sie sich einen einfachen
und anspruchslosen Lebensstil aneignen in der Überzeugung, daß
"der Wert des Menschen mehr in dem liegt, was er ist, als in dem, was er
hat".100
In einer Gesellschaft, die
aufgrund gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen
Individualismen und Egoismen von Spannungen und Konflikten erschüttert
und zerstritten ist, müssen die Kinder sich nicht nur ein Gespür
für wahre Gerechtigkeit aneignen, die allein die Achtung der personalen
Würde eines jeden Menschen gewährleistet, sondern auch und vor
allem das Gespür für wahre Liebe als aufrichtige Sorge und selbstlosen
Dienst für die anderen, besonders für die Ärmsten und Bedürftigsten.
Die Familie ist die erste und grundlegende Schule sozialen Verhaltens:
Als Liebesgemeinschaft findet sie im Sichverschenken das Gesetz, das sie
leitet und wachsen läßt. Die Selbsthingabe, welche die Liebe
der Ehegatten zueinander prägt, bietet sich auch als Modell und Norm
für jene selbstlose Hingabe an, die sich in den Beziehungen zwischen
den Geschwistern und zwischen den verschiedenen Generationen verwirklichen
soll, die in der Familie zusammenleben. Die täglich zu Hause erlebte
und gelebte Gemeinschaft und Anteilnahme in Freud und Leid bildet die konkreteste
und wirksamste Schule für die aktive, verantwortliche und erfolgreiche
Eingliederung der Kinder in den größeren Raum der Gesellschaft.
Die Erziehung zur Liebe als
Hingabe seiner selbst ist auch die unerläßliche Voraussetzung
für die Eltern in ihrer Aufgabe, den Kindern eine klare und taktvolle
Geschlechtserziehung
zu vermitteln. Angesichts einer Kultur, die
in weiten Kreisen die menschliche Geschlechtlichkeit "banalisiert", weil
sie diese in verkürzter und verarmter Weise interpretiert und lebt,
indem sie sie einzig mit dem Leib und dem egoistisch verstandenen Vergnügen
in Verbindung setzt, muß der erzieherische Dienst der Eltern entschieden
auf eine Kultur der Geschlechtlichkeit hinzielen, die wahrhaft und vollmenschlich
ist; die Geschlechtlichkeit ist ja ein Reichtum der ganzen Person - Leib,
Gemüt und Seele - und zeigt ihre tiefste Bedeutung darin, daß
sie die Person zur Hingabe ihrer selbst in der Liebe führt.
Die Geschlechtserziehung,
Grundrecht und -pflicht der Eltern, muß immer unter ihrer sorgsamen
Leitung erfolgen, sei es zu Hause, sei es in den von ihnen für ihre
Kinder gewählten Bildungsstätten, deren Kontrolle ihnen zusteht.
In diesem Sinn betont die Kirche das Prinzip der Subsidiarität, das
die Schule beobachten muß, wenn sie sich an der Geschlechtserziehung
beteiligt; sie hat sich dabei vom gleichen Geist leiten zu lassen wie die
Eltern.
In diesem Zusammenhang ist
die Erziehung zur Keuschheit
völlig unverzichtbar als einer
Tugend, die die wahre Reifung der Person fördert und sie befähigt,
die "bräutliche Bedeutung" des Leibes zu achten und zu entfalten.
Die christlichen Eltern werden sogar - sollten sie die Zeichen einer göttlichen
Berufung erkennen - der Erziehung zur Jungfräulichkeit eine besondere
Aufmerksamkeit und Sorge widmen und in ihr die höchste Form jener
Selbsthingabe sehen, welche den Sinn der menschlichen Geschlechtlichkeit
bildet.
Aufgrund der engen Verbindungen
zwischen der geschlechtlichen Dimension der Person und ihren ethischen
Werten muß die Erziehung die Kinder dazu führen, die sittlichen
Normen als notwendige und wertvolle Garantie für ein verantwortliches
persönliches Wachsen in der menschlichen Geschlechtlichkeit zu erkennen
und zu schätzen.
Deshalb wendet sich die Kirche
entschieden gegen eine gewisse, vielfach verbreitete Art sexueller Information;
losgelöst von sittlichen Grundsätzen, ist sie nichts anderes
als eine Einführung in die Erfahrung des Vergnügens und ein Anreiz,
der den Kindern - schon in den Jahren der Unschuld - ihre Unbefangenheit
nimmt und den Weg des Lasters öffnet.
Der Erziehungsauftrag
und das Ehesakrament
38. Für die christlichen
Eltern hat der Erziehungsauftrag, der, wie schon gesagt, in ihrer Teilnahme
am Schöpfungswerk Gottes gründet, eine neue und spezifische Quelle
im Ehesakrament, das sie für eine wahrhaft christliche Erziehung der
Kinder weiht, das heißt dazu beruft, an der Autorität und der
Liebe Gottes, des Vaters, und Christi, des Göttlichen Hirten, wie
auch an der mütterlichen Liebe der Kirche teilzunehmen, und sie mit
der Gabe der Weisheit, des Rates, der Stärke und jeder anderen Gabe
des Heiligen Geistes ausstattet, damit sie den Kindern in ihrem menschlichen
und christlichen Reifungsprozeß beistehen können.
Die Erziehungsaufgabe empfängt
vom Ehesakrament die Würde und Berufung, ein echtes und wirkliches
"Amt" der Kirche zur Auferbauung ihrer Glieder zu sein. Der erzieherische
Dienst der christlichen Eltern ist von solcher Größe und Würde,
daß der heilige Thomas nicht zögert, ihn mit dem Amt der Priester
zu vergleichen: "Einige vermitteln und schützen das geistige Leben
durch ein Amt, das rein geistiger Natur ist: Es ist dies die Aufgabe des
Weihesakraments; andere tun dies hinsichtlich des leiblichen und
geistigen Lebens zugleich: und das geschieht durch das Ehesakrament,
in welchem Mann und Frau sich verbinden, um Kinder zu zeugen und zur Gottesverehrung
zu erziehen."
101
Das lebendige und wache Bewußtsein
von dem im Ehesakrament empfangenen Auftrag wird den christlichen Eltern
helfen, sich mit froher Zuversicht und starkem Vertrauen der Erziehungsaufgabe
zu widmen, eingedenk zugleich ihrer großen Verantwortung vor Gott,
der sie zur Auferbauung der Kirche in ihren Kindern ruft und sendet. So
wird die Familie der Getauften, die vom göttlichen Wort und Sakrament
als Hauskirche zusammengeführt ist, wie die große Kirche zugleich
zur Mutter und Lehrerin.
Die erste Erfahrung von
Kirche
39. Die Erziehungsaufgabe
verlangt, daß die christlichen Eltern den Kindern all das vermitteln,
was für die stufenweise Reifung ihrer Persönlichkeit in christlicher
und kirchlicher Hinsicht notwendig ist. Sie werden also den weiter oben
angeführten erzieherischen Leitlinien folgen und sich bemühen,
den Kindern aufzuzeigen, zu welcher Tiefe und welchem Reichtum der Glaube
und die Liebe zu Jesus Christus sie zu führen vermögen. Ferner
wird das Bewußtsein, daß der Herr ihnen das Heranwachsen eines
Gotteskindes, eines Bruders, einer Schwester Christi, eines Tempels des
Heiligen Geistes, eines Gliedes der Kirche anvertraut, die christlichen
Eltern in ihrer Aufgabe bestärken, in der Seele ihrer Kinder das Geschenk
der göttlichen Gnade zu festigen. Das II. Vatikanische Konzil beschreibt
den Inhalt der christlichen Erziehung auf folgende Weise: "Diese erstrebt
nicht nur die (...) Reifung der menschlichen Person, sondern zielt hauptsächlich
darauf ab, daß die Getauften, indem sie allmählich in das Heilsmysterium
eingeführt werden, der empfangenen Gabe des Glaubens immer mehr bewußt
werden. Sie sollen lernen, Gott, den Vater, im Geist und in der Wahrheit
(vgl. Joh 4,23) vornehmlich durch die Mitfeier der Liturgie anzubeten
und ihr eigenes Leben nach dem neuen Menschen in Gerechtigkeit und wahrer
Heiligkeit (Eph
4,22-24) zu gestalten. So sollen sie zur Mannesreife
gelangen, zum Vollmaß des Alters Christi (vgl. Eph
4,13),
und sich um den Aufbau des mystischen Leibes mühen. Überdies
sollen sie sich im Bewußtsein ihrer Berufung darin einüben,
Zeugnis abzulegen für die Hoffnung, die in ihnen ist (vgl.] 1 Petr
3,15),
und an der christlichen Weltgestaltung mitzuhelfen."
102
Auch die Synode hat - im
Anschluß an die Gedanken des Konzils und in deren Fortführung
- die Erziehungsaufgabe der christlichen Familie als ein echtes Amt dargestellt,
durch welches das Evangelium vermittelt und verbreitet wird bis zu dem
Punkt, daß das Familienleben selbst zu einem Weg des Glaubens und
in gewisser Weise christliche Initiation und Schule der Nachfolge Christi
wird. "In der Familie, die sich dieses Geschenkes bewußt ist, verkünden
alle Familienmitglieder das Evangelium, und es wird ihnen verkündet",
wie Paul VI. schreibt.103
Kraft dieses Erziehungsauftrags
sind die Eltern durch ihr Lebenszeugnis die ersten Verkünder des Evangeliums
für ihre Kinder. Mehr noch, sie werden, indem sie mit den Kindern
beten, mit ihnen das Wort Gottes lesen und sie durch die christliche Initiation
in das innerste Geheimnis des - eucharistischen und kirchlichen - Leibes
Christi eingliedern, auf vollkommene Weise Eltern, das heißt, Eltern
nicht nur des leiblichen Lebens, sondern auch desjenigen, das durch die
Erneuerung im Heiligen Geist aus Christi Kreuz und Auferstehung strömt.
Damit die christlichen Eltern
ihren erzieherischen Auftrag würdig erfüllen können, haben
die Synodalen den Wunsch geäußert, daß ein geeigneter
Familienkatechismus
erarbeitet werde: klar und kurz und so gestaltet,
daß er von allen leicht angeeignet werden kann. Die Bischofskonferenzen
wurden herzlich gebeten, sich für die Schaffung eines solchen Katechismus
einzusetzen.
Beziehungen zu anderen
Erziehungsinstanzen
40. Die Familie ist die erste,
aber nicht die einzige und ausschließliche Erziehungsgemeinschaft:
Die soziale Dimension des Menschen, zivil und kirchlich gesehen, verlangt
und bedingt von sich aus ein umfassenderes, gegliedertes Werk als Ergebnis
der geordneten Zusammenarbeit verschiedener Erziehungsinstanzen. Diese
Instanzen sind alle notwendig, wenn auch jede einzelne nach der jeweiligen
Kompetenz ihren speziellen Beitrag leisten kann und muß.104
Die Erziehungsaufgabe der
christlichen Familie hat daher in einer Gesamtpastoral einen bedeutenden
Platz; das beinhaltet eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen den Eltern
und den christlichen Gemeinschaften, zwischen den verschiedenen Erziehungsgruppen
und den Seelsorgern. In diesem Sinn muß bei der Erneuerung der katholischen
Schule eine besondere Aufmerksamkeit sowohl den Eltern der Schüler
als auch der Formung des Lehrkörpers zu einer idealen erzieherischen
Gemeinschaft geschenkt werden.
Das Recht der Eltern auf
die freie Wahl einer Erziehung, die mit ihrem religiösen Glauben in
Einklang steht, muß unbedingt gewährleistet sein.
Der Staat und die Kirche
haben die Pflicht, den Familien alle möglichen Hilfen zu geben, damit
sie ihre Erziehungsaufgaben in angemessener Weise wahrnehmen können.
Dafür müssen beide jene Institutionen und Aktivitäten schaffen
und fördern, die die Familien berechtigterweise fordern; die Hilfe
muß der Hilfsbedürftigkeit der Familien entsprechen. Dabei dürfen
all jene, denen in der Gesellschaft die Schulen anvertraut sind, niemals
vergessen, daß die Eltern von Gott selbst als die ersten und hauptsächlichen
Erzieher der Kinder bestellt sind und daß ihr Recht ganz und gar
unveräußerlich ist.
Diesem Recht aber entspricht
bei den Eltern die schwere Pflicht, mit ganzem Einsatz ein herzliches und
aktives Verhältnis zu den Lehrern und Schulleitern zu pflegen.
Wenn in den Schulen Ideologien
gelehrt werden, die zum christlichen Glauben in Widerspruch stehen, muß
die Familie zusammen mit anderen Familien, wenn möglich durch Familienvereinigungen,
mit allen Kräften und mit Klugheit den Jugendlichen helfen, sich nicht
dem Glauben zu entfremden. In diesem Fall hat die Familie besondere Hilfen
vonseiten der Seelsorger nötig, die nicht vergessen dürfen, daß
die Eltern das unverletzliche Recht haben, ihre Kinder der kirchlichen
Gemeinschaft anzuvertrauen.
Ein vielfältiger
Dienst am Leben
41. Die fruchtbare eheliche
Liebe bringt ihren Dienst am Leben in vielfältigen Formen zum Ausdruck,
von denen die Zeugung und die Erziehung die unmittelbarsten, die eigentlichsten
und unersetzbarsten sind. In der Tat, jeder Akt echter Liebe zum Menschen
bezeugt und vervollkommnet die geistige Fruchtbarkeit der Familie, weil
er sich von der tiefen inneren Dynamik der Liebe als Hingabe seiner selbst
an die anderen leiten läßt.
An diesem Zusammenhang, der
für alle von großem Wert und voller Verpflichtung ist, werden
sich besonders jene Eheleute orientieren, denen Kinder versagt geblieben
sind.
Die christlichen Familien,
die im Glauben alle Menschen als Kinder des gemeinsamen Vaters im Himmel
erkennen, werden sich auch hochherzig den Kindern anderer Familien zuwenden
und ihnen nicht als Fremde, sondern als Gliedern der einen Familie der
Kinder Gottes ihre Hilfe und Liebe schenken. Die christlichen Eltern können
auf diese Weise ihre Liebe über die Bande der Blutsverwandtschaft
hinaus ausweiten und jene Verbundenheit fördern, die im Geistigen
ihre Wurzeln hat und sich im konkreten Dienst an den Kindern anderer Familien
entfaltet, denen oft sogar das Notwendigste fehlt.
Die christlichen Familien
werden eine größere Bereitschaft zu Adoption oder Annahme von
Kindern zu finden wissen, die ihrer Eltern beraubt oder von ihnen verlassen
worden sind. Während diese Kinder dadurch, daß sie die affektive
Geborgenheit einer Familie wiederfinden, Gott als den liebenden und fürsorgenden
Vater, wie er von den christlichen Eltern bezeugt wird, erfahren und so
unbeschwert und mit Vertrauen zum Leben aufwachsen können, wird die
ganze Familie durch die reichen geistigen Früchte einer umfassenderen
Brüderlichkeit beschenkt.
Die Fruchtbarkeit der Familien
muß stets schöpferisch sein - als wunderbare Frucht des Geistes
Gottes, der die Augen des Herzens öffnet, um die neuen Bedürfnisse
und Leiden unserer Gesellschaft zu entdecken, und dazu ermutigt, sich ihrer
anzunehmen und eine Antwort darauf zu geben. Hier tut sich den Familien
ein weites Wirkungsfeld auf; noch besorgniserregender als die Vernachlässigung
von Kindern ist heute nämlich das Phänomen der sozialen und kulturellen
Verdrängung an den Rand der Gesellschaft, welche die Alten, Kranken,
Behinderten, Süchtigen, Haftentlassenen und viele andere schmerzlich
trifft.
Auf diese Weise weitet sich
der Horizont der Vaterschaft und Mutterschaft der christlichen Familien
ganz entscheidend; ihre geistig fruchtbare Liebe wird von den genannten
und vielen anderen Nöten unserer Zeit herausgefordert. Mit den Familien
und durch sie übt der Herr weiter "Mitleid mit den Menschen".
III. Die Teilnahme der
Familie an der gesellschaftlichen Entwicklung
Die Familie als Grund-
und Lebenszelle der Gesellschaft
42. "Der Schöpfer aller
Dinge hat die eheliche Gemeinschaft zum Ursprung und Fundament der menschlichen
Gesellschaft bestimmt" ; so ist die Familie die "Grund- und Lebenszelle
der Gesellschaft" geworden.105
Die Familie ist in lebendiger,
organischer Weise mit der Gesellschaft verbunden; denn durch ihren Auftrag,
dem Leben zu dienen, bildet sie deren Grundlage und ständigen Nährboden.
In der Familie wachsen ja die Bürger heran, und dort finden sie auch
ihre erste Schule für jene sozialen Tugenden, die das Leben und die
Entwicklung der Gesellschaft von innen her tragen und gestalten.
So ergibt sich aus der Natur
und Berufung der Familie, daß sie sich auf keinen Fall in sich selbst
verschließen darf, sondern sich vielmehr auf die anderen Familien
und die Gesellschaft hin öffnen und so ihre gesellschaftliche Aufgabe
wahrnehmen muß.
Das Familienleben als
Erfahrung von Gemeinschaft und Anteilnahme
43. Gerade die Erfahrung
von Gemeinschaft und Anteilnahme, die das tägliche Leben in der Familie
prägen soll, stellt auch ihren ersten und grundlegenden Beitrag für
die Gesellschaft dar.
Die Beziehungen zwischen
den Mitgliedern der Familiengemeinschaft werden vom Gesetz des unentgeltlichen
Schenkens geprägt und geleitet, das in allen und in jedem einzelnen
die Personwürde als einzig entscheidenden Wertmaßstab achtet
und fördert, woraus dann herzliche Zuneigung und Begegnung im Gespräch,
selbstlose Einsatzbereitschaft und hochherziger Wille zum Dienen sowie
tiefempfundene Solidarität erwachsen können.
So wird die Förderung
einer echten und reifen Gemeinschaft von Personen in der Familie zu einer
ersten unersetzlichen Schule für gemeinschaftliches Verhalten, zu
einem Beispiel und Ansporn für weiterreichende zwischenmenschliche
Beziehungen im Zeichen von Achtung, Gerechtigkeit, Dialog und Liebe.
Auf diese Weise ist die Familie,
wie die Väter der Synode in Erinnerung gerufen haben, der ursprüngliche
Ort und das wirksamste Mittel zur Humanisierung und Personalisierung der
Gesellschaft; sie wirkt auf die ihr eigene und tiefreichende Weise mit
bei der Gestaltung der Welt, indem sie ein wahrhaft menschliches Leben
ermöglicht, und das vor allem durch den Schutz und die Vermittlung
von Tugenden und Werten. Nach den Worten des II. Vatikanischen Konzils
"leben in der Familie verschiedene Generationen zusammen und helfen sich
gegenseitig, um zu größerer Weisheit zu gelangen und die Rechte
der einzelnen Personen mit den anderen Notwendigkeiten des gesellschaftlichen
Lebens zu vereinbaren".106
Angesichts einer Gesellschaft,
die in Gefahr ist, den Menschen immer mehr seiner personalen Einmaligkeit
zu berauben und zur "Masse" zu machen und so selbst unmenschlich und menschenfeindlich
zu werden mit der negativen Folge so vieler Fluchtversuche - wie zum Beispiel
Alkoholismus, Drogen und auch Terrorismus -, besitzt und entfaltet die
Familie auch heute noch beträchtliche Energien, die imstande sind,
den Menschen seiner Anonymität zu entreißen, in ihm das Bewußtsein
seiner Personwürde wachzuhalten, eine tiefe Menschlichkeit zu entfalten
und ihn als aktives Mitglied in seiner Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit
der Gesellschaft einzugliedern.
Der gesellschaftliche
und politische Auftrag
44. Der gesellschaftliche
Auftrag der Familie darf sich gewiß nicht auf Zeugung und Erziehung
beschränken, auch wenn er darin seine erste und unersetzliche Ausdrucksweise
findet.
Die Familien können
und müssen sich deshalb - einzeln oder im Verband - vielfältigen
gesellschaftlichen Aufgaben widmen, vor allem im Dienst an den Armen und
allgemein an jenen Personen und Lebenssituationen, welche die öffentliche
Organisation der Vorsorge und Fürsorge nicht zu erreichen vermag.
Der soziale Beitrag der Familie
hat seinen besonderen Charakter, der noch mehr bewußt gemacht und
stärker gefördert werden muß; und das vor allem, während
die Kinder allmählich heranwachsen, so daß möglichst alle
Glieder der Familie wirksam einbezogen werden.107
Im einzelnen muß die
wachsende Bedeutung hervorgehoben werden, die in der heutigen Gesellschaft
der Gastfreundschaft in all ihren Formen zukommt, vom Öffnen der Tür
des eigenen Hauses und noch mehr des eigenen Herzens für die Anliegen
der Mitmenschen bis hin zum konkreten Einsatz, jeder Familie das eigene
Heim zu sichern als naturgegebenen Ort für ihr Bestehen und Wachsen.
Vor allem die christliche Familie ist berufen, die Aufforderung des Apostels
zu beherzigen: "Gewährt jederzeit Gastfreundschaft!" 108
und nach dem Vorbild und in der Liebe Christi den notleidenden Bruder
aufzunehmen: "Wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches
Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist - amen, ich sage euch:
Er wird gewiß nicht um seinen Lohn kommen."
109
Der gesellschaftliche Auftrag
der Familie soll sich auch in Formen politischen Handelns äußern,
das heißt, die Familien müssen als erste sich dafür einsetzen,
daß die Gesetze und Einrichtungen des Staates die Rechte und Pflichten
der Familie nicht nur nicht beeinträchtigen, sondern positiv stützen
und verteidigen. In diesem Sinne sollen die Familien sich dessen immer
mehr bewußt werden, daß in erster Linie sie selbst im Bereich
der sogenannten "Familienpolitik" die Initiative ergreifen müssen;
sie sollen die Verantwortung für die Veränderung der Gesellschaft
übernehmen. Sonst werden die Familien die ersten Opfer jener Übel
sein, die sie vorher nur gleichgültig betrachtet haben. Der Appell
des II. Vatikanischen Konzils, die individualistische Ethik zu überwinden,
hat darum seine Bedeutung auch für die Familie als solche.110
Die Gesellschaft im Dienst
an der Familie
45. Wie die sehr enge Verbindung
zwischen Familie und Gesellschaft die Öffnung der Familie für
die Gesellschaft und ihre Teilnahme an deren Entwicklung erfordert, so
verlangt sie umgekehrt, daß die Gesellschaft stets ihrem grundlegenden
Auftrag nachkommt, ihrerseits die Familie zu achten und zu fördern.
Gewiß ergänzen
Familie und Gesellschaft einander bei der Verteidigung und Förderung
des Wohles aller und jedes einzelnen. Aber die Gesellschaft, und hier vor
allem der Staat, muß anerkennen, daß die Familie "eine Gemeinschaft
eigenen und ursprünglichen Rechtes" 111
ist, und hat deshalb die ernste Verpflichtung, sich in den jeweiligen Beziehungen
zur Familie an das Subsidiaritätsprinzip zu halten.
Kraft dieses Prinzips kann
und darf der Staat nicht den Familien jene Aufgaben entziehen, welche diese
als einzelne oder im freien Verband ebensogut erfüllen können,
sondern muß soweit wie irgend möglich die eigenverantwortliche
Initiative der Familien fördern und anregen. In der Überzeugung,
daß das Wohl der Familie einen unersetzlichen und unverzichtbaren
Wert für das Zusammenleben der Bürger darstellt, müssen
die staatlichen Autoritäten ihr möglichstes tun, um den Familien
alle jene Hilfen auf wirtschaftlichem, sozialem, erzieherischem, politischem
und kulturellem Gebiet zu sichern, die sie brauchen, um in menschenwürdiger
Weise ihrer vollen Verantwortung nachkommen zu können.
Die Charta der Familienrechte
46. Das Ideal gegenseitiger
Hilfe und Förderung zwischen Familie und Gesellschaft stößt
oft, und zwar sehr massiv, auf die harte Wirklichkeit, daß beide
voneinander getrennt, ja sogar in einen Gegensatz zueinander geraten sind.
In der Tat, so beklagt es die Synode immer wieder, ist die Lage sehr vieler
Familien in verschiedenen Ländern mit zahlreichen Problemen verbunden,
ja oft genug ausgesprochen belastet: Institutionen und Gesetze mißachten
willkürlich die unverletzlichen Rechte der Familie, ja der menschlichen
Person, und die Gesellschaft geht, anstatt sich in den Dienst der Familie
zu stellen, gegen deren Werte und Grundbedürfnisse gewaltsam vor.
Die Familie, die im Plane Gottes die erste Lebenszelle der Gesellschaft
und noch vor dem Staat und jeder anderen Gemeinschaft Träger von Rechten
und Pflichten ist, wird so zum Opfer einer Gesellschaft, deren Hilfsmaßnahmen
oft schleppend oder zu spät kommen, und die ihr gegenüber sogar
offenkundige Ungerechtigkeiten begeht.
Darum verteidigt die Kirche
offen und nachdrücklich die Rechte der Familie vor den untragbaren
Anmaßungen der Gesellschaft und des Staates. Im einzelnen haben die
Väter der Synode unter anderem folgende Rechte der Familie genannt:
-
das Recht, als Familie zu leben
und sich zu entwickeln, das heißt das Recht jedes Menschen, besonders
auch der Armen, eine Familie zu gründen und sie mit den nötigen
Mitteln zu unterhalten;
-
das Recht, die eigene Verantwortung
in der Weitergabe des Lebens und in der Erziehung der Kinder wahrzunehmen;
-
das Recht auf Intimität
für den ehelichen und familiären Bereich;
-
das Recht auf Dauerhaftigkeit
der ehelichen Bindung und Institution;
-
das Recht, einen Glauben zu
haben, ihn zu bekennen und zu verbreiten;
-
das Recht, die Kinder nach den
eigenen religiösen wie kulturellen Traditionen und Werten mit den
notwendigen Hilfen, Mitteln und Einrichtungen zu erziehen;
-
das Recht auf leibliche, soziale,
politische und wirtschaftliche Sicherheit, besonders der Armen und der
Kranken;
-
das Recht auf eine geeignete
Wohnung, die ein angemessenes Familienleben ermöglicht;
-
das Recht, die eigenen Anliegen
vor den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Behörden auf oberer
und unterer Ebene auszudrücken und zu vertreten, sei es persönlich
oder mit Hilfe von Verbänden;
-
das Recht, mit anderen Familien
und Institutionen Verbände zu bilden, um die eigenen Aufgaben gut
und schnell erfüllen zu können;
-
das Recht, die Minderjährigen
vor schädlichen Drogen, Pornographie, Alkoholismus usw. mit Hilfe
von entsprechenden Einrichtungen und Gesetzgebungen zu schützen;
-
das Recht auf eine sinnvolle
Freizeit, die auch die Werte der Familie fördert;
-
das Recht der alten Menschen
auf ein menschenwürdiges Leben und Sterben;
-
das Recht, als Familie auswandern
zu können, um bessere Lebensbedingungen zu suchen.112
Der Heilige Stuhl wird die ausdrückliche
Bitte der Synode aufgreifen und diese Anregungen durch die Erstellung einer
"Charta der Familienrechte" weiterführen, die den in Frage kommenden
Gremien und Autoritäten überreicht werden soll.
Gnade und Verantwortung
der christlichen Familie
47. Der gesellschaftliche
Auftrag, der jeder Familie eigen ist, kommt der christlichen Familie, die
auf das Ehesakrament gegründet ist, aus einem neuen und eigenständigen
Grunde zu. Indem dieses Sakrament die menschliche Wirklichkeit ehelicher
Liebe in all ihren Bezügen aufgreift, befähigt und verpflichtet
es die christlichen Ehegatten und Eltern, ihre Berufung als Laien zu erleben,
und so "in der Behandlung und gottgewollten Gestaltung der weltlichen Dinge
das Reich Gottes zu suchen."
113
Der gesellschaftliche und
politische Auftrag gehört zu jener königlichen, dienenden Sendung,
an der die christlichen Eheleute kraft des Ehesakramentes teilhaben. Dabei
erhalten sie einen Auftrag, dem sie sich nicht entziehen können, und
empfangen zugleich eine Gnade, die sie darin stützt und ermutigt.
So ist die christliche Familie
dazu berufen, allen Zeugnis zu geben von einem hochherzigen und selbstlosen
Einsatz für die sozialen Probleme, vorzugsweise zugunsten der Armen
und Verstoßenen. Auf dem Wege der Nachfolge des Herrn in einer tiefen
Liebe zu allen Armen muß die christliche Familie darum in besonderer
Weise ein Herz haben für die Hungernden, die Bedürftigen, die
Alten, die Kranken, die Süchtigen, die Alleinstehenden.
Für eine neue internationale
Ordnung
48. Angesichts der weltweiten
Dimension, die die verschiedenen sozialen Probleme heute aufweisen, erfährt
die Familie, wie sich ihr Auftrag für die Entwicklung der Gesellschaft
in bisher nicht gekannten Ausmaßen erweitert. Es geht darum, auch
an einer neuen internationalen Ordnung mitzuwirken; denn nur in weltweiter
Solidarität können die ungeheuren dramatischen Probleme der Gerechtigkeit
in der Welt, der Freiheit der Völker und des Friedens unter den Menschen
angegangen und gelöst werden.
Die geistige Gemeinschaft
der christlichen Familien, die im selben Glauben und in der gemeinsamen
Hoffnung wurzeln und von der Liebe belebt werden, bildet eine innere Energie,
die unter den Menschen Gerechtigkeit und Versöhnung, Brüderlichkeit
und Frieden aufkeimen, sich ausbreiten und entfalten läßt. Als
"kleine Kirche" ist die christliche Familie, ähnlich wie die "große
Kirche", dazu berufen, Zeichen der Einheit für die Welt zu sein und
so ihr prophetisches Amt auszuüben, indem sie Christi Herrschaft und
Frieden bezeugt, woraufhin die ganze Welt unterwegs ist.
Die christlichen Familien
können dies durch ihr erzieherisches Wirken tun, indem sie ihren Kindern
das Beispiel eines Lebens geben, das sich auf die Werte der Wahrheit und
Freiheit, der Gerechtigkeit und der Liebe gründet, oder durch einen
aktiven und verantwortlichen Einsatz für echt menschliches Wachsen
der Gesellschaft und ihrer Institutionen oder auch durch verschiedene Formen
der Unterstützung von Vereinigungen, die sich in besonderer Weise
den Problemen der internationalen Ordnung widmen.
IV. Die Teilnahme der
Familie am Leben und an der Sendung der Kirche
Die Familie im Geheimnis
der Kirche
49. Zu den grundlegenden
Aufgaben der christlichen Familie gehört ihr kirchlicher Auftrag:
Sie ist zum Dienst am Aufbau des Reiches Gottes in der Geschichte berufen,
indem sie am Leben und an der Sendung der Kirche teilnimmt.
Um die Grundlagen, Inhalte
und Eigenschaften dieser Teilnahme besser zu verstehen, muß man den
vielfältigen tiefen Bindungen zwischen der Kirche und der christlichen
Familie nachgehen, durch die diese zu einer "Kirche im kleinen"
(Ecclesia
domestica - Hauskirche)114
wird und in
ihrer Weise ein lebendiges Bild und eine Vergegenwärtigung des Geheimnisses
der Kirche in der Zeit darstellt.
Es ist zunächst die
Mutter Kirche, welche der christlichen Familie das Leben schenkt, sie erzieht
und wachsen läßt, indem sie die Heilssendung, die sie von ihrem
Herrn empfangen hat, an der Familie vollzieht. Durch die Verkündigung
des Wortes Gottes enthüllt die Kirche der christlichen Familie deren
wahre Identität, das, was sie nach dem Plan des Herrn ist und sein
soll. Durch die Feier der Sakramente bereichert und bestärkt die Kirche
die christliche Familie mit der Gnade Christi, damit sie heilig werde zur
Ehre Gottes, des Vaters. Durch die unablässige Verkündigung des
neuen Gebotes der Liebe inspiriert und führt die Kirche die christliche
Familie zur dienenden Liebe, auf daß sie dieselbe sich verschenkende
und aufopfernde Liebe, die der Herr Jesus Christus für die ganze Menschheit
hegt, nachvollziehe und lebe.
Die christliche Familie ihrerseits
ist dem Geheimnis der Kirche so tief eingefügt, daß sie auf
ihre Art an deren Heilssendung teilnimmt: Die christlichen Ehegatten und
Eltern haben kraft des Sakramentes "in ihrem Lebensstand und in ihrem Wirkbereich
ihre besondere Gabe im Gottesvolk".115 Darum
empfangen sie nicht nur die Liebe Christi und werden dadurch eine
erlöste Gemeinschaft, sondern sind auch dazu berufen, diese
Liebe Christi an die Mitmenschen weiterzugeben und so auch
erlösende
Gemeinschaft zu werden. Während die christliche Familie so Frucht
und Erweis der übernatürlichen Fruchtbarkeit der Kirche ist,
wird sie zugleich Symbol und Zeugin für diese Mutterschaft der Kirche,
an der sie aktiv teilnimmt.116
Ein besonderer und eigener
kirchlicher Auftrag
50. Die christliche Familie
ist dazu berufen, aktiv und verantwortlich an der Sendung der Kirche mit
einem besonderen und eigenen Beitrag teilzunehmen, indem sie sich selber
mit ihrem Sein und Handeln als innige Liebes- und Lebensgemeinschaft
in den Dienst an Kirche und Gesellschaft stellt.
Wenn die christliche Familie
eine Gemeinschaft ist, deren innere Bindungen von Christus durch den Glauben
und die Sakramente auf eine neue Ebene erhoben sind, muß ihre Teilnahme
an der Sendung der Kirche eine gemeinschaftliche Note tragen. Gemeinsam
also, die Gatten
als Ehepaar und die Eltern mit den Kindern als
Familie, müssen sie ihren Dienst für Kirche und Welt vollziehen.
Sie müssen im Glauben "ein Herz und eine Seele" sein117
durch die gemeinsame apostolische Gesinnung, die sie beseelt, und
durch die Zusammenarbeit, die sie bei ihrem Einsatz im Dienst an der kirchlichen
und bürgerlichen Gemeinschaft verbindet.
Die christliche Familie erbaut
das Reich Gottes in der Geschichte ferner durch dieselben täglichen
Wirklichkeiten, die ihre besondere Lebenssituation betreffen und
prägen. So ist es gerade
die Liebe in Ehe und Familie mit ihrem
außerordentlichen Reichtum an Werten und Aufgaben im Zeichen der
Ganzheit und Einmaligkeit, der Treue und der Fruchtbarkeit,118
durch die sich die Teilnahme der christlichen Familie an der prophetischen,
priesterlichen und königlichen Sendung Jesu Christi und seiner Kirche
ausdrückt und verwirklicht; Liebe und Leben bilden deshalb den Wesenskern
der Heilssendung der christlichen Familie in der Kirche und für die
Kirche.
Daran erinnert das II. Vatikanische
Konzil, wenn es schreibt: "Von ihrem reichen geistlichen Leben soll die
Familie auch anderen Familien in hochherziger Weise mitgeben. Daher soll
die christliche Familie - entsteht sie doch aus der Ehe, die das Bild und
die Teilhabe am Liebesbund Christi mit der Kirche ist - die lebendige Gegenwart
des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der Kirche allen kundmachen
sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit
und Treue als auch in der bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder."
119
Nachdem so das Fundament
für die Teilnahme der christlichen Familie an der Sendung der Kirche
dargelegt ist, soll nun im folgenden ihr Inhalt aufgewiesen werden, und
zwar in seinem dreifachen Bezug auf Jesus Christus, den Propheten, Priester
und König; damit soll die christliche Familie 1) als glaubende
und verkündende Gemeinschaft, 2) als Gemeinschaft im Dialog mit Gott
sowie 3) als Gemeinschaft im Dienst am Menschen dargestellt werden.
1) Die christliche
Familie als glaubende und verkündende Gemeinschaft
Der Glaube läßt
den Plan Gottes für die Familie entdecken und bewundern
51. Durch die Teilnahme am
Leben und an der Sendung der Kirche, die das Wort Gottes hörend empfängt
und es mit festem Vertrauen verkündet,120
lebt die christliche Familie ihren prophetischen Auftrag, indem auch sie
das Wort Gottes annimmt und weitergibt. So wird sie von Tag zu Tag mehr
zu einer gläubigen und verkündenden Gemeinschaft.
Auch von den christlichen
Ehegatten und Eltern ist der Gehorsam des Glaubens gefordert.121
Sie sind dazu aufgerufen, das Wort Gottes anzunehmen, das ihnen die herrliche
Neuheit - die Frohe Botschaft - ihres Lebens in Ehe und Familie verkündet,
welches durch Christus Heil empfängt und wirkt. Denn nur im Glauben
können sie ja wahrnehmen und in froher Dankbarkeit bewundern, zu welcher
Würde Gottes heiliger Wille Ehe und Familie erhoben hat, indem er
sie zum Zeichen und Ort des Liebesbundes zwischen Gott und den Menschen,
zwischen Jesus Christus und seiner Braut, der Kirche, gemacht hat.
Bereits die Vorbereitung
auf eine christliche Ehe stellt sich als ein Glaubensweg dar. Sie bietet
eine hervorragende Gelegenheit, daß die Verlobten den Glauben, den
sie in der Taufe empfangen und während ihrer christlichen Erziehung
entfaltet haben, neu entdecken und vertiefen. Auf diese Weise anerkennen
und übernehmen sie in Freiheit die Berufung, im Ehestand Christus
nachzufolgen und dem Reiche Gottes zu dienen.
Grundlegende Bedeutung für
den Glauben der Brautleute hat die Feier des Ehesakramentes, das in seinem
inneren Wesen Verkündigung der Frohbotschaft über die eheliche
Liebe in der Kirche ist. Es ist Gottes Wort, das seinen weisen und liebenden
Plan für die Brautleute enthüllt und vollzieht, der sie zur geheimnisvollen,
aber realen Teilnahme an der Liebe Gottes zur Menschheit führt. Wenn
die Trauung in sich selbst Verkündigung des Wortes Gottes ist, muß
sie bei allen, die die Feier tragen oder mitvollziehen, zu einem Glaubensbekenntnis
werden, das in der Kirche, der Gemeinschaft der Glaubenden, und zusammen
mit ihr abgelegt wird.
Dieses Glaubensbekenntnis
will im Laufe des Lebens der Ehegatten und der Familie weitervollzogen
werden; Gott, der die Gatten
zur Ehe berufen hat, ruft sie in
der Ehe weiterhin an.122
Durch die Ereignisse,
Probleme, Schwierigkeiten des täglichen Lebens und in diesen begegnet
ihnen Gott, der ihnen die konkreten Anforderungen vor Augen stellt, die
sich im Hinblick auf ihre jeweilige familiäre, gesellschaftliche und
kirchliche Lage aus ihrer Teilnahme an der Liebe Christi zu seiner Kirche
ergeben.
Die Entdeckung und Befolgung
des Planes Gottes muß in Ehe und Familie gemeinschaftlich geschehen
durch die menschliche Erfahrung der Liebe, die im Geiste Christi zwischen
den Gatten, zwischen den Eltern und Kindern gelebt wird.
Aus diesem Grunde muß,
wie die "große Kirche", auch die kleine Hauskirche ständig und
gründlich in die Frohbotschaft tiefer eingeführt werden. Hieraus
ergibt sich die Aufgabe einer fortwährenden Glaubenserziehung.
Der Verkündigungsauftrag
der christlichen Familie
52. In dem Maße, wie
die christliche Familie das Evangelium annimmt und im Glauben reift, wird
sie zu einer verkündigenden Gemeinschaft. Paul VI. hat hierzu gesagt:
"Die Familie muß wie die Kirche ein Raum sein, wo die Frohbotschaft
weitergegeben wird und überzeugend aufleuchtet. Im Schoß einer
Familie, die sich dieser Sendung bewußt ist, verkünden alle
Familienmitglieder das Evangelium und empfangen es zugleich voneinander.
Die Eltern vermitteln nicht nur ihren Kindern die Frohbotschaft, sondern
auch die Kinder können diese ihren Eltern in besonderer Lebendigkeit
wiederschenken. Eine solche Familie wirkt verkündigend auch auf viele
andere Familien und auf die gesamte Umwelt, in der sie lebt."
123
Wie die Synode betonte, indem
sie meinen Appell von Puebla wiederholte, wird die Evangelisierung in Zukunft
zu einem großen Teil von der "Hauskirche" abhängen.124
Diese
apostolische Sendung der Familie wurzelt in der Taufe und empfängt
durch die sakramentale Gnade der Ehe eine neue Kraft, die heutige Gesellschaft
nach den Absichten Gottes zu heiligen und zu verändern.
Vor allem heute hat die christliche
Familie eine besondere Berufung, den Bund mit dem auferstandenen Herrn
zu bezeugen, indem sie beständig die Freude erkennen läßt,
die aus der Liebe entsteht, und die Gelassenheit, die aus der Hoffnung
kommt, von der sie Rechenschaft geben soll: "Die christliche Familie verkündet
mit lauter Stimme die gegenwärtige Wirkkraft des Reiches Gottes wie
auch die Hoffnung auf das ewige Leben." 125
Die absolute Notwendigkeit
einer Katechese im Rahmen der Familie ergibt sich mit besonderer Dringlichkeit
in bestimmten Situationen, welche die Kirche mit Bedauern mancherorts vorfindet:
"Dort, wo eine antireligiöse Gesetzgebung jede andere Form der Glaubenserziehung
zu verhindern sucht oder wo verbreiteter Unglaube oder eine uferlose Verweltlichung
ein wirksames Wachstum im Glauben praktisch unmöglich machen, bleibt
die sogenannte Hauskirche der einzige Ort, an dem Kinder und Jugendliche
eine echte Glaubensunterweisung erhalten können."
126
Ein ekklesialer Dienst
53. Der Verkündigungsdienst
der christlichen Eltern hat seine eigene Prägung und ist unersetzlich;
er nimmt die Eigenschaften an, welche das Familienleben als solches kennzeichnen
sollen: Liebe, Einfachheit, Lebensnähe und tägliches Zeugnis.127
Die Familie muß die
Kinder so für das Leben formen, daß jedes entsprechend der von
Gott empfangenen Berufung seine Aufgabe ganz erfüllen kann. Eine Familie,
die offen ist für die transzendenten Werte, die den Brüdern in
Freude dient, die hochherzig und treu ihre Aufgaben erfüllt und sich
ihrer täglichen Teilnahme am österlichen Geheimnis des Kreuzes
Christi bewußt ist, eine solche Familie wird zum ersten und besten
Seminar für die Berufung zu einem dem Reiche Gottes geweihten Leben.
Der Dienst der Eltern als
Verkünder und Katecheten muß das Leben ihrer Kinder auch in
den Jahren der Pubertät und der Jugend begleiten, wenn diese den christlichen
Glauben, den sie in den ersten Jahren ihres Lebens empfangen haben, oft
kritisieren oder sogar zurückweisen. Wie sich in der Kirche das Werk
der Verkündigung nie getrennt vom Leiden des Apostels vollzieht, so
müssen in der christlichen Familie die Eltern mit Mut und großer
Gelassenheit des Herzens den Schwierigkeiten begegnen, auf die ihr Verkündigungsdienst
manchmal bei den eigenen Kindern stößt.
Man muß sich also immer
bewußt bleiben, daß der Dienst der christlichen Gatten und
Eltern am Evangelium von seinem Wesen her ein kirchliches Tun ist, eingebettet
in den Zusammenhang der ganzen Kirche als einer das Evangelium hörenden
und verkündenden Gemeinschaft. Die Verwurzelung und Begründung
in der einen Sendung der Kirche und die Hinordnung auf die Erbauung des
einen Leibes Christi128 macht es notwendig,
daß der Verkündigungs- und Unterweisungsdienst der Hauskirche
mit allen anderen entsprechenden Diensten in der kirchlichen Gemeinschaft
der Pfarrei und des Bistums verantwortungsbewußt abgestimmt wird.
Das Evangelium allen Geschöpfen
verkünden
54. Universalität ohne
Grenzen ist der Horizont einer von missionarischem Eifer beseelten Verkündigung;
ist sie doch die Antwort auf den ausdrücklichen und eindeutigen Befehl
Christi: "Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium
allen Geschöpfen."
129
Auch der Glaube und der Verkündigungsauftrag
der christlichen Familie sind von diesem "katholischen" Missionsgeist geprägt.
Das Sakrament der Ehe, das den Tauf- und Firmungsauftrag zur Verteidigung
und Verkündigung des Glaubens wiederaufgreift,130
macht die christlichen Gatten und Eltern zu Zeugen Christi "bis an die
Grenzen der Erde",131
zu wahren "Missionaren"
der Liebe und des Lebens.
Eine gewisse Form missionarischen
Wirkens kann bereits im Inneren der Familie stattfinden. Das geschieht,
wenn eines ihrer Mitglieder keinen Glauben hat oder nicht konsequent aus
ihm lebt. Dann müssen die anderen Familienmitglieder ihm ein gelebtes
Glaubenszeugnis bieten, das ihm neue Kraft gibt und dabei hilft, auf dem
Weg zur vollen Bejahung Christi, unseres Heils, voranzukommen.132
Schon im eigenen Leben vom
Missionsgeist beseelt, ist die Hauskirche berufen, ein leuchtendes Zeichen
der Gegenwart Christi und seiner Liebe auch für die "Fernstehenden"
zu sein, für die Familien, die noch nicht glauben, und für jene
christlichen Familien, deren Leben dem einst empfangenen Glauben nicht
mehr entspricht; sie ist berufen, "durch Beispiel und Zeugnis ... jene,
die die Wahrheit suchen, zu erleuchten".133
Wie schon im frühen
Christentum das Beispiel des missionarischen Ehepaares Aquila und Priszilla
aufleuchtet,134
so bezeugt die Kirche heute
ihre ungebrochene Frische und Blüte durch christliche Ehepaare und
Familien, die wenigstens für eine bestimmte Zeit in die Mission gehen,
um das Evangelium zu verkünden, indem sie dem Menschen mit der Liebe
Jesu Christi dienen.
Im Missionsanliegen der Kirche
leisten die christlichen Familien einen besonderen Beitrag, indem sie unter
ihren Söhnen und Töchtern missionarische Berufungen födern,135
und
überhaupt durch eine Erziehung, in der sie "ihre Kinder ... von klein
auf dazu befähigen, daß sie die Liebe Gottes gegen alle Menschen
immer mehr erkennen".136
2) Die christliche
Familie, eine Gemeinschaft im Gespräch mit Gott
Die Familie, Hausheiligtum
der Kirche
55. Die Verkündigung
des Evangeliums und seine Annahme im Glauben erreichen ihre Fülle
in der sakramentalen Feier. Die glaubende und verkündigende Gemeinschaft
der Kirche ist auch priesterliches Volk; sie hat teil an der Würde
und Vollmacht Christi, des Hohenpriesters des neuen und ewigen Bundes.137
Auch die christliche Familie
gehört zur Kirche, zum priesterlichen Volk. Durch das Ehesakrament,
in dem sie gründet und aus dem sie ihre Kraft schöpft, wird sie
dauernd von Jesus, dem Herrn, belebt und zum Dialog mit Gott berufen und
verpflichtet, zum Dialog durch das sakramentale Leben, durch den Einsatz
der eigenen Existenz und durch das Gebet.
Das ist die priesterliche
Aufgabe, welche die christliche Familie in tiefster Verbundenheit mit
der ganzen Kirche durch den Alltag ehelichen und familiären Lebens
verwirklichen kann und muß; so ist sie berufen, sich selbst sowie
die kirchliche Gemeinschaft und die Welt zu heiligen.
Die Eheschließung,
Sakrament gegenseitiger Heiligung und Akt der Gottesverehrung
56. Ureigenste Quelle und
Hilfe zur Heiligung ist für die Gatten und die christlichen Familien
das Sakrament der Ehe. In ihm wird die heiligmachende Gnade der Taufe aufgegriffen
und bekommt sie eine neue, eigene Prägung. Kraft des Geheimnisses
von Christi Tod und Auferstehung, in das die christliche Ehe die Getauften
in neuer Weise einwurzelt, wird die eheliche Liebe geläutert und geheiligt:
"Diese Liebe hat der Herr durch eine besondere Gabe seiner Gnade und Liebe
geheiligt, vollendet und erhöht." 138
Die Gabe Jesu Christi erschöpft
sich nicht in der Feier des Ehesakramentes, sondern begleitet die Gatten
durch ihr ganzes Leben. Ausdrücklich weist das II. Vatikanische Konzil
daraufhin, wenn es sagt, daß Jesus Christus "fernerhin bei ihnen
bleibt, damit die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger
Treue lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie
hingegeben hat ... So werden die christlichen Gatten in den Pflichten und
der Würde ihres Standes durch ein eigenes Sakrament gestärkt
und gleichsam geweiht. In der Kraft dieses Sakramentes erfüllen sie
ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist Christi, durch den ihr ganzes
Leben von Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen wird, gelangen sie mehr
und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur gegenseitigen Heiligung
und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes".139
Die allgemeine Berufung zur
Heiligkeit gilt auch den christlichen Gatten und Eltern. Sie bekommt für
sie eine eigene Prägung durch das empfangene Sakrament und verwirklicht
sich im besonderen Rahmen ehelichen und familiären Lebens.140
Hieraus ergeben sich die Gnade und die Verpflichtung zu einer echten und
tiefen Spiritualität der Ehe und Familie mit den Themen von
Schöpfung, Bund, Kreuz, Auferstehung und Zeichen, die von der Bischofssynode
mehrmals berührt wurden.
Wie alle Sakramente, die
"hingeordnet sind auf die Heiligung der Menschen, auf den Aufbau des Leibes
Christi und schließlich auf die Gott geschuldete Verehrung",141
ist die christliche Eheschließung in sich selbst ein liturgischer
Akt der Gottesverherrlichung in Jesus Christus und in der Kirche. Durch
die Feier der Trauung bekennen die christlichen Gatten ihre Dankbarkeit
gegen Gott für das ihnen zuteil gewordene hohe Geschenk, daß
sie in ihrem Ehe- und Familienleben die Liebe Gottes selbst nachvollziehen
dürfen, die Liebe Gottes zu den Menschen und die Liebe Christi zu
seiner Braut, der Kirche. Und wie sich aus dem Sakrament für die Gatten
die Gabe und die Aufgabe ergeben, täglich die empfangene Heiligung
zu leben, so kommt aus diesem Sakrament auch die Gnade und die Verpflichtung,
ihr ganzes Leben in ein geistliches Opfer142
ohne
Unterlaß umzuwandeln. Auch für die christlichen Gatten und Eltern
gelten besonders auf Grund der irdischen und zeitlichen Wirklichkeiten,
die ihr Leben prägten, die Worte des Konzils: "So weihen auch die
Laien die Welt an Gott, wenn sie im Geist der Anbetung allenthalben heiligmäßig
wirken."
143
Ehe und Eucharistie
57. Die Heiligung als Auftrag
der christlichen Familie hat ihre erste Wurzel in der Taufe und ihren höchsten
Ausdruck in der Eucharistie, mit der die christliche Ehe tief verbunden
ist. Das II. Vatikanische Konzil hat die besondere Beziehung zwischen Eucharistie
und Ehe betont, wenn es verlangt: "Die Trauung möge in der Regel innerhalb
der Messe ... gefeiert werden." 144 Diese
Beziehung muß unbedingt neu entdeckt und vertieft werden, sollen
die Gnade und die Verantwortung von christlicher Ehe und Familie intensiver
begriffen und gelebt werden.
Die Eucharistie ist die Quelle
der christlichen Ehe. Das eucharistische Opfer macht ja den Liebesbund
Christi mit der Kirche gegenwärtig, der mit seinem Blut am Kreuz besiegelt
wurde.145 In diesem Opfer des neuen und ewigen
Bundes finden die christlichen Eheleute die Quelle, aus der ihr Ehebund
Ursprung, innere Formung und dauernde Belebung empfängt. Als Vergegenwärtigung
des Liebesopfers Christi durch die Kirche ist die Eucharistie eine Quelle
der Liebe. Diese in der Eucharistie geschenkte Liebe ist das lebendige
Fundament der Gemeinschaft und Sendung der christlichen Familie. Das eucharistische
Brot macht aus den verschiedenen Gliedern der Familiengemeinschaft einen
einzigen Leib, in dem die umfassendere Einheit der Kirche sichtbar und
gegenwärtig wird; die Teilnahme am "hingegebenen" Leib und am "vergossenen"
Blut wird unerschöpfliche Quelle der missionarischen und apostolischen
Dynamik der christlichen Familie.
Das Sakrament der Umkehr
und Versöhnung
58. Zum Heiligungsauftrag
der christlichen Familie gehört wesenhaft und immer das Eingehen auf
den Bekehrungsruf des Evangeliums an alle Christen, die ja der "Neuheit"
der Taufe, die sie zu "Heiligen" macht, nicht immer treu bleiben. Auch
die christliche Familie entspricht nicht immer dem Gesetz der Gnade und
Heiligkeit, unter dem sie durch die Taufe steht und unter das sie im Sakrament
der Ehe neu gestellt wurde.
Reue und gegenseitige Vergebung
im Schoß der christlichen Familie, die in deren täglichem Leben
einen so breiten Raum einnehmen, finden ihren besonderen sakramentalen
Vollzug in der Beichte. So schrieb Paul VI. in der Enzyklika Humanae
vitae von den Eheleuten: "Und wenn sie sich wieder in Sünde verstricken
sollten, so seien sie nicht entmutigt, sondern mögen in Demut und
Beharrlichkeit ihre Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes nehmen, die sich
ihnen im Bußsakrament öffnet." 146
Die Feier dieses Sakramentes
bekommt für das Familienleben eine besondere Bedeutung. Die Gatten
und alle Glieder der Familie entdecken im Licht des Glaubens, daß
die Sünde nicht nur dem Bund mit Gott widerspricht, sondern auch dem
Bund der Gatten und der Familiengemeinschaft; sie finden zur Begegnung
mit Gott, "der voll Erbarmen ist" 147 und
der in seiner Liebe, die stärker ist als die Sünde,148
die Gemeinschaft der Ehe und der Familie wiederherstellt und vertieft.
Das Familiengebet
59. Die Kirche betet für
die christliche Familie und erzieht sie zu einem Leben hochherziger Übereinstimmung
mit der priesterlichen Gabe und Aufgabe aus der Hand des Hohenpriesters
Jesus Christus. Das allgemeine Priestertum aus der Taufe wird in
der sakramentalen Ehe für die Gatten und die Familie zum Fundament
einer priesterlichen Berufung und Sendung, durch die sich ihr tägliches
Leben in ein "Gott wohlgefälliges geistiges Opfer durch Jesus Christus"
verwandelt.149
Das geschieht nicht nur durch
die Feier der Eucharistie und der anderen Sakramente, nicht nur durch die
Selbsthingabe zur Ehre Gottes, sondern auch durch das Gebetsleben, durch
das betende Gespräch mit dem Vater durch Jesus Christus im Heiligen
Geist.
Das Familiengebet hat seine
besonderen Merkmale. Es ist ein gemeinsames Beten von Mann und Frau,
von Eltern und Kindern. Die Gemeinschaft im Gebet ist zugleich Frucht und
Forderung aus jener Gemeinschaft, die durch die Sakramente der Taufe und
der Ehe geschenkt wird. Auf die Glieder der christlichen Familie kann man
besonders jene Worte anwenden, mit denen Christus seine Gegenwart zusichert:
"Weiter sage ich euch: Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten,
werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei
in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." 150
Der besondere Inhalt dieses
Gebetes ist das Familienleben
selbst, das in all seinen verschiedenen
Situationen als Anruf Gottes verstanden und als kindliche Antwort auf diesen
Anruf vollzogen wird: Freude und Leid, Hoffnung und Enttäuschung,
Geburten, Geburtstage und Hochzeitstage, Abschiede, Getrenntsein und Wiedersehen,
wichtige und einschneidende Entscheidungen, Todesfälle im Kreis der
Lieben und ähnliches mehr - all das sind Marksteine der Begegnung
der Liebe Gottes mit der Geschichte der Familie, wie sie auch Anlaß
zur Danksagung sein sollen, des Bittens, der vertrauensvollen Überantwortung
der Familie an den gemeinsamen Vater im Himmel. Die Würde und die
Verantwortung der christlichen Familie als Hauskirche können nur mit
der beständigen Hilfe Gottes gelebt werden; wer sie in Demut und Vertrauen
erbittet, dem wird sie auch zuteil.
Die Gebetserziehung
60. Kraft ihrer Würde
und Sendung haben die christlichen Eltern die besondere Aufgabe, ihre Kinder
zum Gebet zu erziehen, sie hinzuführen zu einer fortschreitenden Entdeckung
des Geheimnisses Gottes und zu einem persönlichen Gespräch mit
ihm: "Besonders aber sollen in der christlichen Familie, die mit der Gnade
und dem Auftrag des Ehesakramentes ausgestattet ist, die Kinder schon von
den frühesten Jahren an angeleitet werden, gemäß dem in
der Taufe empfangenen Glauben Gott zu erkennen und zu verehren und den
Nächsten zu lieben." 151
Unersetzliches Grundelement
der Gebetserziehung sind das praktische Beispiel und lebendige Zeugnis
der Eltern. Nur wenn Vater und Mutter mit den Kindern zusammen beten und
so ihr königliches Priestertum ausüben, erreichen sie die Herzensmitte
ihrer Kinder und hinterlassen dort Spuren, die von den Ereignissen des
späteren Lebens nicht ausgelöscht werden können. Hören
wir noch einmal den Aufruf Pauls VI. an die Eltern: "Mütter, lehrt
ihr euren Kindern die christlichen Gebete? Bereitet ihr sie in Einklang
mit den Priestern auf die Sakramente der Kindheit und Jugend vor, auf Beichte,
Kommunion und Firmung? Macht ihr es ihnen zur Gewohnheit, in Krankheit
an das Leiden Christi zu denken, Maria und die Heiligen um ihre Hilfe zu
bitten? Betet ihr zu Hause den Rosenkranz? Und ihr Väter, könnt
ihr mit euren Kindern beten, mit der ganzen Hausgemeinschaft, wenigstens
von Zeit zu Zeit? Euer Beispiel durch Geradheit im Denken und Tun, das
von gelegentlichem gemeinsamen Beten unterstützt wird, ist Unterricht
aus dem Leben, ist Gottesdienst von hohem Wert; so bringt ihr Frieden in
euer Heim: ‚Friede diesem Hause!‘ Merkt es euch: So baut ihr Kirche!" 152
Liturgisches und privates
Gebet
61. Zwischen dem Gebet der
Kirche und dem der einzelnen Gläubigen besteht ein tiefer und lebendiger
Zusammenhang, wie das II. Vatikanische Konzil deutlich betont.153
Ein wichtiges Ziel des Gebetes der Hauskirche ist es, für die Kinder
die natürliche Hinführung zum liturgischen Gebet der ganzen Kirche
zu sein, indem sie auf dieses Gebet vorbereitet und es auch hineinträgt
in den Bereich des persönlichen, familiären und sozialen Lebens.
Daher die Notwendigkeit eines wachsenden inneren Mitvollzugs aller Glieder
der christlichen Familie bei der Eucharistie, vor allem an Sonn- und Feiertagen,
und der Feier der anderen Sakramente, besonders der christlichen Initiation
ihrer Kinder. Die Weisungen des Konzils haben der christlichen Familie
eine neue Möglichkeit eröffnet: Sie wird unter den Gruppen
aufgezählt, denen die gemeinsame Feier des Stundengebetes empfohlen
ist.154 Die christliche Familie wird sich
ferner bemühen, auch zu Hause und in einer für ihre Mitglieder
geeigneten Weise die Zeiten und Feste des Kirchenjahres zu feiern.
Zur häuslichen Vorbereitung
und Fortsetzung der in der Kirche gefeierten Gottesdienste greift die christliche
Familie zum Privatgebet mit seiner reichen Vielfalt von Formen. Diese bezeugt
den außerordentlichen Reichtum, in dem der Heilige Geist das christliche
Beten beseelt, und kommt zugleich den verschiedenen Bedürfnissen und
Lebenssituationen des Menschen entgegen, der sich an den Herrn wenden will.
Außer dem Morgen- und Abendgebet sind auch nach den Hinweisen der
Synodenväter ausdrücklich zu empfehlen: das Lesen und Betrachten
des Wortes Gottes in der Heiligen Schrift, die Vorbereitung auf den Sakramentenempfang,
die Herz-Jesu-Verehrung mit der entsprechenden Weihe, die verschiedenen
Formen der Muttergottesverehrung, das Tischgebet, die Pflege des religiösen
Brauchtums.
In voller Achtung der Freiheit
der Kinder Gottes hat die Kirche ihren Gläubigen einige Gebetsübungen
mit besonderer Sorgfalt und Eindringlichkeit vorgestellt und tut es weiterhin.
Erwähnt sei das Rosenkranzgebet: "Nun möchten wir, wie es schon
unsere Vorgänger getan haben, sehr eindringlich das Gebet des Rosenkranzes
in den Familien empfehlen ... Ohne Zweifel muß der Rosenkranz der
seligen Jungfrau Maria als eines der hervorragendsten und wirksamsten Gemeinschaftsgebete
angesehen werden, zu dem die christliche Familie eingeladen ist. Wir stellen
uns gerne vor und wünschen lebhaft, daß, wenn die Familie zum
Gebet beisammen ist, häufig und mit Vorliebe der Rosenkranz Verwendung
finde." 155 Die echte Marienverehrung, die
sich dadurch ausweist, daß sie die geistlichen Haltungen der Gottesmutter
ernstnimmt und hochherzig nachlebt, ist ein vorzügliches Mittel zur
Stärkung der Einheit der Familie in der Liebe und zur Entfaltung ehelicher
und familiärer Spiritualität. Maria, die Mutter Christi und der
Kirche, ist ja auch in besonderer Weise die Mutter der christlichen Familien,
die Mutter der Hauskirchen.
Gebet und Leben
62. Man darf nie vergessen,
daß das Gebet wesenhafter Bestandteil eines ganz und aus der Mitte
gelebten Christseins ist, ja zu unserem Menschsein gehört; es ist
"der erste Ausdruck der inneren Wahrheit des Menschen, die erste Bedingung
der echten Freiheit des Geistes".156
Das Gebet ist daher keineswegs
ein Ausweichen vor den täglichen Anforderungen, sondern vielmehr der
stärkste Antrieb für die Übernahme und volle Verwirklichung
der Verantwortung, die der christlichen Familie als erster und grundlegender
Zelle der menschlichen Gemeinschaft zukommt. So entspricht die wirksame
Teilnahme an Leben und Sendung der Kirche in der Welt der jeweiligen Treue
und Tiefe des Gebetes, mit dem sich die christliche Familie dem fruchtbaren
Weinstock, Christus, dem Herrn, verbindet.157
Aus der lebendigen Verbindung
mit Christus durch Liturgie, Hingabe und Gebet kommt auch die Fruchtbarkeit
der Familie in ihrem besonderen Dienst an der Entwicklung der menschlichen
Gesellschaft, der von sich aus gewiß zu einer Umgestaltung der Welt
führt.158
3) Die christliche
Familie, Gemeinschaft im Dienst am Menschen
Das neue Gebot der Liebe
63. Die Kirche, das prophetisch-priesterlich-königliche
Volk, hat die Sendung, alle Menschen dahin zu führen, das Wort Gottes
im Glauben anzunehmen, es in den Sakramenten und im Gebet zu feiern und
zu bekennen und schließlich im praktischen Leben nach dem neuen Gebot
und Geschenk der Liebe zu verkünden.
Das christliche Leben findet
sein Gesetz nicht in einem geschriebenen Gesetzbuch, sondern im personalen
Wirken des Heiligen Geistes, der den Christen beseelt und führt, also
im "Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus" :159
"Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen
Geist, der uns gegeben ist." 160
Das gilt auch für die
christliche Ehe und Familie: Ihr Lenker und Maßstab ist der Heilige
Geist, in die Herzen ausgegossen durch die sakramentale Eheschließung.
In Fortführung der Taufe im Wasser und im Heiligen Geist verkündet
die Trauung auch ihrerseits das Gebot der Liebe aus dem Evangelium und
prägt es mit der Gabe des Heiligen Geistes dem Herzen der christlichen
Eheleute noch tiefer ein: Ihre geläuterte und erlöste Liebe ist
einerseits Frucht des Heiligen Geistes, der in den Herzen der Gläubigen
am Werk ist, und ist andererseits das Urgebot des sittlichen Lebens, zu
dem sie in verantwortlicher Freiheit aufgerufen sind.
So wird die christliche Familie
vom neuen Gesetz des Geistes beseelt und geführt und ist berufen,
in engster Verbindung mit dem königlichen Volk der Kirche ihren Dienst
der Liebe gegenüber Gott und den Brüdern zu leben. Wie Christus
sein Königtum ausübt, indem er sich zum Diener der Menschen macht,161
so findet der Christ den wahren Sinn seiner Teilnahme am Königtum
seines Herrn im inneren und äußeren Mitvollzug von Christi Diensthaltung
gegenüber den Menschen: "Diese Gewalt teilte er seinen Jüngern
mit, damit auch sie in königlicher Freiheit stehen und durch Selbstverleugnung
und ein heiliges Leben das Reich der Sünde in sich selbst besiegen
(vgl.
Röm
6,12), aber auch Christus in den anderen dienen und
so ihre Brüder in Demut und Geduld zu dem König hinführen,
dem zu dienen herrschen bedeutet. Der Herr will ja sein Reich auch durch
die gläubigen Laien ausbreiten, das Reich der Wahrheit und des Lebens,
das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der
Liebe und des Friedens. In diesem Reich wird auch die Schöpfung von
der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit der
Herrlichkeit der Kinder Gottes (vgl.
Röm
8,21)." 162
In jedem Bruder das Bild
Gottes entdecken
64. Beseelt und getragen
vom neuen Gebot der Liebe ist die christliche Familie aufnahmebereit, ehrfurchtsvoll
und hilfreich gegenüber jedem Menschen, den sie immer in seiner Würde
als Person und als Kind Gottes sieht.
Das muß sich vor allem
innerhalb von Ehe und Familie selbst verwirklichen und zu ihren Gunsten
- im täglichen Bemühen, echte personale Gemeinschaft zu fördern,
getragen und genährt von der inneren Verbundenheit in der Liebe. Das
muß sich dann ausweiten auf die größere Gemeinschaft der
Kirche, in welcher die christliche Familie beheimatet ist; dank der Liebe
der Familie kann und muß die Kirche eine mehr häusliche familiäre
Dimension bekommen und sich einen menschlicheren und mehr geschwisterlichen
Stil des Zueinander und Miteinander aneignen.
Die Liebe geht sodann über
die eigenen Glaubensbrüder hinaus; denn "jeder Mensch ist mein Bruder".
In jedem, besonders im Armen, Schwachen, Leidenden und ungerecht Behandelten
weiß die Liebe das Antlitz Christi zu entdecken, den Bruder, der
Liebe und Hilfe braucht.
Soll die Familie den Dienst
am Menschen im Geist des Evangeliums leben, muß sie mit Nachdruck
verwirklichen, was das II. Vatikanische Konzil schreibt: "Damit die Übung
dieser Liebe über jeden Verdacht erhaben sei und als solche auch in
Erscheinung trete, muß man im Nächsten das Bild Gottes sehen,
nach dem er geschaffen ist, und Christus, den Herrn, dem in Wahrheit all
das dargebracht wird, was einem Bedürftigen gegeben wird." 163
Die christliche Familie,
welche in der Liebe Kirche auferbaut, steht zugleich im Dienst am Menschen
und an der Welt und trägt wirklich zu jener ganzheitlichen menschlichen
Entfaltung bei, deren Inhalt in der Botschaft der Synode an die Familien
folgendermaßen zusammengefaßt ist: "Eine weitere Aufgabe der
Familie ist die Heranbildung von liebesfähigen Menschen und die Ausübung
der Liebe in allen zwischenmenschlichen Beziehungen. So darf sie sich nicht
in sich selbst verschließen, sondern muß offen bleiben für
die Gesellschaft und sich vom Sinn für Gerechtigkeit und für
die Sorge um den Mitmenschen sowie von der Verpflichtung der eigenen Verantwortung
für die Gesamtgesellschaft leiten lassen." 164
Vierter
Teil
Familienpastoral:
Zeiten, Strukturen, aktiv Beteiligte, besondere Situationen
I. Zeiten für die
Familienpastoral
Die Kirche begleitet die
christliche Familie auf ihrem Weg
65. Wie jede lebendige Wirklichkeit
ist auch die Familie darauf angelegt, zu wachsen und sich zu entwickeln.
Nach der vorbereitenden Verlobungszeit und der kirchlichen Trauung beginnt
das Ehepaar seinen Lebensweg, der von Tag zu Tag immer mehr zur Verwirklichung
der Werte und Aufgaben der Ehe führen soll.
Im Licht des Glaubens und
aus der Kraft der Hoffnung nimmt auch die christliche Familie gemeinsam
mit der Kirche an der Erfahrung des irdischen Pilgerweges teil, der auf
die volle Offenbarung und Verwirklichung des Reiches Gottes hinführt.
Deshalb muß einmal
mehr die Dringlichkeit der pastoralen Hilfe der Kirche zur Stützung
der Familie unterstrichen werden. Jede Anstrengung muß unternommen
werden, damit sich die Familienpastoral durchsetzt und entfaltet; widmet
sie sich doch einem wirklich vorrangigen Bereich in der Gewißheit,
daß die Evangelisierung in Zukunft großenteils von der Hauskirche
abhängen wird.165
Das pastorale Bemühen
der Kirche beschränkt sich nicht nur auf die christlichen Familien
in der Nähe, sondern kümmert sich, indem es den eigenen Horizont
nach dem Maßstab des Herzens Jesu ausweitet, noch intensiver um alle
Familien in ihrer Gesamtheit und vor allem um jene, die sich in einer schwierigen
oder irregulären Lage befinden. Ihnen allen schenkt die Kirche ihr
Wort der Wahrheit, der Güte, des Verstehens, der Hoffnung, der innigen
Verbundenheit in ihren oft beklemmenden Schwierigkeiten; allen bietet sie
ihre selbstlose Hilfe an, daß sie dem Ideal der Familie näherkommen,
das der Schöpfer "von Anfang an" gewollt hat und das Christus durch
seine erlösende Gnade erneuert hat.
Das pastorale Handeln der
Kirche muß fortschreitend sein, auch in dem Sinne, daß sie
mit der Familie geht und sie Schritt für Schritt auf den verschiedenen
Etappen ihrer Entstehung und Entwicklung begleitet.
Die Vorbereitung
66. Notwendiger als je zuvor
ist heute die Vorbereitung der jungen Menschen auf die Ehe und das Familienleben.
In einigen Ländern sind es noch die Familien selbst, die es sich nach
alter Sitte vorbehalten, den Jugendlichen durch eine fortschreitende Erziehung
und Einführung die Werte des ehelichen und familiären Lebens
zu vermitteln. Die inzwischen eingetretenen Veränderungen im sozialen
Gefüge fast aller moderner Staaten erfordern jedoch, daß nicht
nur die Familie, sondern auch die Gesellschaft und die Kirche daran mitwirken,
die jungen Menschen auf die Verantwortung für ihre Zukunft richtig
vorzubereiten. Viele negative Erscheinungen, die heute im Leben der Familien
zu beklagen sind, haben ihre Wurzel darin, daß die Jugendlichen in
den neuartigen Situationen nicht nur die rechte Wertordnung aus dem Auge
verlieren, sondern auch nicht wissen, wie sie die neuen Schwierigkeiten
anpacken und überwinden können, weil sie keine sicheren Verhaltensnormen
mehr besitzen. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß sich die jungen Leute,
die auf das Familienleben gut vorbereitet sind, im allgemeinen besser zurechtfinden
als die übrigen.
Das gilt noch mehr von der
christlichen Ehe, die für so viele Männer und Frauen auf ihrem
Weg zur Vollkommenheit von Bedeutung ist. Darum muß die Kirche bessere
und intensivere Programme zur Ehevorbereitung entwickeln und fördern,
um die Schwierigkeiten möglichst zu beseitigen, mit denen so viele
Ehen zu ringen haben, vor allem aber auch, um die Bildung und das Heranreifen
von geglückten Ehen positiv zu unterstützen.
Die Ehevorbereitung wird
gesehen und verwirklicht als ein stufenweiser, stetiger Prozeß. Sie
umfaßt drei Hauptstufen: die entferntere, die nähere und die
unmittelbare Vorbereitung.
Die entferntere Vorbereitung
beginnt schon in der Kindheit mit einer klugen Familienerziehung, deren
Ziel es ist, die Kinder dahin zu führen, sich selbst als Menschen
zu entdecken, die ein reiches und vielschichtiges seelisches Leben und
eine besondere Persönlichkeit mit je eigenen Stärken und Schwächen
besitzen. Das ist die Zeit, in der der Sinn für jeden wahren menschlichen
Wert in persönlichen wie auch in gesellschaftlichen Beziehungen geweckt
wird. Und dies hat seine Bedeutung für die Formung des Charakters,
für die Beherrschung und rechte Nutzung der eigenen Neigungen, für
die Weise, Menschen des anderen Geschlechtes zu sehen und ihnen zu begegnen,
und für ähnliche Ziele. Außerdem ist, besonders für
die Christen, eine gediegene geistige und katechetische Bildung erforderlich,
die es versteht, die wahre Berufung und Sendung christlicher Ehe aufzuzeigen,
ohne dabei die Möglichkeit einer Ganzhingabe an Gott in der Berufung
zum Priester- oder Ordensleben auszuschließen.
Auf dieser Grundlage setzt
dann intensiv die nähere Vorbereitung ein, die vom geeigneten
Alter an und mit Hilfe einer angemessenen Katechese wie in einem Katechumenat
eine mehr ins einzelne gehende Vorbereitung auf die Sakramente umfaßt,
die gleichsam deren Neuentdeckung bedeutet. Eine solche erneute Glaubensunterweisung
für alle, die sich auf eine christliche Ehe vorbereiten, ist unbedingt
notwendig, damit dieses Sakrament mit der rechten moralischen und geistlichen
Einstellung gefeiert und gelebt wird. Die religiöse Formung der jungen
Leute muß im geeigneten Augenblick und entsprechend den verschiedenen
konkreten Notwendigkeiten durch eine Vorbereitung auf ein Leben zu zweit
ergänzt werden, welche die Ehe als eine personale Beziehung von Mann
und Frau darstellt, die ständig weiterentwickelt werden muß,
und so dazu anregt, die Fragen ehelicher Sexualität und verantwortlicher
Elternschaft zu vertiefen, zusammen mit den damit verbundenen Grundkenntnissen
von Medizin und Biologie, welche ferner als Voraussetzung für ein
gutes Familienleben richtige Methoden der Kindererziehung vermittelt und
auch dazu anleitet, sich die Grundlagen für einen geregelten Unterhalt
der Familie zu beschaffen wie feste Arbeit, ausreichende finanzielle Mittel,
Geschick im Verwalten, Kenntnisse in der Hauswirtschaft.
Schließlich muß
auch die Vorbereitung zum Familienapostolat erwähnt werden, ferner
zum brüderlichen Zusammenwirken mit anderen Familien, zur aktiven
Mitarbeit in Gruppen, Verbänden, Bewegungen und Initiativen, die das
menschliche und christliche Wohl der Familie zum Ziel haben.
Die unmittelbare Vorbereitung
auf die Feier des Ehesakramentes soll in den letzten Monaten und Wochen
vor der Trauung stattfinden, um dem vom Kirchenrecht geforderten Eheexamen
gleichsam einen neuen Sinn und Inhalt sowie eine neue Form zu geben. Eine
solche Vorbereitung, die in jedem Falle geboten ist, erweist sich als noch
dringlicher für diejenigen Verlobten, die noch Mängel und Schwierigkeiten
in christlicher Lehre und Praxis aufweisen sollten.
Zu den Dingen, die auf diesem,
einem Katechumenat vergleichbaren Glaubensweg vermittelt werden, muß
auch eine vertiefte Erkenntnis des Geheimnisses Christi und der Kirche
wie der Bedeutung von Gnade und Verantwortung einer christlichen Ehe gehören
sowie die Vorbereitung darauf, aktiv und bewußt an der Feier der
Trauungsliturgie teilzunehmen.
Zu dieser Ehevorbereitung
in ihren verschiedenen Phasen, die wir nur in großen Linien angedeutet
und beschrieben haben, sollen sich die christliche Familie und die gesamte
kirchliche Gemeinschaft aufgerufen fühlen. Es ist zu wünschen,
daß die Bischofskonferenzen, die ja an geeigneten Initiativen interessiert
sind, um den zukünftigen Brautleuten zu helfen, sich ihrer Lebenswahl
ernsthafter bewußt zu werden, und den Seelsorgern Hilfen in die Hand
zu geben, um deren hinreichende innere Einstellung wahrzunehmen, dafür
sorgen, daß ein Leitfaden für Familienpastoral herausgegeben
wird. Darin soll vor allem das Mindestmaß an Inhalt, Dauer und Methode
für Ehevorbereitungskurse festgelegt werden, wobei ein Gleichgewicht
zwischen den verschiedenen die Ehe betreffenden Aspekten der Lehre und
Pädagogik, des Rechts und der Medizin herrschen und diese so dargestellt
werden sollten, daß sich die Ehekandidaten über die verstandesmäßige
Durchdringung hinaus motiviert sehen, am Leben der kirchlichen Gemeinschaft
aktiv teilzunehmen.
Obgleich die verpflichtende
Notwendigkeit einer solchen unmittelbaren Ehevorbereitung nicht unterbewertet
werden darf - und das würde sicher geschehen, wenn man allzuleicht
davon befreien würde -, so muß doch diese Vorbereitung immer
in solcher Weise empfohlen und durchgeführt werden, daß ihr
eventuelles Fehlen kein Hindernis für die Trauung darstellt.
Die kirchliche Trauung
67. Die christliche Eheschließung
erfordert an sich eine liturgische Feier, die in sozialer und gemeinschaftlicher
Form die wesentlich kirchliche und sakramentale Natur des Ehebundes zwischen
Getauften ausdrückt.
Als sakramentales Heilszeichen
muß die Feier der Trauung - eingebettet in die Liturgie, "den
Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle,
aus der all ihre Kraft strömt" 166 -
in sich gültig, würdig und fruchtbar sein. Hier eröffnet
sich pastoraler Sorge ein weites Feld, damit den Ansprüchen, die sich
aus dem zum Sakrament erhobenen Eheschluß ergeben, voll entsprochen
und ebenso die Ordnung der Kirche hinsichtlich der freien Entscheidung,
der Ehehindernisse, der kanonischen Form und des Trauungsritus sorgfältig
eingehalten wird. Letzterer soll einfach und würdig sein nach den
Normen der zuständigen kirchlichen Autoritäten, denen es auch
zukommt - den konkreten Umständen von Zeit und Ort entsprechend sowie
im Einklang mit den vom Heiligen Stuhl erlassenen Bestimmungen167
-,
in die Trauungsfeier solche besonderen Elemente der einzelnen Kulturen
aufzunehmen, die den tiefen menschlichen und religiösen Sinn des Eheschlusses
besonders gut auszudrücken vermögen, sofern sie nichts enthalten,
was sich mit christlicher Glaubensüberzeugung und Moral nicht verträgt.
Als Zeichen muß
die liturgische Feier so verlaufen, daß sie auch in ihrer äußeren
Gestalt eine Verkündigung des Wortes Gottes und ein Glaubensbekenntnis
der Gemeinde der Gläubigen darstellt. Die pastorale Aufgabe liegt
hierbei in der klugen und sorgfältigen Gestaltung des Wortgottesdienstes
und in der Glaubenserziehung der daran Teilnehmenden, in erster Linie der
Brautleute.
Als sakramentales Zeichen
der Kirche muß die Trauungsfeier die christliche Gemeinde in
einer vollen, aktiven und mitverantwortlichen Teilnahme aller Anwesenden
einbeziehen, und dies entsprechend der Stellung und Aufgabe der einzelnen:
Brautleute, Priester, Trauzeugen, Eltern, Freunde und andere Gläubige
- sie alle Teilnehmer einer Versammlung, die das Geheimnis Christi und
seiner Kirche kundtut und lebt.
Für die Feier einer
christlichen Eheschließung im Bereich von Stammeskulturen und -sitten
folge man den gleichen oben dargestellten Prinzipien.
Trauungsfeier und Verkündigung
für Getaufte ohne Glauben
68. Gerade weil bei der Feier
des Ehesakramentes eine ganz besondere Aufmerksamkeit der moralischen und
geistlichen Einstellung der Brautleute und vor allem ihrem Glauben gelten
muß, soll hier eine nicht seltene Schwierigkeit zur Sprache kommen,
in der sich die Seelsorger der Kirche im Zusammenhang mit der heutigen
verweltlichten Gesellschaft leicht befinden können. Der Glaube dessen,
der von der Kirche eine Trauungsfeier für sich erbittet, kann ja verschiedene
Grade haben, und es ist eine vorrangige Verpflichtung der Seelsorger, diesen
Glauben entdecken zu helfen, ihn zu stärken und zur Reife zu führen.
Sie müssen aber auch die Gründe verstehen, die es der Kirche
ratsam erscheinen lassen, auch Brautleute mit einer nur unvollkommenen
Einstellung zur kirchlichen Trauung zuzulassen.
Das Sakrament der Ehe hat
vor den anderen diese Besonderheit: Es umfaßt als Sakrament eine
Wirklichkeit, die bereits in der Schöpfungsordnung vorliegt; es ist
derselbe Ehebund, den der Schöpfer "im Anfang" begründet hat.
Wenn sich ein Mann und eine Frau daher entschließen, eine Ehe im
Sinne dieses Schöpfungsplanes miteinander einzugehen, das heißt,
sich durch ihr unwiderrufliches Eheversprechen für ihr ganzes Leben
zu einer lebenslangen Liebe und einer unbedingten Treue zu verpflichten,
dann ist in diesem Entschluß tatsächlich, wenn auch nicht ganz
bewußt, eine Haltung tiefen Gehorsams vor dem Willen Gottes enthalten,
die es ohne seine Gnade nicht geben könnte. Sie befinden sich deshalb
bereits auf einem wirklichen Heilsweg, den die Feier des Sakramentes und
die unmittelbare Vorbereitung hierauf ergänzen und zu seinem Ziel
bringen können, da ja die rechte Absicht vorliegt.
Es ist andererseits wahr,
daß in einigen Gegenden Brautleute mehr aus gesellschaftlichen als
aus echt religiösen Motiven darum bitten, in der Kirche heiraten zu
dürfen. Das ist an sich nicht verwunderlich. Die Eheschließung
ist ja nicht ein Ereignis, das nur die Brautleute betrifft. Sie ist von
ihrem Wesen her auch ein gesellschaftliches Geschehen, das die Brautleute
eben vor der Gesellschaft in Pflicht nimmt. Und schon immer ist die Hochzeitsfeier
ein Fest gewesen, das Familien und Freunde zusammenführt. Es ist also
selbstverständlich, daß zusammen mit den personalen Motiven
auch solche gesellschaftlicher Art die Bitte um eine kirchliche Trauung
bestimmen.
Man darf jedoch nicht übersehen,
daß auch solche Brautleute kraft ihrer Taufe schon wirklich in den
bräutlichen Bund Christi mit der Kirche eingegliedert sind, daß
sie durch ihre rechte Absicht den Plan Gottes für die Ehe anerkennen
und somit wenigstens einschlußweise dem zustimmen, was die Kirche
meint, wenn sie eine Eheschließung vornimmt. Der Umstand allein,
daß in die Bitte um kirchliche Trauung auch gesellschaftliche Motive
miteinfließen, rechtfertigt deshalb noch nicht eine eventuelle Ablehnung
von seiten der Seelsorger. Hinzu kommt, wie das II. Vatikanische Konzil
lehrt, daß die Sakramente schon durch die liturgischen Worte und
Riten den Glauben nähren und stärken,168
jenen
Glauben, dem die Brautleute bereits durch ihre rechte Absicht zustreben,
die in Christi Gnade sicher weitere Hilfe und Stütze finden wird.
Wollte man zusätzliche
Kriterien für die Zulassung zur kirchlichen Eheschließung aufstellen,
die den Grad des Glaubens der Brautleute betreffen sollten, würde
das außerdem große Risiken mit sich bringen: zunächst
jenes, unbegründete und diskriminierende Urteile zu fällen; dann
das Risiko, zum großen Schaden der christlichen Gemeinschaften Zweifel
über die Gültigkeit der schon geschlossenen Ehen und neue, unbegründete
Gewissenskonflikte bei den Brautleuten hervorzurufen; man würde ferner
in Gefahr geraten, die Sakramentalität vieler Ehen von Brüdern
und Schwestern, die von der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche
getrennt sind, zu bestreiten oder in Zweifel zu ziehen, und das im Widerspruch
zur kirchlichen Tradition.
Wenn hingegen die Brautleute
trotz aller pastoralen Bemühungen zeigen, daß sie ausdrücklich
und formell zurückweisen, was die Kirche bei der Eheschließung
von Getauften meint, kann sie der Seelsorger nicht zur Trauung zulassen.
Wenn auch schweren Herzens, hat er die Pflicht, die gegebene Lage zur Kenntnis
zu nehmen und den Betroffenen zu verstehen zu geben, daß unter diesen
Umständen nicht die Kirche, sondern sie selber es sind, die die Feier
verhindern, um die sie bitten.
Erneut zeigt sich so mit
aller Dringlichkeit, wie notwendig eine Evangelisierung und Katechese vor
und nach der Eheschließung ist, die von der ganzen christlichen Gemeinschaft
getragen wird, damit jeder Mann und jede Frau, die heiraten, das Ehesakrament
nicht nur gültig, sondern auch mit innerer Frucht empfangen.
Pastoral für die
Verheirateten
69. Die pastorale Sorge für
die regulär geschlossenen Ehen bedeutet konkret den Einsatz aller
Mitglieder der kirchlichen Gemeinschaft am Ort, um den Ehepaaren zu helfen,
ihre neue Berufung und Sendung zu erkennen und zu leben. Damit die Familie
immer mehr eine wirkliche Liebesgemeinschaft werde, müssen alle ihre
Glieder für ihre Verantwortung vor den sich stellenden neuen Problemen,
für den gegenseitigen Dienst und die aktive Mitgestaltung des Familienlebens
unterstützt und herangebildet werden.
Das gilt vor allem für
die jungen Familien, die angesichts der neuen Werte und Verantwortlichkeiten,
die jetzt auf sie zukommen, eventuellen Schwierigkeiten besonders in den
ersten Ehejahren stärker ausgesetzt sind, wie etwa jenen, die sich
beim Eingewöhnen in das gemeinsame Leben und bei der Geburt von Kindern
ergeben. Die jungen Eheleute sollen die diskrete, taktvolle und selbstlose
Hilfe anderer Ehepaare, die schon seit längerem konkrete Erfahrungen
mit Ehe und Familie haben, dankbar annehmen und klug verwerten. Auf diese
Weise wird sich im Schoß der kirchlichen Gemeinschaft, der aus christlichen
Familien geformten großen Familie der Gemeinde, zwischen allen Familien
ein gegenseitiger Austausch von Beistand und Hilfe verwirklichen, wobei
eine jede ihre eigene menschliche Erfahrung sowie die Gaben des Glaubens
und der Gnade in den Dienst der anderen stellt. Beseelt von echt pastoralem
Geist, wird diese Hilfe von Familie zu Familie eine sehr einfache, wirksame
und allen zugängliche Weise darstellen, um bis zu den einzelnen Menschen
jene christlichen Werte zu verbreiten, die Ausgangspunkt und Ziel jeder
Seelsorge sind. So sollten sich die jungen Familien nicht nur darauf beschränken
zu empfangen, sondern, nachdem ihnen selbst auf diese Weise geholfen wurde,
ihrerseits durch ihr Lebenszeugnis und ihren aktiven Beitrag zur Quelle
innerer Bereicherung für die anderen Familien werden.
In der Pastoral für
die jungen Familien muß die Kirche besondere Aufmerksamkeit darauf
richten, sie dahin zu erziehen, ihre eheliche Liebe verantwortlich zu leben
angesichts der beiden ethischen Aufgaben, Gemeinschaft zu bilden und dem
Leben zu dienen, und sie auch dazu anzuleiten, das private Leben der Familie
daheim mit einem gemeinsamen hochherzigen Einsatz zur Auferbauung der Kirche
und der menschlichen Gesellschaft in Einklang zu bringen. Wenn mit der
Geburt von Kindern die Ehe im vollen und eigentlichen Sinn zur Familie
wird, steht die Kirche wiederum den Eltern bei, damit diese ihre Kinder
annehmen, sie als ein Geschenk lieben, das sie vom Herrn des Lebens empfangen
haben, und sich mit Freude der Mühe unterziehen, ihnen bei ihrem Heranwachsen
als Menschen und Christen behilflich zu sein.
II. Strukturen der Familienpastoral
Der pastorale Einsatz ist
immer dynamischer Ausdruck der Wirklichkeit der Kirche im Vollzug ihrer
Heilssendung. Auch die Familienpastoral, eine besondere und spezifische
Form der Gesamtpastoral, hat als Wirkzentrum und verantwortlichen Träger
die Kirche selbst mit ihren Strukturen und Mitarbeitern.
Die kirchliche Gemeinschaft,
besonders die Pfarrei
70. Als erlöste und
zugleich erlösende Gemeinschaft muß die Kirche in diesem Zusammenhang
in ihrer doppelten Dimension, als Weltkirche und als Ortskirche, gesehen
werden. Letztere zeigt und verwirklicht sich in der Diözese, die pastoral
wiederum in kleinere Gemeinschaften unterteilt ist, unter denen sich durch
ihre besondere Bedeutung die Pfarrei auszeichnet.
Die Gemeinschaft mit der
Weltkirche beeinträchtigt nicht, sondern garantiert und fördert
den Bestand und den Eigencharakter der verschiedenen Teilkirchen. Diese
letzteren bleiben das unmittelbarste und wirksamste handelnde Subjekt für
die Durchführung der Familienpastoral. In diesem Sinn muß sich
jede Ortskirche und im besonderen jede Pfarrgemeinde der Gnade und der
Verantwortung noch mehr bewußt werden, die sie vom Herrn empfängt,
um die Familienpastoral zu fördern. Jeder Plan einer Gesamtpastoral
muß auf allen Ebenen unbedingt auch die Familienpastoral einbeziehen.
Im Lichte dieser Verantwortung
wird auch deutlich, wie wichtig eine angemessene Vorbereitung für
all jene ist, die vornehmlich in diesem Apostolat eingesetzt werden. Die
Priester, die Ordensmänner und Ordensfrauen sollen von der Zeit ihrer
Ausbildung an in fortschreitender und angemessener Weise in die entsprechenden
Aufgaben eingeführt und dafür ausgebildet werden. Aus den übrigen
Initiativen möchte ich die kürzliche Errichtung eines Höheren
Institutes an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom hervorheben,
welches das Studium der Familienprobleme zur Aufgabe hat. Auch in einigen
anderen Diözesen sind Institute dieser Art gegründet worden.
Die Bischöfe sollen nun dafür Sorge tragen, daß möglichst
viele Priester dort Spezialkurse besuchen, bevor sie in den Pfarreien Verantwortung
übernehmen. Anderswo werden an Theologischen Hochschulen und Pastoralinstituten
regelmäßig entsprechende Fortbildungskurse abgehalten. Diese
Initiativen sollen ermutigt, gefördert und vervielfältigt werden
und natürlich auch den Laien offenstehen, die durch ihre Berufsausbildung
im medizinischen, juristischen, psychologischen, sozialen und pädagogischen
Bereich den Familien beistehen.
Die Familie
71. Vor allem aber muß
der besondere Rang anerkannt werden, welcher der Sendung der christlichen
Eheleute und Familien kraft der im Sakrament empfangenen Gnaden in diesem
Bereich zukommt. Diese Sendung muß in den Dienst der Auferbauung
der Kirche, der Errichtung des Gottesreiches in der Geschichte gestellt
werden. Das ist gefordert als Akt breiten Gehorsams Christus, dem Herrn,
gegenüber. Er überträgt nämlich durch den Eheschluß
unter Getauften, der zur Würde des Sakramentes erhoben ist, den christlichen
Eheleuten eine besondere Sendung zum Apostolat, indem er sie als Arbeiter
in seinen Weinberg und ganz besonders in diesen Bereich der Familienpastoral
sendet.
Dabei handeln sie in Gemeinschaft
und Zusammenarbeit mit den anderen Gliedern der Kirche, die ebenfalls zum
Wohl der Familie wirken, indem sie ihre Gaben und Dienste fruchtbringend
einsetzen. Dieses Apostolat entfaltet sich vor allem im Schoß der
eigenen Familie durch das Zeugnis einer Lebensführung, die mit dem
göttlichen Gesetz in allen seinen Aspekten in Einklang steht, durch
die christliche Erziehung der Kinder, durch die Hilfe, die man ihnen zur
Reifung ihres Glaubens gibt, durch die Erziehung zur Keuschheit, durch
die Vorbereitung auf das Leben, durch die wache Sorge, sie vor den ideologischen
und moralischen Gefahren zu bewahren, von denen sie oft bedroht sind, durch
ihre schrittweise und überlegte Eingliederung in die kirchliche und
bürgerliche Gemeinschaft, durch Hilfe und Rat bei der Berufswahl,
durch gegenseitige Hilfeleistung zwischen den Gliedern der Familie für
ein gemeinsames Wachsen als Menschen und Christen und durch ähnliches
mehr. Das apostolische Wirken der Familie strahlt schließlich mit
leiblichen und geistigen Werken der Nächstenliebe auch auf die anderen
Familien aus, besonders auf jene, die am meisten auf Hilfe und Halt angewiesen
sind, auf die Armen, die Kranken, die Alten, die Behinderten, die Waisen,
die Witwen, die verlassenen Ehegatten, die unverheirateten Mütter
und auch auf jene, die in schwierigen Situationen versucht sind, sich ihrer
Leibesfrucht zu entledigen.
Vereinigungen von Familien
für die Familien
72. Im Bereich der Kirche,
die der verantwortliche Träger der Familienpastoral ist, muß
ferner an die verschiedenen Vereinigungen von Gläubigen erinnert werden,
in denen in gewisser Weise das Geheimnis der Kirche Christi aufleuchtet
und gelebt wird. Daher müssen jeweils nach ihren eigenen Besonderheiten,
Zielsetzungen, Wirkweisen und Methoden die verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften
und Gruppen sowie die zahlreichen Bewegungen, die sich aus unterschiedlichen
Gründen, auf verschiedenen Ebenen und in mannigfaltiger Weise in der
Familienpastoral einsetzen, anerkannt und ernstgenommen werden.
Aus diesem Grunde hat auch
die Synode den nützlichen Beitrag dieser Vereinigungen für Spiritualität,
Erziehung und Apostolat ausdrücklich anerkannt. Es wird deren Aufgabe
sein, unter den Gläubigen ein lebendiges Gespür für Solidarität
zu wecken, eine vom Evangelium und vom Glauben der Kirche geprägte
Lebensführung zu förden, die Gewissen nach den christlichen Werten
und nicht nach den Maßstäben der öffentlichen Meinung zu
bilden, zu karitativen Werken füreinander und anderen gegenüber
in einer solchen offenen Haltung anzuregen, welche die christlichen Familien
zu einer wahren Quelle des Lichtes und zu einem guten Sauerteig für
die anderen macht.
Ähnlich ist es wünschenswert,
daß sich die christlichen Familien mit wachem Gespür für
das Gemeinwohl auch in anderen, nicht kirchlichen Vereinigungen auf allen
Ebenen aktiv einsetzen. Einige dieser Vereinigungen haben sich die Erhaltung,
die Vermittlung und den Schutz der gesunden ethischen und kulturellen Werte
ihres Volkes zum Ziel gesetzt, ferner die Entfaltung der menschlichen Person,
den medizinischen,
rechtlichen und sozialen Schutz der Mutterschaft und
Kindheit, die gerechte Förderung der Frau und den Kampf gegen alles,
was ihre Würde verletzt, die Stärkung gegenseitiger Solidarität,
die Kenntnis der Probleme, die mit einer verantwortlichen Geburtenregelung
nach den natürlichen, mit der menschlichen Würde und der Lehre
der Kirche übereinstimmenden Methoden verbunden sind. Andere Vereinigungen
bemühen sich um die Schaffung einer gerechteren und menschlicheren
Welt, um die Einführung gerechter Gesetze, die eine rechte soziale
Ordnung in der vollen Achtung der Würde und jeder legitimen Freiheit
des einzelnen Menschen und der Familie auf nationaler und internationaler
Ebene fördern, um Zusammenarbeit mit der Schule und anderen Institutionen,
welche die Erziehung der Kinder ergänzen, und um weitere ähnliche
Ziele.
III. Mitwirkende in der
Familienpastoral
Neben der Familie, welcher
dieser pastorale Dienst gilt, die ihn aber auch selbst leistet, sind nun
die anderen wichtigsten Mitarbeiter in diesem besonderen Bereich zu erwähnen.
Bischöfe und Priester
73. Die erste Verantwortung
für den pastoralen Dienst an den Familien in der Diözese kommt
dem Bischof zu. Als Vater und Hirt muß er in besonderer Weise Sorge
tragen für diesen Bereich der Pastoral, der ohne Zweifel vorrangig
ist. Dafür muß er Interesse, Fürsorge und Zeit aufbringen
sowie Personal und Sachmittel einsetzen. Insbesondere ist jedoch sein persönlicher
Einsatz für die Familien gefordert sowie für alle jene, die ihm
in den verschiedenen Strukturen der Diözese beim pastoralen Dienst
an den Familien helfen. Ein besonderes Anliegen wird es ihm sein, dafür
zu sorgen, daß seine Diözese immer mehr zu einer "Diözesanfamilie"
wird, Vorbild und Quelle der Hoffnung für die vielen Familien im Bistum.
Die Schaffung des Päpstlichen Rates für die Familie muß
in diesem Zusammenhang gesehen werden; er soll die Bedeutung sichtbar machen,
welche ich dem pastoralen Dienst an den Familien in der Welt beimesse,
und zugleich ein wirksames Instrument zu ihrer Förderung auf jeder
Ebene sein.
Die Bischöfe stützen
sich dabei vor allem auf die Priester, deren Tätigkeit, wie die Synode
ausdrücklich festgestellt hat, einen wesentlichen Teil des Dienstes
der Kirche für Ehe und Familie ausmacht. Dasselbe gilt für jene
Diakone, die gerade für diesen pastoralen Bereich beauftragt werden
sollten.
Die Verantwortung der Geistlichen
umfaßt dabei nicht nur moralische und liturgische Fragen, sondern
auch solche persönlicher und sozialer Art. Sie müssen der Familie
in ihren Schwierigkeiten und Leiden eine Stütze sein, ihren Gliedern
zur Seite stehen und ihnen helfen, ihr Leben im Lichte des Evangeliums
zu sehen. Durchaus nicht überflüssig ist der Hinweis darauf,
daß aus solchem Einsatz, wenn er mit gebührendem Unterscheidungsvermögen
und wahrhaft apostolischem Geist geleistet wird, dem geweihten Diener der
Kirche neue Anregungen und geistliche Kräfte auch für die eigene
Berufung und die Erfüllung seines Dienstamtes erwachsen.
Rechtzeitig und gründlich
auf ein solches Apostolat vorbereitet, müssen Priester und Diakon
den Familien stets wie ein Vater, Bruder, Hirt und Lehrer sein, ihnen die
Hilfe der Gnade vermitteln und sie mit dem Licht der Wahrheit erleuchten.
Ihre Unterweisung und Ratschläge müssen daher immer in vollem
Einklang stehen mit dem authentischen Lehramt der Kirche, um so dem Volk
Gottes zu helfen, sich einen rechten Glaubenssinn zu bilden, der dann im
täglichen Leben angewandt werden soll. Eine solche Treue zum Lehramt
wird es den Priestern auch ermöglichen,
mit ganzer Kraft um Übereinstimmung
in ihren Urteilen bemüht zu sein, um den Gläubigen Gewissensnöte
zu ersparen.
Hirten und Laien haben in
der Kirche Anteil an der prophetischen Sendung Christi: die Laien, indem
sie mit Worten und mit ihrem christlichen Leben den Glauben bezeugen; die
Hirten, indem sie unterscheiden, was in diesem Zeugnis Ausdruck echten
Glaubens ist und was dem Licht des Glaubens weniger entspricht; die Familie
als christliche Gemeinschaft schließlich durch ihr eigenes Glaubensleben
und Zeugnis. So kommt es auch zu einem Dialog zwischen Seelsorgern und
Familien. Dabei können die Theologen und anderen Fachleute, die mit
Familienproblemen vertraut sind, große Hilfe leisten, indem sie genau
erklären, was die Kirche lehrt und was sich aus der Erfahrung des
Familienlebens ergibt. Auf diese Weise kommt es zu einem besseren Verständnis
der Aussagen des Lehramtes, und es wird der Weg geebnet zu deren fortschreitender
Entfaltung. Doch ist es gut, daran zu erinnern, daß die unmittelbare
und verpflichtende Norm der Glaubenslehre auch für die Probleme der
Familie im hierarchischen Lehramt liegt. Eindeutige Beziehungen zwischen
Theologen, Fachleuten in Familienfragen und Lehramt helfen viel zum rechten
Verständnis des Glaubens und zur Förderung einer berechtigten
Vielfalt innerhalb seiner Grenzen.
Männer und Frauen
im Ordensstand
74. Der Beitrag, den Ordensleute
und alle gottgeweihten Menschen in das Familienapostolat einbringen können,
findet seinen ersten, grundlegenden und unverwechselbaren Ausdruck gerade
in ihrer Weihe an Gott. Diese Weihe ruft "allen Christgläubigen jenen
wunderbaren Ehebund in Erinnerung, den Gott begründet hat und der
erst in der kommenden Welt ganz offenbar wird, den Ehebund der Kirche mit
Christus, ihrem einzigen Bräutigam".169
Durch ihre Weihe werden die Ordensleute ferner zu Zeugen jener umfassenden
Liebe, die in ihnen durch die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen
eine immer größere Bereitschaft weckt, sich hochherzig dem Dienst
vor Gott und den Werken des Apostolats zu widmen.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit,
daß Ordensmänner und Ordensfrauen, Mitglieder von Säkularinstituten
und anderen Vereinigungen christlicher Vollkommenheit als einzelne oder
in Gemeinschaft einen Dienst an den Familien übernehmen. Besondere
Fürsorge werden sie den Kindern schenken, vor allem, wenn diese verlassen,
unerwünscht, verwaist, arm oder behindert sind. Sie werden die Familien
besuchen und Kranke versorgen. Mit Achtung und Liebe werden sie sich jenen
zuwenden, deren Familie unvollständig, in Schwierigkeiten oder zerbrochen
ist. Durch Unterweisung und Beratung werden sie junge Menschen auf die
Ehe vorbereiten und Verheirateten Hilfen anbieten für eine wirklich
verantwortliche Weitergabe des Lebens. In schlichter und herzlicher Gastfreundschaft
werden sie ihre Häuser öffnen, damit die Familien dort den Sinn
für Gott, für Gebet und Sammlung und das konkrete Beispiel eines
Lebens in brüderlicher Liebe und Freude als Glieder der großen
Gottesfamilie erfahren.
An die Leiter aller Gemeinschaften
gottgeweihten Lebens möchte ich eindringlich appellieren, bei aller
grundsätzlichen Beachtung des eigenen und besonderen Charismas das
Familienapostolat als eine der vorrangigen Aufgaben anzusehen, die durch
die heutigen Verhältnisse besonders dringend geworden sind.
Fachleute unter den Laien
75. Gute Hilfe können
den Familien auch Laien bieten, die als Fachleute, wie Ärzte, Rechtsanwälte,
Psychologen, Sozialarbeiter, Ehe- und Familienberater und ähnliche
einzeln oder auch als Mitarbeiter in verschiedensten Verbänden und
Einrichtungen aufklären, beraten, orientieren und unterstützen.
Ihnen allen können die Worte gelten, die ich an die Vereinigung christlich
orientierter Familienberatungsstellen richten durfte: "Euer Einsatz verdient
sehr wohl die Bezeichnung Sendung; denn er gilt hohen Zielen, und seine
Ergebnisse sind entscheidend für das Wohl der Gesellschaft und der
christlichen Gemeinschaft selbst ... Alles, was ihr zur Unterstützung
der Familie erreicht, wirkt über diese hinaus auch auf andere Menschen
und in die Gesellschaft hinein. Die Zukunft der Welt und der Kirche führt
über die Familie." 170
Massenmedien: Medienschaffende
und Empfänger
76. Eigens zu erwähnen
ist der Bereich der Massenmedien, der im heutigen Leben so bedeutsam ist.
Bekanntlich haben die Medien "einen oft sehr tiefen Einfluß auf den
Empfänger im affektiven, intellektuellen, sittlichen und religiösen
Bereich", zumal auf Jugendliche.171
Sie können
sich daher im Leben und in den Verhaltensweisen der Familien sowie in der
Erziehung der Kinder segensreich auswirken. Zugleich enthalten sie aber
auch "beträchtliche Gefahrenmomente".172
Zuweilen
geschickt und systematisch manipuliert, wie es leider in manchen Ländern
der Welt geschieht, können die Medien zu Vermittlern zerstörerischer
Ideologien und entstellter Auffassungen über Leben, Familie, Religion
und Sittlichkeit werden, ohne Achtung vor der wahren Würde des Menschen
und seiner Bestimmung.
Diese Gefahr ist sehr real;
denn "die heutige Lebensweise besonders in den hochindustrialisierten Nationen
führt häufig dazu, daß sich die Familien ihrer Erziehungsaufgaben
entledigen, indem sie in der leicht zugänglichen Ablenkung (zu Hause
vor allem verkörpert durch das Fernsehen und bestimmte Publikationen)
die Möglichkeit finden, ihre Kinder beschäftigt zu halten".173
Hier ergibt sich "die Pflicht, vor allem die Kinder und Jugendlichen vor
den ‚Aggressionen‘ der Massenmedien zu schützen", indem man dafür
Sorge trägt, daß der Umgang mit den Medien in der Familie genau
geregelt ist. Auch müßte es der Familie ein Anliegen sein, sich
um gesündere und nützlichere Weisen von Erholung und Entspannung
für ihre Kinder zu bemühen, die sie körperlich, moralisch
und geistig besser formen, "um so die Freizeit der Kinder sinnvoller und
vielfältiger zu nutzen und ihren Kräften eine Richtung zu geben".174
Da die Instrumente der sozialen
Kommunikation neben Schule und Umwelt auch auf die Bildung der jungen Menschen
einen oft beträchtlichen Einfluß haben, müssen die Eltern
als Empfänger aktiv mitwirken im maßvollen, kritischen, wachsamen
und klugen Umgang mit den Medien und sorgfältig darauf achten, welchen
Einfluß diese auf ihre Kinder haben; durch orientierende Hilfen müssen
sie "das Gewissen ihrer Kinder so bilden, daß sie zu sachlichen und
objektiven Urteilen befähigt werden, von denen sie sich dann bei der
Auswahl aus dem Angebot der Medien leiten lassen können".175
Mit gleichem Einsatz sollen
die Eltern im Hinblick auf die Erstellung des Medienangebots aktiv werden.
Durch geeignete Initiativen werden sie Kontakt halten mit denen, die in
den verschiedenen Stadien der Produktion und Übermittlung Verantwortung
tragen, um zu gewährleisten, daß die grundlegenden menschlichen
Werte, die zum wahren Gemeinwohl der Gesellschaft gehören, nicht zu
Unrecht vernachlässigt oder offen mit Füßen getreten werden.
Die Programme sollen vielmehr die Probleme der Familie und deren angemessene
Lösung im rechten Licht darstellen. In diesem Zusammenhang schrieb
mein verehrter Vorgänger Paul VI.: "Die Produzenten müssen die
Erfordernisse der Familie kennen und achten. Das setzt bei ihnen manchmal
echten Mut voraus, immer aber ein hohes Verantwortungsbewußtsein.
Sie sind verpflichtet, alles zu vermeiden, was die Familie in ihrem Bestand,
ihrer Festigkeit, ihrem Gleichgewicht und Glück beeinträchtigen
könnte. Jeder Angriff auf die grundlegenden Werte der Familie, mag
es sich um Erotisierung oder Gewalttätigkeit, um Verteidigung der
Ehescheidung oder asozialer Verhaltensweisen Jugendlicher handeln, ist
immer auch ein Angriff auf das wahre Wohl des Menschen."
176
Im gleichen Zusammenhang
habe ich selbst hervorgehoben, daß die Familien "in nicht geringem
Maß auf den guten Willen, die Redlichkeit und das Verantwortungsbewußtsein
derer zählen können müssen, die beruflich in den Medien
tätig sind, der Herausgeber, Schriftsteller, Produzenten, Direktoren,
Dramaturgen, Informatoren, Kommentatoren und Schauspieler".177
Darum
ist es Pflicht, daß man diesen Medienschaffenden auch von seiten
der Kirche weiterhin jegliche Aufmerksamkeit schenkt und zugleich jene
Katholiken, die sich bei entsprechender Begabung in diesen schwierigen
Bereich berufen fühlen, ermutigt und unterstützt.
IV. Familienpastoral für
schwierige Situationen
Besondere Verhältnisse
77. Ein pastoraler Einsatz,
der noch mehr Hochherzigkeit, Verständnis und Klugheit nach dem Beispiel
des Guten Hirten erfordert, hat jenen Familien zu gelten, die oft unabhängig
vom eigenen Willen oder bedrängt von Sachzwängen verschiedenster
Art eine objektiv schwierige Lage zu bewältigen haben. In diesem Zusammenhang
muß vor allem auf einige besondere Arten von Schwierigkeiten hingewiesen
werden, bei denen es nicht nur der unmittelbaren Hilfe bedarf, sondern
vor allem einer gezielten Aktion in die Öffentlichkeit hinein, vor
allem im Hinblick auf kulturelle, wirtschaftliche und rechtliche Strukturen,
um die tieferen Ursachen dieser Schwierigkeiten soweit wie möglich
auszuräumen.
Hierher gehören beispielsweise
die Familien derer, die um der Arbeit willen auswärts leben; dann
die Familien derer, die lange abwesend sein müssen, wie zum Beispiel
Soldaten, Menschen, die auf Schiffen Dienst tun, sowie Reisende jeglicher
Art; ferner die Familien derer, die in Haftanstalten sind; die Flüchtlingsfamilien
oder jene im Exil; weiterhin Familien, die in Großstädten ein
Randdasein führen, jene, die keine Wohnung haben, die unvollständig
sind oder nur einen Elternteil haben, Familien mit behinderten oder drogensüchtigen
Kindern, Familien mit Alkoholikern; Familien, die aus ihrer kulturellen
und sozialen Umwelt herausgerissen sind oder Gefahr laufen, sie zu verlieren;
Familien, die aus politischen oder anderen Gründen diskriminiert sind,
die aus weltanschaulichen Gründen in sich geteilt sind, die nur schwer
Kontakt zu einer Pfarrei finden, die um ihres Glaubens willen Verfolgung
oder ungerechte Behandlung erfahren; Familien mit minderjährigen Eltern
oder alte Menschen, die nicht selten zu einem Leben in Einsamkeit und ohne
hinreichenden Unterhalt gezwungen sind.
Die Familien derer, die
auswärts leben, wobei es sich insbesondere um Arbeiter in Industrie
und Landwirtschaft handelt, müssen überall in der Kirche eine
Heimat finden. Hier liegt eine wesensgemäße Aufgabe der Kirche,
da sie Zeichen der Einheit in der Verschiedenheit ist. Soweit wie möglich
sollen die Emigranten von Geistlichen des eigenen Ritus, der eigenen Kultur
und Sprache betreut werden. Ferner kommt es der Kirche zu, an das öffentliche
Bewußtsein sowie an die Verantwortlichen im sozialen, wirtschaftlichen
und politischen Leben zu appellieren, daß die Werktätigen im
eigenen Gebiet und Vaterland Arbeit finden und einen gerechten Lohn erhalten,
daß die Familien möglichst schnell wieder zusammengeführt
werden, daß auf ihre kulturelle Identität Rücksicht genommen
wird, daß sie gleich wie alle anderen behandelt werden, daß
ihren Kindern Gelegenheit zur Berufsausbildung und Berufsausübung
eingeräumt wird, daß sie das erforderliche Stück Land bekommen,
um arbeiten und leben zu können.
Ein schwieriges Problem bilden
die Familien, die aus weltanschaulichen Gründen in sich geteilt
sind. Hier ist eine besondere pastorale Sorge erfordert. Vor allem
ist mit solchen Familien diskreter persönlicher Kontakt zu halten.
Die Gläubigen müssen in ihrem Glauben gestärkt und in ihrem
christlichen Leben unterstützt werden. Auch wenn der katholische Teil
nicht nachgeben kann, muß er doch das Gespräch mit dem anderen
Teil stets aufrecht erhalten. Sie werden sich häufiger Liebe und Achtung
erweisen in der festen Hoffnung, die Einheit unversehrt zu bewahren. Große
Bedeutung kommt dabei auch den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern
zu. Weltanschauungen, die dem Glauben fremd sind, können übrigens
die gläubigen Glieder der Familie dazu anregen, im Glauben und im
Zeugnis der Liebe zu wachsen.
Eine andere Art von Schwierigkeiten,
in denen die Familie die Hilfe der kirchlichen Gemeinschaft und ihrer Hirten
braucht, können bereiten: die unruhige und manchmal stürmische
Pubertät der Kinder mit ihrem Widerspruchsgeist; die Heirat der Kinder,
die diese aus der Familie herausführt, in der sie aufwuchsen; Unverständnis
oder Mangel an Liebe seitens derer, die einem besonders lieb und teuer
sind; wenn ein Ehegatte den anderen verläßt; der Tod des Partners
mit der schmerzlichen Erfahrung der Witwenschaft oder der Tod eines anderen
Angehörigen, der die Familiengemeinschaft zutiefst trifft und verändert.
Die Kirche muß auch
die Zeit des Alters beachten mit all ihren positiven und negativen Begleiterscheinungen:
mögliche Vertiefung ehelicher Liebe, die in langer und ununterbrochener
Treue immer reiner und edler werden kann; Bereitschaft, mit den verbliebenen
Kräften in neuer Form, in der Güte und Lebensweisheit des Alters,
anderen zu dienen; bedrückende Einsamkeit, die öfter seelisch
als äußerlich ist, wenn Kinder oder Verwandte sich zurückziehen
oder zu wenig Aufmerksamkeit schenken; Leiden an Krankheiten, Leiden durch
fortschreitenden Verfall der Kräfte, durch demütigende Abhängigkeit
von anderen, durch den bitteren Gedanken, den Angehörigen vielleicht
zur Last zu fallen, durch das Herannahen der letzten Augenblicke des Lebens.
Dies sind, wie die Synodenväter ausgeführt haben, die Gelegenheiten,
in denen jene hohen Werte der Spiritualität von Ehe und Familie leichter
verstanden und gelebt werden können, die mit dem Geheimnis des Kreuzes
und der Auferstehung Christi verbunden sind; aus ihm kommt Heiligung und
tiefe Freude im täglichen Leben, das schon von den großen eschatologischen
Wirklichkeiten des ewigen Lebens überstrahlt wird.
In all diesen verschiedenen
Lagen darf man nie das Gebet vergessen; es ist die Quelle von Licht und
Kraft und Nahrung für die christliche Hoffnung.
Konfessionsverschiedene
Ehen
78. Die wachsende Zahl von
Ehen zwischen Katholiken und anderen Getauften verlangt gleichfalls besondere
pastorale Aufmerksamkeit, und zwar im Licht der Orientierungs- und Leitlinien,
die im Laufe der letzten Jahre vom Heiligen Stuhl und von den Bischofskonferenzen
herausgegeben wurden und in den verschiedenen Situationen konkrete Anwendung
finden sollen.
Eheleuten verschiedener Konfession
stellen sich besondere Forderungen, die sich in drei Punkten zusammenfassen
lassen.
Man muß sich vor allem
der Verpflichtungen bewußt sein, die dem katholischen Teil aus seinem
Glauben erwachsen, nämlich diesen frei auszuüben und dementsprechend
nach Kräften dafür Sorge zu tragen, daß die Kinder im katholischen
Glauben getauft und erzogen werden.178
In den Beziehungen zwischen
Mann und Frau gilt es auch, die besonderen Schwierigkeiten zu sehen hinsichtlich
der Achtung der religiösen Freiheit; diese kann durch ungebührlichen
Druck in Richtung auf eine Änderung der religiösen Einstellungen
des Partners verletzt werden oder durch Hindernisse, die man ihrem freien
Vollzug in der religiösen Praxis in den Weg legt.
Was die liturgische und kanonische
Form der Eheschließung angeht, so können die Ortsbischöfe
großzügigen Gebrauch machen von den Vollmachten, die ihnen für
die verschiedenen Erfordernisse gewährt wurden.
Hinsichtlich der genannten
besonderen Forderungen ist auf folgendes zu achten:
-
Bei der Ehevorbereitung konfessionsverschiedener
Partner soll jede vernünftige Anstrengung gemacht werden, um die katholische
Lehre über die besonderen Eigenschaften und Verpflichtungen der Ehe
gut verständlich zu machen sowie sicherzustellen, daß es nicht
zu der erwähnten Druckausübung und Behinderung kommt.
-
Es ist von höchster Wichtigkeit,
daß der katholische Teil unter Mitwirkung der Gemeinde in seinem
Glauben gestärkt wird und positive Hilfen erfährt, daß
er in dessen Verständnis und konkreter Ausübung reifen und so
im Schoß der Familie ein glaubwürdiger Zeuge sein kann durch
seinen ganzen Lebenswandel und durch die Art der Liebe, welche er dem Gatten
und den Kindern schenkt.
Die Ehen zwischen Katholiken
und anderen Getauften weisen jedoch, wenn auch in ihrer besonderen Eigenart,
zahlreiche Elemente auf, die es zu schätzen und zu entfalten gilt,
sei es wegen ihres inneren Wertes, sei es wegen des Beitrags, den sie in
die ökumenische Bewegung einbringen können. Dies trifft insbesondere
zu, wenn beide Ehepartner ihren religiösen Verpflichtungen nachkommen.
Die gemeinsame Taufe und die dynamische Kraft der Gnade sind in diesen
Ehen für die Gatten Grundlage und beständige Anregung, ihrer
Einheit im Bereich der sittlichen und geistlichen Werte im Leben Gestalt
zu geben.
Zu diesem Zweck und auch,
um die ökumenische Bedeutung einer solchen konfessionsverschiedenen
Ehe hervorzuheben, die voll aus dem Glauben der beiden christlichen Gatten
gelebt wird, soll, auch wenn es nicht immer einfach ist, ein herzliches
Zusammenwirken zwischen den katholischen und nichtkatholischen Geistlichen
angestrebt werden, und zwar schon bei der Vorbereitung auf die Ehe und
die Trauung.
Was die Teilnahme des nichtkatholischen
Gatten am eucharistischen Mahl betrifft, so befolge man die vom Sekretariat
für die Einheit der Christen erlassenen Weisungen.179
In verschiedenen Teilen der
Welt begegnet man heute einer wachsenden Zahl von Ehen zwischen Katholiken
und Nichtgetauften. In vielen Fällen bekennt sich dabei der nichtgetaufte
Ehepartner zu einer anderen Religion; seiner Überzeugung ist mit Achtung
zu begegnen entsprechend den Grundsätzen der Erklärung Nostra
aetate des II. Vatikanischen Konzils über die Beziehungen zu den
nichtchristlichen Religionen. Aber in nicht wenigen anderen Fällen,
vor allem in seiner säkularisierten Gesellschaft, bekennt sich der
nichtgetaufte Partner zu überhaupt keiner Religion. Für diese
Ehe sollen die Bischofskonferenzen und die einzelnen Bischöfe angemessene
pastorale Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, daß der
katholische Ehepartner in seinem Glauben verteidigt und in dessen freier
Ausübung geschützt wird. Das gilt vor allem für seine Verpflichtung,
alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit seine Kinder katholisch getauft
und erzogen werden. Der katholische Partner muß ebenso in jeder Weise
darin unterstützt werden, in seiner Familie das echte Glaubens- und
Lebenszeugnis eines katholischen Christen zu geben.
Der pastorale Einsatz
angesichts einiger irregulärer Situationen
79. In ihrer Sorge um den
Schutz der Familie in all ihren Dimensionen und nicht nur in religiöser
Hinsicht ist die Bischofssynode auch auf einige Situationen besonders eingegangen,
die religiös und oft auch zivilrechtlich irregulär sind und sich
infolge des heute so raschen kulturellen Wandels leider auch unter Katholiken
ausbreiten zum nicht geringen Schaden der Institution der Familie als solcher
sowie der menschlichen Gesellschaft, deren grundlegende Zelle sie ist.
a) Die Ehe auf Probe
80. Eine erste irreguläre
Situation ist das, was man "Ehe auf Probe" nennt. Viele möchten sie
heute rechtfertigen und ihr einen gewissen Wert beimessen. Aber schon die
bloße menschliche Vernunft spricht gegen sie; zeigt sie doch, wie
wenig überzeugend es ist, ein "Experiment" anzustellen, wo es um menschliche
Personen geht, deren Würde verlangt, daß sie für immer
und ausschließlich das Ziel liebender Hingabe sind, ohne jegliche
zeitliche oder sonstige Begrenzung.
Die Kirche ihrerseits kann
einem solchen Ehemodell aus weiteren, ihr eigenen Motiven nicht zustimmen,
die sich aus ihrem Glauben herleiten. Die leibliche Hingabe in der geschlechtlichen
Begegnung ist ja ein Realsymbol für die Hingabe der ganzen Person;
eine solche Hingabe kann aber in der gegenwärtigen Heilsordnung nur
aus der Kraft der übernatürlichen Liebe, wie Christus sie schenkt,
wahrhaft verwirklicht werden. Ferner ist die Ehe zwischen zwei Getauften
auch ein Realsymbol für die Einheit zwischen Christus und seiner Kirche,
eine Einheit, die nicht zeitlich begrenzt ist oder nur "auf Probe" gilt,
sondern ewige Treue bedeutet. Zwischen zwei Getauften kann es deshalb nur
einen unauflöslichen Ehebund geben.
Die geschilderte Situation
kann normalerweise nur überwunden werden, wenn die menschliche Person
von Kindheit an mit der Hilfe der Gnade Christi und ohne Ängstlichkeit
dazu erzogen wurde, die aufkeimende Begierde zu beherrschen und zu den
Mitmenschen Beziehungen echter Liebe aufzunehmen. Dahin gelangt man nicht
ohne wahre Erziehung zu solcher Liebe und zum rechten Gebrauch der Sexualität.
Diese Erziehung muß so sein, daß sie die menschliche Person
in all ihren Dimensionen und darum auch in ihrer Leiblichkeit einführt
in die Fülle des Mysteriums Christi.
Es wird sehr nützlich
sein, den Ursachen des Phänomens der Ehe auf Probe nachzugehen, auch
in psychologischer und soziologischer Hinsicht, um eine angemessene Therapie
zu finden.
b) Freie Verbindungen
81. Hier handelt es sich
um Verbindungen ohne jegliches öffentlich anerkanntes institutionelles
Band, sei es zivilrechtlich oder religiös. Diese Erscheinung, der
wir immer häufiger begegnen, muß gleichfalls die Aufmerksamkeit
der Seelsorger auf sich ziehen, auch deshalb, weil ihr die verschiedensten
Ursachen zugrundeliegen können und ein Einwirken auf diese die Folgen
vielleicht zu begrenzen vermag.
Manche halten sich aus wirtschaftlichen,
kulturellen oder religiösen Schwierigkeiten zu solchen freien Verbindungen
gleichsam genötigt, weil sie bei Eingehen einer regulären Ehe
Schaden zu befürchten hätten, den Verlust wirtschaftlicher Vorteile,
Diskriminierungen usw. Bei anderen hingegen begegnet man einer Haltung
der Verachtung, des Protestes oder der Ablehnung gegenüber der Gesellschaft,
der Familie als Institution, der gesellschaftlich-politischen Ordnung oder
einer Haltung, die nur auf Lebensgenuß ausgeht. Wieder andere werden
dazu getrieben durch äußerste Unwissenheit und Armut, manchmal
infolge wirklich ungerechter Verhältnisse oder auch durch eine gewisse
seelische Unreife, die sie mit Unsicherheit und Furcht vor einer dauerhaften
und endgültigen Bindung erfüllt. In einigen Ländern sehen
überlieferte Sitten eine wirkliche Ehe erst nach einer Zeit gemeinsamen
Lebens und nach der Geburt des ersten Kindes vor.
Jedes dieser Elemente stellt
die Kirche vor schwierige pastorale Probleme, und zwar wegen der ernsten
Folgen, die sich daraus ergeben sowohl in religiös-sittlicher Hinsicht
(Verlust der religiösen Bedeutung der Ehe im Licht des Bundes Gottes
mit seinem Volk, Fehlen der sakramentalen Gnade, schweres Ärgernis)
als auch in sozialer Hinsicht (Zerstörung des Familienbegriffs, Schwächung
des Sinnes für Treue auch gegenüber der Gesellschaft, mögliche
seelische Schäden bei den Kindern, zunehmender Egoismus).
Seelsorger und kirchliche
Gemeinschaft werden bemüht sein, solche Situationen und deren konkrete
Ursachen Fall für Fall kennenzulernen; diskret und taktvoll mit denen,
die zusammenleben, Kontakt aufzunehmen, mit geduldiger Aufklärung,
liebevoller Ermahnung und dem Zeugnis christlich gelebter Familie darauf
hinzuwirken, daß ihnen der Weg gebahnt werde, ihre Situation zu ordnen.
Vor allem sollte man sich jedoch darum bemühen, solchen Erscheinungen
vorzubeugen, indem man in der ganzen sittlichen und religiösen Erziehung
der Jugend den Sinn für Treue pflegt, ihr die Bedingungen und Strukturen
erklärt, welche einer solchen Treue förderlich sind, ohne die
es keine wahre Freiheit gibt, und sie im geistlichen Reifen fördert
sowie ihr die reiche menschliche und übernatürliche Wirklichkeit
des Ehesakramentes erschließt.
Das Volk Gottes möge
auch auf die Träger öffentlicher Verantwortung einwirken; sie
sollen sich diesen Tendenzen mit ihren zersetzenden Wirkungen auf die Gesellschaft
und ihren Schäden für die Würde, Sicherheit und das Wohl
der einzelnen Bürger entschieden widersetzen; sie sollen sich bemühen,
daß die öffentliche Meinung nicht zu einer Unterbewertung der
Bedeutung der Institution von Ehe und Familie verleitet werde. Da in vielen
Gegenden die jungen Menschen wegen äußerster Armut infolge ungerechter
oder unzureichender sozio-ökonomischer Strukturen nicht heiraten können,
wie es sich gebührt, müssen die Gesellschaften und jene, die
öffentliche Verantwortung tragen, die legitime Ehe durch eine Reihe
von sozialen und politischen Maßnahmen fördern, indem sie den
familiengerechten Lohn sichern, Vorkehrungen für ein familiengerechtes
Wohnen treffen und entsprechende Arbeits- und Lebensmöglichkeiten
schaffen.
c) Katholiken, die nur
zivil getraut sind
82. Immer häufiger gibt
es Katholiken, die es aus weltanschaulichen oder praktischen Gründen
vorziehen, nur eine Zivilehe einzugehen, während sie die kirchliche
Eheschließung ablehnen oder wenigstens hinausschieben. Diese Situation
kann nicht ohne weiteres mit der jener gleichgesetzt werden, die ohne jede
offizielle Bindung zusammenleben; denn hier findet sich wenigstens eine
bestimmte Verpflichtung zu einem fest umschriebenen und wahrscheinlich
dauerhaften Lebensstand, wenn auch mit einem solchen Schritt oft der Blick
auf eine eventuelle Scheidung verbunden ist. Indem solche Paare die öffentliche
Anerkennung ihrer Bindung durch den Staat suchen, zeigen sie sich bereit,
mit den Vorteilen auch die Verpflichtungen auf sich zu nehmen. Trotzdem
ist auch diese Situation für die Kirche unannehmbar.
Die Pastoral wird die Notwendigkeit
einer Übereinstimmung zwischen der Lebenswahl und dem Glauben, den
man bekennt, verständlich zu machen suchen und möglichst bemüht
sein, diese Menschen dahin zu bringen, ihre eigene Situation im Licht christlicher
Grundsätze in Ordnung zu bringen. Obwohl man ihnen mit viel Liebe
begegnen und sie zur Teilnahme am Leben ihrer Gemeinden einladen wird,
können sie von den Hirten der Kirche leider nicht zu den Sakramenten
zugelassen werden.
d) Getrennte und Geschiedene
ohne Wiederheirat
83. Verschiedene Gründe
wie gegenseitiges Unverständnis oder die Unfähigkeit, sich für
personale Beziehungen zu öffnen, können zu der schmerzlichen
Folge führen, daß in einer gültigen Ehe ein oft unheilbarer
Bruch eintritt. Natürlich muß die Trennung als ein äußerstes
Mittel angesehen werden, nachdem jeder andere vernünftige Versuch
sich als vergeblich erwiesen hat.
Einsamkeit und andere Schwierigkeiten
sind oft die Folge für den getrennten Gatten, zumal wenn er unschuldig
ist. Solchen Menschen muß die kirchliche Gemeinschaft ganz besondere
Fürsorge zuwenden und ihnen Wertschätzung, Solidarität,
Verständnis und konkrete Hilfe entgegenbringen, damit es ihnen möglich
ist, auch in ihrer schwierigen Situation die Treue zu bewahren. Man wird
ihnen helfen, zu einer Haltung des Verzeihens zu finden, wie sie von der
christlichen Liebe geboten ist, und zur Bereitschaft, die frühere
eheliche Lebensgemeinschaft gegebenenfalls wieder aufzunehmen.
Ähnlich liegt der Fall
eines Ehegatten, der geschieden wurde, aber sehr wohl um die Unauflöslichkeit
des gültigen Ehebandes weiß und darum keine neue Verbindung
eingeht, sondern sich einzig um die Erfüllung seiner Verpflichtungen
für die Familie und ein christliches Leben bemüht. Ein solches
Beispiel der Treue und christlicher Konsequenz ist ein wertvolles Zeugnis
vor der Welt und der Kirche. Um so notwendiger ist es, daß die Kirche
solchen Menschen in Liebe und mit praktischer Hilfe unablässig beisteht,
wobei es keinerlei Hindernis gibt, sie zu den Sakramenten zuzulassen.
e) Wiederverheiratete
Geschiedene
84. Die tägliche Erfahrung
zeigt leider, daß derjenige, der sich scheiden läßt, meist
an eine neue Verbindung denkt, natürlich ohne katholische Trauung.
Da es sich auch hier um eine weitverbreitete Fehlentwicklung handelt, die
mehr und mehr auch katholische Bereiche erfaßt, muß dieses
Problem unverzüglich aufgegriffen werden. Die Väter der Synode
haben es ausdrücklich behandelt. Die Kirche, die dazu gesandt ist,
um alle Menschen und insbesondere die Getauften zum Heil zu führen,
kann diejenigen nicht sich selbst überlassen, die eine neue Verbindung
gesucht haben, obwohl sie durch das sakramentale Eheband schon mit einem
Partner verbunden sind. Darum wird sie unablässig bemüht sein,
solchen Menschen ihre Heilsmittel anzubieten.
Die Hirten mögen beherzigen,
daß sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen
Situationen gut zu unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob jemand trotz
aufrichtigen Bemühens, die frühere Ehe zu retten, völlig
zu Unrecht verlassen wurde oder ob jemand eine kirchlich gültige Ehe
durch eigene schwere Schuld zerstört hat. Wieder andere sind eine
neue Verbindung eingegangen im Hinblick auf die Erziehung der Kinder und
haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, daß die
frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war.
Zusammen mit der Synode möchte
ich die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnen,
den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich
nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem
Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind. Sie sollen ermahnt
werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Meßopfer teilzunehmen,
regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe
und Initiativen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen,
die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke
der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich
herabzurufen. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich
ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der
Hoffnung stärken.
Die Kirche bekräftigt
jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete
Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können
nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse
stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus
und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht.
Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur:
Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den
Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit
der Ehe Irrtum und Verwirrung.
Die Wiederversöhnung
im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie
öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung
des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die
aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch
zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, daß,
wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen - zum Beispiel wegen
der Erziehung der Kinder - der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen
können, "sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das
heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind".180
Die erforderliche Achtung
vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen
wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es
jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch
pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche
liturgischen Handlungen vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer
neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher
zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig
geschlossenen Ehe führen.
Durch diese Haltung bekennt
die Kirche ihre eigene Treue zu Christus und seiner Wahrheit; zugleich
wendet sie sich mit mütterlichem Herzen diesen ihren Söhnen und
Töchtern zu, vor allem denen, die ohne ihre Schuld von ihrem rechtmäßigen
Gatten verlassen wurden.
Die Kirche vertraut fest
darauf; daß auch diejenigen, die sich vom Gebot des Herrn entfernt
haben und noch in einer solchen Situation leben, von Gott die Gnade der
Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben
sind in Gebet, Buße und Liebe.
Menschen ohne Familie
85. Noch einer anderen Gruppe
von Menschen möchte ich ein Wort widmen. Aufgrund ihrer konkreten
Lebensverhältnisse, die sie sich vielfach nicht selbst ausgesucht
haben, scheinen sie mir dem Herzen Christi besonders nahe und der Zuneigung
und wirksamen Fürsorge von seiten der Kirche und ihrer Hirten besonders
würdig zu sein.
Es gibt sehr viele Menschen
in der Welt, die sich unglücklicherweise auf überhaupt keine
Familie im eigentlichen Sinn dieses Wortes beziehen können. Weite
Bereiche der Menschheit leben in größter Armut, wo das wahllose
Zusammenleben der Geschlechter, die Wohnungsnot, die Unordnung und mangelnde
Festigkeit in den Beziehungen zueinander sowie das Fehlen jeglicher Kultur
es praktisch unmöglich machen, von einer wahren Familie zu reden.
Sodann gibt es Menschen, die aus verschiedenen Gründen in der Welt
allein geblieben sind. Doch gibt es auch für sie alle eine "Frohbotschaft
der Familie". Für jene, die in äußerster Armut leben, habe
ich bereits auf die dringende Notwendigkeit hingewiesen, sich mutig für
Lösungen auch auf politischer Ebene einzusetzen, die den Betroffenen
helfen können, solche unmenschliche und entwürdigende Situationen
zu überwinden. Dies ist eine Aufgabe, die solidarisch die ganze Gesellschaft
angeht, vor allem aber - wegen ihres Auftrags und ihrer entsprechenden
Verantwortung - die Behörden, doch auch die Familien, die viel Verständnis
und Hilfsbereitschaft zeigen müssen.
Denjenigen, die keine natürliche
Familie haben, sollen die Pforten der großen Familie der Kirche um
so weiter geöffnet werden, die ihnen konkret in der Diözesan-
und Pfarrfamilie, in den kirchlichen Basisgemeinschaften und apostolischen
Bewegungen begegnet. Niemand ist ohne Familie auf dieser Welt; die Kirche
ist Haus und Familie für alle, besonders für jene, die sich plagen
und schwere Lasten tragen.181
Schluß
86. Am Ende dieses Apostolischen
Schreibens wende ich mich in bewegter Sorge an euch, ihr Gatten, ihr Väter
und Mütter; an euch, ihr Jugendlichen, die ihr die hoffnungsvolle
Zukunft von Kirche und Welt seid, die tragende Kraft der Familie im kommenden
dritten Jahrtausend; an euch, verehrte liebe Mitbrüder im Bischofs-
und Priesteramt, und an euch, geliebte Brüder und Schwestern im Ordensstand,
die ihr durch euer gottgeweihtes Leben den Eheleuten die tiefste Wirklichkeit
der Liebe Gottes bezeugt; und schließlich an euch alle, Menschen
rechten Sinnes, die ihr wie auch immer für die Familie Sorge tragt.
Die Zukunft der Menschheit geht über die Familie!
Es ist darum unerläßlich
und dringend, daß jeder Mensch guten Willens sich dafür einsetzt,
die Werte und die Aufgaben der Familie zu erhalten und zu fördern.
Die Söhne und Töchter
der Kirche meine ich, zu einem besonderen Einsatz in dieser Richtung auffordern
zu müssen. Sie, die im Glauben den wunderbaren Plan Gottes in seiner
Tiefe kennen, haben ja einen Grund mehr, sich mit ganzem Herzen der Wirklichkeit
der Familie in dieser Zeit der Prüfung und Gnade anzunehmen.
Sie müssen der Familie
eine besondere Liebe schenken.
Das ist ein konkreter, verpflichtender
Auftrag.
Liebe zur Familie bedeutet,
ihre Werte und Möglichkeiten zu schätzen und stets zu fördern.
Liebe zur Familie bedeutet, die ihr drohenden Gefahren und Übel wahrzunehmen
und zu bekämpfen. Liebe zur Familie bedeutet ferner, an der Schaffung
einer Umgebung mitzuwirken, die ihre Entfaltung begünstigt. In ganz
besonderer Weise schließlich zeigt sich diese Liebe, wenn man der
christlichen Familie von heute, die oft zu Mutlosigkeit versucht und durch
die vermehrten Schwierigkeiten verängstigt ist, wieder Vertrauen zu
sich selbst gibt, zu ihrem Reichtum von Natur und Gnade, zu der Sendung,
die Gott ihr übertragen hat. "Die Familien unserer Zeit müssen
neuen Elan bekommen! Den Weg Christi müssen sie gehen!" 182
Den Christen kommt es auch
zu, die Frohe Botschaft von der Familie mit Freude und Überzeugung
zu verkünden;
denn es ist für die Familie unbedingt notwendig,
jene authentischen Worte immer wieder neu zu hören und immer tiefer
zu verstehen, die ihr die eigene Identität, ihre inneren Kraftquellen
und die Bedeutung ihrer Sendung in der Stadt der Menschen und der Stadt
Gottes gültig offenbaren.
Die Kirche kennt den Weg,
auf dem die Familie zum Kern ihrer Wahrheit gelangen kann. Diesen Weg,
den die Kirche in der Schule Christi und der im Licht des Heiligen Geistes
gedeuteten Geschichte gelernt hat, zwingt die Kirche niemandem auf; sie
fühlt sich aber unabweisbar dazu gedrängt, ihn ohne Furcht, ja
sogar mit starkem und hoffnungsvollem Vertrauen allen anzubieten, wenn
ihr auch bewußt ist, daß die Frohe Botschaft das Wort vom Kreuz
enthält. Aber es ist gerade das Kreuz, das die Familie zur Fülle
ihres Wesens und ihrer Liebe reifen läßt.
Ich möchte schließlich
alle Christen einladen,
beherzt und herzlich mit allen Menschen guten
Willens zusammenzuarbeiten, die ihre Verantwortung für den Dienst
an der Familie wahrnehmen. Wer sich im Bereich der Kirche, in ihrem Namen
und in ihrem Geist, dem Wohl der Familie widmet, seien dies einzelne oder
Gruppen, Bewegungen und Verbände, findet oft an seiner Seite Personen
und Institutionen, die für dasselbe Ideal arbeiten. In Treue zu den
Werten des Evangeliums und des Menschen und unter Beachtung einer berechtigten
Vielfalt von Initiativen kann eine solche Zusammenarbeit zu einer rascheren
und umfassenderen Förderung der Familie beitragen.
Und nun, zum Abschluß
dieser pastoralen Botschaft, die aller Aufmerksamkeit für die ernsten
und zugleich faszinierenden Aufgaben der christlichen Familie wecken will,
möchte ich den Schutz der heiligen Familie von Nazaret erbitten.
Durch den geheimnisvollen
Ratschluß Gottes hat in ihr für viele Jahre der Sohn Gottes
verborgen gelebt. Sie ist deshalb Urbild und Beispiel für alle christlichen
Familien. Diese Familie, einzig in der ganzen Welt, hat unerkannt und still
in einer kleinen Ortschaft Palästinas gelebt; sie ist von Armut, Verfolgung
und Verbannung heimgesucht worden, und sie hat auf unvergleichlich erhabene
und lautere Weise Gott verherrlicht. Diese Familie wird den christlichen
Familien ihre Hilfe nicht versagen, ja sie wird allen Familien in der Welt
beistehen in der Treue zu ihren täglichen Pflichten, im Ertragen der
Ängste und Bedrängnisse des Lebens, in der hochherzigen Zuwendung
zu den Nöten der anderen, in der freudigen Erfüllung ihrer Berufung.
Möge der heilige Josef;
der "Gerechte", der unermüdliche Arbeiter, der getreue Hüter
des ihm anvertrauten doppelten Schatzes, sie stets behüten, schützen
und erleuchten!
Möge die Jungfrau Maria,
wie sie Mutter der Kirche ist, so auch die Mutter der "Hauskirche" sein!
Möge dank ihrer mütterlichen Hilfe jede christliche Familie wahrhaft
eine "Kirche im kleinen" werden, in der sich das Geheimnis der Kirche widerspiegelt
und gelebt wird! Sie, die Magd des Herrn, sei das Beispiel für eine
demütige und hochherzige Annahme von Gottes Willen; sie, die Schmerzhafte
Mutter zu Füßen des Kreuzes, lindere die Schmerzen aller, die
an den Schwierigkeiten ihrer Familien leiden, und trockne ihre Tränen.
Und Christus, der Herr, der
König des Alls, der König der Familien, sei wie in Kana in jedem
christlichen Heim zugegen als Quelle von Licht, Freude, froher Zuversicht
und Kraft. Am Fest seines Königtums bitte ich ihn, daß jede
Familie hochgemut das Ihre beitrage zur Ankunft seines Reiches in dieser
Welt, "Reich der Wahrheit und des Lebens, der Heiligkeit und der Gnade,
der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens".183
Dieses
Reich ist das Ziel der Geschichte.
Ihm, Maria und Josef überantworte
ich jede Familie. In ihre Hände lege ich dieses Schreiben, ihrem Herzen
vertraue ich es an; mögen sie es euch übergeben, ehrwürdige
Brüder, liebe Söhne und Töchter; mögen sie eure Herzen
öffnen für das Licht, das vom Evangelium her in jede Familie
leuchtet!
Indem ich euch meines ständigen
Gebetes versichere, erteile ich allen und jedem einzelnen von Herzen den
Apostolischen Segen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes.
Gegeben zu Rom bei Sankt
Peter, am Christkönigsfest, dem 22. November 1981, im vierten Jahr
meines Pontifikates.
Joannes Paulus PP. II
Anmerkungen
1 Vgl. II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 52.
2 Vgl. Johannes
Paul II., Homilie zur Eröffnung der VI. Bischofssynode (26.9.1980),
2; AAS 72 (1980) 1008.
3 Vgl. Gen
1-2.
4 Vgl. Eph
5.
5 Vgl. II. Vat.
Konzil, a.a.O., 47; Johannes Paul II.,
Brief Appropinquat iam vom
15.8.1980, 1; AAS 72 (1980) 791.
6 Vgl. Mt
19, 4.
7 Vgl. II. Vat.
Konzil, a.a.O., 47.
8 Vgl. Johannes
Paul II., Ansprache an den Rat des Generalsekretariates der Bischofssynode
(23.2.1980): Insegnamenii di Giovanni Paolo II, III, 1 (1980) 472-476.
9 Vgl. II. Vat.
Konzil, a.a.O., 4.
10 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
12.
11 Vgl. 1
Joh 2,20.
12 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 35.
13 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 12; Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung
Mysterium Ecclesiae, 2: AAS 65 (1973) 398-400.
14 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 12; Dogmatische Konstitution über die göttliche
Offenbarung Dei Verbum, 10.
15 Vgl. Johannes
Paul II., Homilie zur Eröffnung der VI. Bischofssynode (26.9.1980),
3: AAS 72 (1980) 1008.
16 Vgl. Augustinus,
De Civitate Dei, XIV, 28: CSEL
40, II, 56 f.
17 Pastorale
Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes,
15.
18 Vgl. Eph
3,8; II. Vat. Konzil, a.a.O., 44; Dekret über die Missionstätigkeit
der Kirche Ad gentes, 15; 22.
19 Vgl. Mt
19,4 ff.
20 Vgl. Gen
1,26f.
21 1 Joh
4,8.
22 Vgl. II.
Vat. Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von
heute Gaudium et spes, 12.
23 Vgl. ebenda,
48.
24 Vgl. z.B.
Hos 2,21;Jes 54.
25 Vgl. Jer
3,6-13; Ez 16,25.
26 Vgl. Hos
3.
27 Vgl. Gen
2,24; Mt 19,5.
28 Vgl. Eph
5,32 f.
29 Tertullian,
Ad uxorem, II, VIII, 6-8:
CCL,
1, 393.
30 Vgl. Konzil
von Trient, 24. Session, Kan. 1: I. D. Mansi,
Sacrorum Conciliorum Nova
ei Amplissima Collectio, 33, 149 f.
31 Vgl. II.
Vat. Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von
heute Gaudium et spes, 48.
32 Johannes
Paul II., Ansprache an die Delegierten des "Centre de Liaison des Equipes
de Recherche" (3.11.1979), 3: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, II,
2 (1979) 1032.
33 Ebenda,
4: a.a.O., 1032.
34 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 50.
35 Vgl. Gen
2, 24.
36 Eph 3,15.
37 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 78.
38 Johannes
Chrysostomus, Die Jungfräulichkeit,
X: PG 48, 540.
39 Vgl. Mt
22,30.
40 Vgl. 1
Kor 7,32-35.
41 II. Vat.
Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens
Perfectae caritatis, 12.
42 Vgl. Pius
XII., Enzyklika Sacra virginitas, II: AlS 46 (1954) 174 ff.
43 Vgl. Johannes
Paul II., Schreiben Novo incipiente
(8.4.1979), 9: AAS 71(1979)
410 f.
44 II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 48.
45 Nr.10: AAS
71 (1979) 274.
46 Mt 19,6;
vgl. Gen 2,24.
47 Vgl. Johannes
Paul II., Ansprache an Brautleute (Kinshasa, 3.5.1980), 4: AAS 72
(1980) 426 f.
48 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 49; vgl. Johannes Paul II., a.a.O.
49 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 48.
50 Vgl. Eph
5,25.
51 Mt 19,8.
52 Offb
3,14.
53 Vgl. 2
Kor 1, 20.
54 Vgl. Joh
13,1.
55 Mt 19,6.
56 Röm
8,29.
57 Thomas von
Aquin, Summa Theologiae, IIa IIae, 14, 2, ad 4.
58 II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
11; vgl. Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem,
11.
59 II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 52.
60 Vgl. Eph
6,1-4; Kol 3,20 f.
61 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 48.
62 Joh 17,21.
63 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 24.
64 Gen 1,27.
65 Gal 3,26.28.
66 Vgl. Johannes
Paul II., Enzyklika Laborem exercens,
19: AAS 73 (1981) 625.
67 Gen 2,18.
68 Gen 2,23.
69 Ambrosius,
Exameron, V, 7, 19: CSEL 32, I, 154.
70 Paul VI.,
Enzyklika Humanae vitae, 9:
AAS
60 (1968) 486.
71 Vgl. Eph
5,25.
72 Vgl. Johannes
Paul II., Homilie an die Gläubigen von Terni (19.3.1981), 3-5: AAS
73 (1981) 268-271.
73 Vgl. Eph
3,15.
74 Vgl. II.
Vat. Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von
heute Gaudium et spes, 52.
75 Lk 18,16;
vgl. Mt 19,14; Mk
10,14.
76 Johannes
Paul II., Ansprache an die Vollversammlung der Vereinten Nationen (2.10.1979),21:
AAS 71 (1979) 1159.
77 Vgl. Lk
2,52.
78 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 48.
79 Johannes
Paul II., Ansprache an die Teilnehmer des "International Forum on Active
Aging" (5.9.1980), 5:Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 2 (1980)
539.
80 Gen 1,28.
81 Vgl. Gen
5,1-3.
82 II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 50.
83 Propositio
21. Im Schlußsatz von Nr. 11 der Enzyklika
Humanae vitae wird
folgendes festgestellt: "Indem die Kirche den Menschen die Beobachtung
der Normen des Naturgesetzes einschärft, das sie durch ihre stets
gleichbleibende Lehre auslegt, lehrt sie, daß jeder eheliche Akt
offen bleiben muß für die Weitergabe des Lebens" ("ut quilibet
matrimonii usus ad vitam humanam procreandam per se destinatus permaneat"):
AAS 60 (1968) 488.
84 Vgl. 2
Kor 1,19; Offb 3,14.
85 Vgl. Botschaft
der VI. Bischofssynode an die christlichen Familien der heutigen Welt (24.10.1980),
5.
86 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 51
87 Enzyklika
Humanae vitae, 7: AAS 60 (1968) 485.
88 Ebenda,
12: a.a.O., 488 f.
89 Ebenda,
14: a.a.O., 490.
90 Vgl. ebenda,
13: a.a.O., 489.
91 Vgl. II.
Vat. Konzil, a.a.O., 51.
92 Enzyklika
Humanae vitae, 29: AAS 60 (1968) 501.
93 Vgl. ebenda,
25: a.a.O., 498 f.
94 Ebenda,
21: a.a.O., 496.
95 Johannes
Paul II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode (25.10.1980),
8: AAS 72 (1980) 1083.
96 Vgl. Paul
VI., Enzyklika Humanae vitae, 28:
AAS
60 (1968) 501.
97 Vgl. Johannes
Paul II., Ansprache an die Delegierten des "Centre de Liaison des Equipes
de Recherche" (3.11.1979), 9: Insegnamenti di Giovanni Paolo II II,
2 (1979) 1035; vgl. auch Ansprache an die Teilnehmer am Ersten Kongreß
für die Familie in Afrika und Europa (15.2.1981): "L‘Osservatore
Romano", 16.2.1981.
98 Enzyklika
Humanae vitae, 25: AAS 60 (1968) 499.
99 Erklärung
über die christliche Erziehung
Gravissimum educationis, 3.
100 II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 35.
101 Thomas
von Aquin, Summa contra Gentiles,
IV, 58.
102 Erklärung
über die christliche Erziehung
Gravissimum educationis, 2.
103 Apostolisches
Schreiben Evangelii nuntiandi, 71:
AAS 68 (1976) 60 f.
104 Vgl. II.
Vat. Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum
educationis, 3.
105 II. Vat.
Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem,
11.
106 Pastorale
Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes,
52.
107 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem,
11.
108 Röm
12,13.
109 Mt
10,42.
110 Vgl. Pastorale
Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium er spes,
30.
111 II. Vat.
Konzil, Erklärung über die Religionsfreiheit
Dignitatis humanae,
5.
112 Vgl. Propositio
42.
113 II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
31.
114 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 11; vgl. Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam
actuositatem, 11; Johannes Paul II., Homilie zur Eröffnung der
VI. Bischofssynode (26.9.1980), 3:
AAS 72 (1980) 1008.
115 II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
11.
116 Vgl. ebenda,
41.
117 Apg
4,32.
118 Vgl. Paul
VI., Enzyklika Humanae vitae, 9:
AAS
60 (1968) 486 f.
119 Pastorale
Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes,
48.
120 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung
Dei Verbum, 1.
121 Vgl. Röm
16,26.
122 Vgl. Paul
VI., Enzyklika Humanae vitae, 25: AAS
60 (1968) 498.
123 Apostolisches
Schreiben Evangelii nuntiandi, 71:
AAS 68 (1976) 60 f.
124 Vgl. Ansprache
an die III. Vollversammlung der Bischöfe von Lateinamerika (28.1.1979),
IV a: AAS 71 (1979) 204.
125 II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
35.
126 Johannes
Paul II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae, 68: AAS
71 (1979) 1334.
127 Vgl. ebenda,
36: a.a.O., 1308.
128 Vgl. 1
Kor 12,4-6; Eph 4,12 f.
129 Mk
16,15.
130 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
11.
131 Apg
1,8.
132 Vgl. 1
Petr 3,1 f.
133 II. Vat.
Konzil, a.a.O., 35; vgl. Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam
actuositatem, 11.
134 Vgl. Apg
18,2.18.26; Röm 16,3 f.
135 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad
gentes, 39.
136 II. Vat.
Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem,
30.
137 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
10.
138 II. Vat.
Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute
Gaudium et spes, 49.
139 Ebenda,
48.
140 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
41.
141 II. Vat.
Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosancrum Concilium,
59.
142 Vgl. 1
Petr 2,5; II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche
Lumen gentium, 34.
143 II. Vat.
Konzil, a.a.O., ebenda.
144 Konstitution
über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 78.
145 Vgl. Joh
19,34.
146 Nr. 25:
AAS 60 (1968) 499.
147 Eph
2,4.
148 Vgl. Johannes
Paul II., Enzyklika Dives in misericordia,
13: AAS 72 (1980)
1218 f.
149 1 Petr
2,5.
150 Mt
18,19 f.
151 II. Vat.
Konzil, Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum
educationis, 3; vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Catechesi
tradendae,
36: AAS 71 (1979) 1308.
152 Ansprache
bei einer Generalaudienz (11.8.1976):
Insegnamenti di Paolo VI, XIV
(1976) 640.
153 Vgl. Konstitution
über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 12.
154 Vgl. Allgemeine
Einführung in das Stundengebet, 27.
155 Paul VI.,
Apostolisches Schreiben Marialis cultus,
52.54: AAS 66 (1974)
160 f.
156 Johannes
Paul II., Ansprache beim Heiligtum der Mentorella (29.10.1978): Insegnamenti
di Giovanni Paolo II,
I (1978) 78 f.
157 Vgl. II.
Vat. Konzil, Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem,
4.
158 Vgl. Johannes
Paul II., Ansprache an die Bischöfe der XII. Pastoralregion der Vereinigten
Staaten von Amerika (21.9.1978):
AAS 70 (1978) 767.
159 Röm
8,2.
160 Röm
5,5.
161 Vgl. Mk
10,45.
162 II. Vat.
Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium,
36.
163 Dekret
über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem, 8.
164 Botschaft
der VI. Bischofssynode an die christlichen Familien der heutigen Welt (24.10.1980),
12.
165 Vgl. Johannes
Paul 11., Ansprache an die III. Vollversammlung der Bischöfe von Lateinamerika
(28.1.1979), IVa: AAS 71 (1979) 204.
166 II. Vat.
Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium,
10.
167 Vgl. Die
Feier der Trauung, Pastorale Einführung, 1.
168 Vgl. Konstitution
über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 59.
169 II. Vat.
Konzil, Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens
Perfectae caritatis, 12.
170 29.11.1980,
Nr. 3-4: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 2 (1980) 1453 f.
171 Paul VI.,
Botschaft zum III. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel (7.4.1969):
AAS 61 (1969) 455.
172 Johannes
Paul II., Botschaft zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 1980
(1.5.1980): Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 1 (1980) 1042.
173 Johannes
Paul II., Botschaft zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 1981
(10.5.1981), 5: "L'Osservatore Romano", 22.5.1981.
174 Ebenda.
175 Paul VI.,
Botschaft zum III. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel (7.4.1969):
AAS 61 (1969) 456.
176 Ebenda.
177 Botschaft
zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 1980: Insegnamenti di
Giovanni Paolo II, III, 1 (1980) 1044.
178 Vgl. Paul
VI., Motu Proprio Matrimonia mixta, 4-5: AAS 62 (1970) 257
ff.; vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung
des Sekretariates für die Einheit der Christen (13.11.1981): "L'Osservatore
Romano", 14.11.1981.
179 Instruktion
In quibus rerum circumstantiis (15.6.1972):
AAS 64 (1972)
518-525; Note vom 17.10.1973: AAS 65 (1973) 616-619.
180 Johannes
Paul II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode (25.10.1980),
7: AAS 72 (1980) 1082.
181 Vgl. Mt
11,28.
182 Johannes
Paul II., Brief Appropinquat iam (15.8.1980), 1: AAS 72 (1980)
791.
183 Präfation
der Messe zum Christkönigsfest.